Der Ärger war gewaltig, als die Bundestagsverwaltung im Herbst nach langen juristischen Auseinandersetzungen Zahl und die Namen jener Lobbyisten veröffentlichte, die bisher einen so vertraulichen wie freien Zugang zum Bundestag genießen. Genau 1111 Lobbyisten kamen demnach ausgerechnet mit Unterstützung der Fraktionen an die begehrten Hausausweise - ohne jede öffentliche Transparenz. Nun wird klar: Der Bundestag will die umstrittene Praxis, die nach Bekanntwerden zunächst ausgesetzt worden war, dauerhaft beenden. Nach Angaben aus Kreisen des Ältestenrats haben sich die sogenannten Sicherheitsbeauftragten der Fraktionen bei Gesprächen auf eine Neuregelung verständigt. Der umstrittene Dauerzugang soll den Unternehmenslobbyisten demnach verwehrt bleiben. Die Bundestagsverwaltung solle eine entsprechende Vorlage für den Ältestenrat erarbeiten. Das Thema werde in einer der nächsten Sitzungen des Gremiums besprochen, kündigte ein Sprecher des Bundestags am Montag an. Bundestagspräsident Norbert Lammert weise darauf hin, dass sich der Ältestenrat aus Sicherheitsgründen bereits mehrfach für eine deutliche Verringerung der Zahl der Dauerausweise ausgesprochen habe, sagte er weiter.
Ziel der Neuregelung ist es, die Vergabe der begehrten Plastikkarten transparenter zu regeln und Hausausweise künftig nur an solche Lobbyisten zu vergeben, die im freiwilligen Verbändeverzeichnis eingetragen und damit als solche auch erkennbar sind. Eine Registrierung im Verbänderegister ist einzelnen Unternehmen nicht möglich. Im Gespräch ist auch eine Begrenzung auf zwei Hausausweise pro Verband. Bislang können Verbände fünf Ausweise bekommen. "Es geht nicht darum, Besucher aus Unternehmen aus dem Bundestag auszuschließen, sondern lediglich darum, ob sie einen Dauerausweis oder einen Tagesausweis für ihren Besuch bekommen", sagte Lammert am Montag.
Hausausweise nur noch für Verbände-Vertreter
Innerhalb der Fraktionen hatte es zuletzt unterschiedliche Meinungen über die künftige Praxis gegeben. Die Union hatte sich gegen die Veröffentlichung der von den Fraktionen unterstützten Hausausweise gewehrt. Nach dem Aussetzen der Praxis hatte sie dann dafür plädiert, das Verbänderegister auch für Vertreter einzelner Firmen zu öffnen. Doch auch dieser Kompromiss ist mit der harten Linie vom Tisch.
Die Opposition befürwortet die Neuregelung. "Dass künftig die Hausausweise des Bundestages für Interessensvertreterinnen und -vertreter deutlich reduziert und auf Verbände beschränkt werden, ist ein richtiger Schritt", sagt die parlamentarische Geschäftsführerin der Linken-Fraktion, Petra Sitte. Das Problem sei damit allerdings nicht erledigt. "Rund tausend Hausausweise weniger machen bis zu 6000 Lobbyisten in Berlin nicht arbeitslos."
Die können im Bundestag nun zwar nicht mehr mühelos ein- und ausgehen - sie müssen sich künftig Termine geben lassen. Der Nichtregierungsorganisation Lobbycontrol geht die Regelung im Kampf gegen wachsenden Lobbyismus nicht weit genug. Sie fordert die Einführung eines verpflichtenden Lobbyregisters für Verbände, Unternehmen, Agenturen und Kanzleien sowie für NGOs und Einzellobbyisten. "Intransparente Einflussnahme muss ein Ende haben - unabhängig von der Frage der Hausausweise", sagt Lobbycontrol-Experte Thimo Lange.