Preise:Die Inflation bleibt hoch

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Mit 5,9 Prozent ist die Inflation deutlich höher, als die Europäische Zentralbank sich das wünscht. (Foto: Frank Rumpenhorst/dpa)

Die Preise in Deutschland sind im Durchschnitt des vergangenen Jahres um 5,9 Prozent gestiegen. Was heißt das für die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank?

Von Markus Zydra, Frankfurt

Jetzt ist es amtlich: Die Inflation in Deutschland betrug für das Gesamtjahr 2023 exakt 5,9 Prozent. Das Statistische Bundesamt bestätigte am Dienstag damit seine erste Schätzung zu Beginn des Monats. Damit fiel die Jahresteuerung geringer aus als im Jahr 2022. Damals lag der Wert bei 6,9 Prozent.

Für die Menschen ist diese Nachricht zum einen eine Beruhigung: Die Preise sind zuletzt also weniger schnell gestiegen. Zum anderen lag die Teuerungsrate im Dezember 2023 mit 3,7 Prozent immer noch auf einem schmerzhaften Niveau, zumal die hohen Preise, die sich in den vergangenen drei Jahren aufgebaut haben, sehr wahrscheinlich nicht auf den alten Stand von 2021 fallen werde. Die Deutschen merken jeden Tag an der Ladenkasse, dass Fleisch und Wurst derzeit rund 25 Prozent und Dieselkraftstoff fast 60 Prozent teurer sind als vor drei Jahren.

Für 2024 rechnen viele Experten damit, dass die Teuerung sich wieder normalisiert, also unter drei Prozent rutscht, allerdings mit Ausschlägen: Im Januar wird die Inflation hierzulande wohl noch einmal zunehmen, denn zum Jahreswechsel gab es einige Gesetzesänderungen, die die Preise erhöhen: Die Mehrwertsteuer für Restaurants wurde zurück auf das alte Niveau angehoben, also von sieben auf 19 Prozent, was auswärts essen teurer machen könnte. Zwischenzeitlich war der Satz wegen der Corona-Pandemie reduziert worden. Ebenso steigt der CO₂-Preis, wie von der Ampelkoalition beschlossen, stärker als ursprünglich geplant, was Heizen und Tanken teurer macht, zudem sind die Energiepreisbremsen ausgelaufen.

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Der Blick in den Rest der Europäischen Währungsunion zeigt, wie unterschiedlich stark die Inflation in einzelnen Staaten ausfällt. In Estland waren es im Dezember vier Prozent, in Italien nur 0,6 Prozent, in den Niederlanden 1,2 Prozent und in Spanien 3,1 Prozent. Die Euro-Zone insgesamt wies 2,9 Prozent aus. Das liegt immer noch deutlich über dem Ziel der Europäischen Zentralbank (EZB), die mittelfristig eine Teuerung von zwei Prozent erreichen möchte. Zum Vergleich: In den USA lag die Inflation im Dezember bei 3,4, in Großbritannien bei 3,9 Prozent

Die EZB wird nicht müde zu betonen, dass exakt 2,0 Prozent das Ziel ist, und dass die Leitzinsen deshalb so lange auf hohem Niveau bleiben, bis diese Marke nachhaltig erreicht wird. An den Finanzmärkten zerbricht man sich schon den Kopf, wann dieser Zeitpunkt gekommen sein könnte: Leitzinsen sind die Preisgrundlage für nahezu alle Vermögenswerte, sei es Aktien, Anleihen oder Immobilien. Ein Traum für Spekulanten. "Wir sind erst zufrieden, wenn die Inflation nachhaltig auf zwei Prozent fällt", sagte vor wenigen Wochen EZB-Direktorin Isabel Schnabel der SZ. Und: "Wir haben noch ein Stück des Weges vor uns und müssen sehen, wie schwierig die berühmte letzte Meile wird."

Eine entscheidende Frage ist: Wie geht es mit den Löhnen weiter? Steigen sie zu stark, das bedeutet stärker als es die Produktivitätszuwächse rechtfertigen würden, droht womöglich eine Lohn-Preis-Spirale. "Bis zu unserer Juni-Sitzung werden wir diese wichtigen Daten haben", sagte EZB-Chefvolkswirt Philip Lane der italienischen Zeitung Corriere della Sera. Die erste Leitzinssenkung also frühestens im Juni?

Bundesbank-Präsident Joachim Nagel denkt in diese Richtung: Es sei noch "zu früh, um über Zinssenkungen zu sprechen. Die Inflation ist immer noch hoch" sagte Nagel am Montag zu Bloomberg-TV am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos. "Vielleicht können wir somit bis zur Sommerpause warten, oder was immer, aber ich möchte nicht spekulieren."

Derzeit notiert der Leitzins bei 4,5 Prozent. Viele Ökonomen erwarten, dass die Notenbank 2024 insgesamt vier Mal den Leitzins senken werde, und zwar um jeweils 0,25 Prozentpunkte, so das Ergebnis einer Umfrage der Nachrichtenagentur Bloomberg.

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