Mit ein wenig bösem Willen könnte man sagen: Die deutsche Hauptstadt wird zwar an ihrem Flughafen bauen bis zum Tage des Jüngsten Gerichts; und die Berliner S-Bahn ruht sich gern mal ein paar Wochen aus - aber bei der Mietpreisbremse sind die Berliner ganz fix und schneller als alle anderen Bundesländer. Sie gilt seit diesem Montag.
Der Senat hat freilich sehr gute Gründe dafür gehabt. Berlin ist geradezu der Prototyp jener Stadt, für welche die Bremse gedacht ist. Noch ist, verglichen mit Südbayern oder anderen Boomregionen, die Auswahl an bezahlbarem Wohnraum recht groß. Noch gibt es viele ältere Wohnungen, die sich Geringverdiener, Rentner, sozial Schwächere, Studenten leisten können. Aber das würde nicht lange so bleiben, denn die Verteuerung vollzieht sich rasch.
Die Bremse soll die exzessiven Preissteigerungsraten bei Wiedervermietungen bestehenden Wohnraums unterbinden einschließlich all ihrer hässlichen Begleiterscheinungen wie dem aggressiven Vergraulen von Altmietern. Das Argument der Gegner, der Markt werde schon das Nötige regeln, wenn sich der Staat mit seinen Paragrafen und seiner Bürokratie bloß heraushalte, trifft durchaus zu - nur mit ganz anderer Bedeutung.
Regulierung:Neue Vorschriften
Am 1. Juni treten die Mietpreisbremse und das Bestellerprinzip in Kraft. Doch die Umsetzung verzögert sich. Nur Berlin führt die Mietpreisbremse pünktlich ein. Andere Länder müssen noch bestimmen, wo die Regeln gelten sollen.
Bei Wiedervermietungen sind die Preissteigerungen oft exzessiv
Überlässt der Staat den Mietmarkt zu sehr sich selbst, dann regelt der nämlich in der Tat die Dinge, und zwar vor allem so, wie es der Gewinnmaximierung von Vermietern dient. Das kann ein Gemeinwesen nicht wollen, weil es für seinen sozialen Frieden ungesund ist. Wer als Normalverdiener kein Geld hat, sich eine Luxuskarosse zu gönnen, legt sich eben einen kleinen Wagen zu.
Wenn derselbe Normalverdiener sich in München, anderen Großstädten oder eben in wachsenden Teilen Berlins praktisch kaum noch eine Wohnung leisten kann, dann hat er keine solche Alternative. Dann gilt auf dem Markt das Recht des Stärkeren. Wo vier Dutzend Bewerber aus Verzweiflung Mondpreise zahlen, inklusive bizarrer Maklergebühren, um eine Wohnung zu bekommen, in der vielleicht auch einmal ein Kind Platz hat, da ist das Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage nur noch eine Phrase.
Viele der Gegner tun so, als kehre hier auf heimlichen Umwegen der Sozialismus zurück. Tatsächlich war die Entscheidung für die Mietpreisbremse recht mutig und zeigt, wie auch oder gerade eine große Koalition Dinge bewegen kann. Die Mietpreisbremse verteufelt nicht die Vermieter an sich, dazu gibt es auch keinen Grund: Aber sie versucht, den Abzockern das Leben schwerer zu machen.
Auch ist sie kein soziales Wunderheilmittel, denn sie lindert eher die Auswirkung von Missständen als diese zu beheben, und sie hat Schwächen wie die zahlreichen Ausnahmen. Sie kann, konsequent angewendet und durchgesetzt, jedoch auch weit mehr sein als ein Placebo - weil sie dazu beiträgt, das soziale Gefüge in den Städten zu bewahren. Wenn dazu staatliche Bürokratie und Paragrafen nötig sind, dann sei es so. Anders scheint es hier nicht zu gehen, und das ist nicht Schuld des Staates.