Lebensmittel:Bank-of-England: „Apokalyptische“ Lebensmittelpreise drohen

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Die Preise für Lebensmittel sind in Großbritannien zuletzt deutlich gestiegen. (Foto: Aaron Chown/PA Wire/dpa)

In einem seltenen wie dramatischen Schritt hat der Chef der britischen Zentralbank vor "apokalyptischen" Lebensmittelpreisen gewarnt.

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London (dpa) - In einem seltenen wie dramatischen Schritt hat der Chef der britischen Zentralbank vor „apokalyptischen“ Lebensmittelpreisen gewarnt.

Die aufsehenerregenden Aussagen von Bank-of-England-Chef Andrew Bailey dürften die Sorgen von Millionen Menschen in Großbritannien noch verstärken, wie sie angesichts der grassierenden Inflation mit explodierenden Lebenshaltungskosten über die Runden kommen sollen. Zumal Bailey keinesfalls zur Beruhigung beitrug - vielmehr zeigte er sich vor Abgeordneten hilflos angesichts der Auswirkungen des russischen Kriegs gegen das Agrarland Ukraine.

„Wir können Dinge wie Kriege nicht vorhersagen, das steht in Niemandes Macht“, sagte Bailey. Zuletzt waren die Lebensmittelpreise in Großbritannien bereits um 5,9 Prozent geklettert, Experten rechnen mit einem weiteren Anstieg. Das trifft auch die Gastronomie - und gefährdet ein Nationalgericht: Viele Fish-and-Chips-Shops könnten wegen der Folgen des Kriegs gegen die Ukraine bald vor dem Aus stehen, sagte Andrew Crook, Chef des Branchenverbands National Federation of Fish Friers (NFFF) der Deutschen Presse-Agentur.

Denn ausgerechnet die vier Zutaten - Mehl, Sonnenblumenöl, Fisch und Kartoffeln - sind besonders stark betroffen. So bezogen die „Chippies“, wie die beliebten Shops genannt werden, bisher die Hälfte ihres Sonnenblumenöls aus Russland oder der Ukraine. Auch Mehl für die Panade wurde bislang zu einem großen Teil aus der Ukraine eingeführt. Die Preise für beides zogen seit Kriegsbeginn kräftig an. Nun fürchten Imbissbesitzer weitere Einbußen wegen der Sanktionen gegen Russland. Etwa 40 Prozent der Fische werden von russischen Trawlern gefangen. Strafzölle werden auch hier bald die Preise in die Höhe schießen lassen. Und weil russische Düngemittel teurer werden, dürften auch Kartoffeln bald mehr kosten.

Die steigenden Preise kommen noch zum deutlichen Anstieg der Energiekosten hinzu. Verbandschef Crook fordert, die Regierung müsse den Mehrwertsteuersatz für die Gastronomie wieder senken - wie sie es bereits wegen der Pandemie vorübergehend gemacht hatte. Derzeit werden für zubereitete Speisen in Großbritannien wieder 20 Prozent Mehrwertsteuer fällig. „Ohne Veränderungen werden viele gute Arbeitgeber ums Überleben kämpfen müssen“, sagte Crook.

Ein Kampf ums Überleben könnte es auch für viele Menschen werden, die schon jetzt kaum Geld für Fish and Chips haben. Denn BoE-Chef Bailey erwartet nicht nur weitere Preiserhöhungen bei Lebensmitteln, die ihrerseits zur unaufhaltsam kletternden Inflation beitragen. Hier dürfte die Zentralbank an diesem Mittwoch erneut einen deutlichen Anstieg verkünden, im vierten Quartal rechnet sie bisher mit bis zu 10,25 Prozent. Bailey befürchtet zudem einen „sehr großen Reallohnschock“. Zwischen März 2021 und 2022 sanken die Reallöhne nach Berechnungen der Gewerkschaft TUC bereits um 68 Pfund (81 Euro) pro Monat. Dadurch, so Bailey, werde die Binnennachfrage zurückgehen - und letztlich sich die Arbeitslosigkeit wieder erhöhen.

Regierungspolitiker zeigten sich irritiert über Baileys Warnungen. Finanzminister Rishi Sunak jubelte am Dienstag über die niedrigste Arbeitslosenquote seit fast 50 Jahren. Erstmals überhaupt stehen nun mehr Jobs zur Verfügung als es Arbeitssuchende gibt. Doch Experten warnen. Wirtschaftliche Inaktivität und Arbeitskräftemangel würden das Wachstum nachhaltig beeinträchtigen, sagte Suren Thiru vom Handelskammerverbund BCC.

Millionen Menschen könnten in die Armut abrutschen

Tatsächlich verheißen aktuelle Studien nichts Gutes: Die steigenden Preise könnten dazu führen, dass Millionen Menschen in Armut und Verschuldung abrutschen. Viele müssten sich überlegen, ob sie ihr Geld für Essen oder Heizen ausgeben. Die Aufsichtsbehörde Office for Budget Responsibility sagte voraus, der Lebensstandard werde so schnell sinken wie seit Mitte der 1950er Jahre nicht.

Eine wirkliche Antwort hat die Regierung bisher nicht. Maßnahmen, die arme Haushalte entlasten sollen, halten Experten für unzureichend. Ein Notfallbudget, wie es etwa BCC-Volkswirt Thiru fordert, ist bisher nicht geplant. Vielmehr sorgten konservative Abgeordnete für Empörung: Der Parlamentarier Lee Anderson legte nahe, dass Menschen, die ihr Essen von Tafeln erhalten, lediglich nicht kochen könnten. Und seine Kollegin Rachel Maclean schlug vor, Betroffene sollten halt mehr arbeiten oder in besser bezahlte Jobs wechseln.

© dpa-infocom, dpa:220517-99-318259/6

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