Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) will die Rechte der Nutzerinnen und Nutzer von sozialen Netzwerken stärken. Ihr Ressort hat dazu jetzt einen "Gesetzentwurf zur Änderung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes" fertiggestellt. Der Gesetzentwurf liegt der Süddeutschen Zeitung vor. Er ist seit Mittwochabend in der Abstimmung mit den anderen Ressorts und soll, wenn möglich, am 1. April vom Kabinett beschlossen werden.
Der Entwurf sieht vor, dass Nutzer in Zukunft leichter gegen Entscheidungen der Netzwerkanbieter vorgehen können - etwa gegen die Löschung eines eigenen Beitrags oder wenn sie mit der Nichtlöschung eines fremden Beitrags unzufrieden sind. Außerdem sollen Betroffene von strafbaren Beiträgen - also etwa von Beleidigungen oder Drohungen - ihre Auskunftsansprüche gegenüber den Netzwerken künftig besser durchsetzen können. Das Ministerium reagiert damit auf die Erfahrungen mit dem 2017 in Kraft getretenen Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG).
In dem jetzt vorgelegten Gesetz zur Weiterentwicklung des NetzDG heißt es, "die Notwendigkeit der Bekämpfung strafbarer Hassrede im Internet" sei "von unveränderter Aktualität". Die Bürgerinnen und Bürger dürften erwarten, dass auch im Internet "strafbare Angriffe wie Volksverhetzungen oder Bedrohungen nicht tatenlos hinzunehmen sind". Das NetzDG habe sich zwar "grundsätzlich bewährt". Die "bisherigen Praxiserfahrungen" zeigten aber "gleichwohl, dass einige Regelungen fortentwickelt werden sollten".
Deshalb soll jetzt unter anderem das Übermitteln von Beschwerden vereinfacht werden. Bisher sind häufig schwer auffindbare, lange und komplizierte Klickwege nötig, um rechtswidrige Inhalte zu melden. Das will das Bundesjustizministerium nicht mehr hinnehmen. Deshalb wird in dem Entwurf klargestellt, dass die Meldewege künftig leicht auffindbar und für jeden einfach zu bedienen sein müssen - und zwar direkt von dem Beitrag aus, der dem sozialen Netzwerk als rechtswidrig gemeldet werden soll.
Unparteiische Schiedsrichter für den Streitfall
Das Justizministerium will außerdem ein sogenanntes Gegenvorstellungsverfahren einführen. Das bedeutet: Wenn ein Beitrag eines Nutzers vom sozialen Netzwerk gelöscht wurde, kann der Nutzer künftig die Überprüfung dieser Entscheidung vom Netzwerkanbieter verlangen. Umgekehrt können auch alle, die einen Beitrag als rechtswidrig gemeldet haben, der jedoch nicht vom Anbieter gelöscht wurde, einfordern, dass diese Entscheidung überprüft wird.
Mit dem Gesetzentwurf sollen zudem unparteiische Schlichtungsstellen ermöglicht werden. Mithilfe derartiger privater Stellen könnten Konflikte zwischen Nutzern und sozialen Netzwerken auch außergerichtlich beigelegt werden. Nach Ansicht des Justizministeriums würden Streitigkeiten dadurch häufig schneller und für die Beteiligten kostengünstiger ausgeräumt werden.
Der Gesetzentwurf sieht auch zusätzliche Anforderungen an die Transparenzberichte vor, die die Anbieter sozialer Netzwerke vorlegen müssen. "Wichtige Fragen, deren Beantwortung von Interesse für die breite Öffentlichkeit ist", würden in den Berichten "bislang ausgespart", heißt es in dem Entwurf. Das müsse sich ändern. Künftig sollen die Netzwerkanbieter deshalb auch Auskunft darüber geben, inwiefern automatisierte Verfahren zum Auffinden rechtswidriger Inhalte genutzt werden, welche Personengruppen von Hassrede besonders häufig betroffen sind - und wie die Netzwerke mit dem neuen Gegenvorstellungsverfahren umgehen. Sie sollen also zum Beispiel darüber berichten, wie viele zunächst gelöschte Beiträge nach der erneuten Prüfung wieder eingestellt wurden.