New Work:"Ich war am Anfang überfordert von dieser Freiheit"

Lesezeit: 2 min

Magdalena Rogl von Microsoft. (Foto: Mark Siaulys Pfeiffer)

ChatGPT, Remote Work, volle Flexibilität: Die Digitalisierung revolutioniert, wann und wo wir wie arbeiten - und das ist erstmal anstrengend. Was man in der neuen Arbeitswelt braucht.

Von Jannis Brühl

Fortschritt heißt für manche Menschen, von ihren Erzfeinden befreit zu werden. "Es gibt kein Tool, das ich hasse wie Excel", sagt Magdalena Rogl über das Tabellen-Programm von Microsoft. Erfrischende Ehrlichkeit für eine Microsoft-Mitarbeiterin, und eine Lösung präsentiert sie auf der Bühne des SZ-Gipfel Salons auch: Nun gebe es ja dank künstlicher Intelligenz (KI) einigermaßen kluge Helfer-Software: "Ich lasse mir jetzt von ChatGPT Excel-Tabellen erstellen. Das ermöglicht viel mehr Zeit und Raum für zwischenmenschliche Dinge." Rogl ist in der Personalabteilung von Microsoft für "Diversität und Inklusion" zuständig. Sie diskutierte am Mittwochabend auf der Bühne des SZ-Salons mit zwei weiteren Vertretern von Digitalunternehmen. Thema des Abends: "Arbeiten total digital". Die Runde traf sich in der Panorama Lounge hoch oben im SZ-Turm, der sich seit der Pandemie wieder mit Mitarbeiten und Mitarbeiterinnen gefüllt hat.

"Was kommt nach dem Home-Office?", lautete dann auch die Leitfrage der Veranstaltung. Michael Guschlbauer, Vorstandsmitglied des IT-Systemhauses Bechtle aus Neckarsulm, schert aus der Gruppe aus und gesteht: Er gehe oft im Büro. Intels Deutschlandchefin Sonja Pierer, die neben ihm sitzt, kommt nur drei bis vier Tage im Monat "rein", Rogl ebenfalls. Guschlbauer argumentiert: "Vor Corona war es einfacher, Teams zusammenzustellen und Kunden treffen." Vor Ort funktioniere Detailarbeit besser, seine Leute seien kreativer. Auch die Remote-Führungskraft Pierer berichtet, man versuche bei Intel, die Leute zumindest einmal die Woche ins Büro zu bringen.

Das Publikum beim SZ-Gipfel Salon im Hochhaus der Süddeutschen Zeitung. (Foto: Mark Siaulys Pfeiffer)

Kreativität hänge nicht daran, wo wir sitzen, sagt dagegen Rogl. Sie berichtet von Meetings, bei denen sie mit Handy am Ohr läuft, um in Bewegung zu bleiben. "Durch Konzentration auf die Tonspur kommen die Emotionen rüber." Am Ende sei aber nicht das technische Werkzeug entscheidend, sondern, "wie wir miteinander umgehen".

Es soll aber an diesem Abend auch ums große Ganze gehen, um die Diskussion über den angeblichen Stillstand im Land. Wie gut ist Deutschland digitalisiert, auf einer Skala von eins bis zehn? Guschlbauer vergibt eine sechs bis sieben. "Wir haben toll aufgestellte Unternehmen, hidden champions, die schon früh sehr viel für Digitalisierung getan haben. Aber bei der zehn sind wir noch lange nicht." Da ist sich die Runde einig, Pierer schränkt ein: Unternehmen seien bei sieben, in Verwaltung und im Privaten ginge es eher bis fünf runter.

Wirtschaftsgipfel Salon in der Panorama Lounge (Foto: Mark Siaulys Pfeiffer/Mark Siaulys Pfeiffer)

Guschlbauers Optimismus rührt auch daher, dass seine Kunden beim prägenden Thema künstliche Intelligenz offen seien, wie er sagt: "Enterprise-Kunden in Deutschland beschäftigen sich intensiv mit KI. Der Mittelstand auch, aber mit anderem Fokus. Er geht pragmatisch an KI ran. Da geht es um Prozessoptimierung, die direkt wirksam wird."

Die Umstellung auf die neue Arbeitswelt ist allerdings auch für Menschen gewöhnungsbedürftig, die Abwechslung in ihrer Karriere gewohnt sind. Rogl ist als Erzieherin ausgebildet und arbeitete lange als Social-Media-Managerin. Später kam sie zu Microsoft, wo sie schlagartig arbeiten konnte, wo und wann sie wollte. Die berichtet von ihrem Start vor einigen Jahren: "Ich war am Anfang überfordert von dieser Freiheit, mir das selbst einteilen zu können." Fortschritt heißt eben auch, dass es anstrengend werden kann.

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