Home-Office:Reinkommen oder rausfliegen

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US-Unternehmen zwingen ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zunehmend aus dem Home-Office zurück ins Büro. (Foto: Benis Arapovic/Imago/Zoonar)

Arbeitgeber in den USA verlieren die Geduld mit Mitarbeitenden, die nur von zu Hause aus arbeiten. Wer nicht mindestens drei Mal pro Woche im Büro erscheint, bekommt die Kündigung.

Von Kathrin Werner

Bürosprache in den USA ist normalerweise sehr höflich. Locker durchaus, aber doch deutlich weniger direkt und viel freundlicher als etwa in Deutschland. Es ist also sehr auffällig, wenn ein Unternehmenschef auf die üblichen Floskeln verzichtet. In seiner Nachricht an alle Mitarbeitenden in dieser Woche legte David Baszucki gleich im ersten Satz los: "Heute werden wir einige unserer Remote-Mitarbeiter bitten, ab nächstem Sommer von unserem Hauptsitz in San Mateo aus zu arbeiten und die Remote-Arbeit bei Roblox abzuschaffen."

Roblox, eine Online-Spieleplattform aus Kalifornien, hat sich eine neue RTO-Regel gegeben, wie die Amerikaner es nennen: Return To Office. Das Unternehmen ist nicht das einzige, das seine Flexibilität von einst inzwischen bereut. Gerade in der amerikanischen Tech-Branche haben zuletzt etliche Firmen ihre Regeln verschärft, weil sie Einbrüche in der Produktivität oder Kreativität ihrer Leute fürchten.

Es gibt zwar weiterhin Ausnahmen wie Airbnb, Adobe oder Lyft, die ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiter vom Ort ihrer Wahl aus arbeiten lassen, Apple, Amazon, Google, Meta und selbst der Videokonferenz-Anbieter Zoom verlangen aber inzwischen, ihre Leute zumindest ab und zu auch persönlich zu sehen. Nun also auch Roblox.

Man habe in den vergangenen Monaten gesehen, wie toll es sei, wieder öfter gemeinsam in einem Raum zu arbeiten. "Für viele von uns ist ,Zoom-Müdigkeit' eine reale Sache", schreibt Baszucki. "Eine dreistündige Besprechung ist persönlich weniger anstrengend als über Video. Und Brainstorming-Sitzungen fließen besser und sind kreativer." Er glaube zwar, dass die Technik für virtuelle Meetings immer besser wird, aber so weit sei sie eben leider noch nicht. Von Dienstag bis Donnerstag sollen vom kommenden Jahr an alle zusammen im Büro arbeiten.

Ein Problem: Viele Mitarbeitende wohnen nicht mehr in der Nähe des Büros

Für viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bedeuten die Zurückbeorderungen allerdings große Umstände. Es geht für sie nicht so sehr darum, dass sie mal ihre Jogginghosen ablegen und sich bürotauglich kleiden müssen, sondern eher um den Weg ins Büro. In der Pandemie, als das Home-Office plötzlich zum Standard wurde, sind viele Menschen aus den großen Städten und Büro-Ballungszentren wie dem Silicon Valley weggezogen und leben jetzt an Orten, wo die Mieten und Immobilienpreise günstiger sind. Nun können sie aber nicht mal eben so einfach ins Büro kommen.

Viele Tech-Konzerne haben das nicht nur geduldet, sondern sogar damit geworben. In Zeiten des Fachkräftemangels waren großzügige WFH-Regeln ein Unterscheidungsmerkmal zwischen den verschiedenen Arbeitgebern, das vielen Bewerbern wichtiger war als ein hohes Gehalt (Amerikaner lieben ihre Abkürzungen, statt Home-Office sagen sie WFH, kurz für Work From Home). Die Konzerne haben also Menschen angeheuert, die nicht in der Nähe ihrer Büros wohnten - was den Pool möglicher Bewerberinnen und Bewerber deutlich vergrößert hat.

"Wir haben uns diese Entscheidung nicht leicht gemacht, denn wir wissen, dass ein Umzug sowohl für unsere Mitarbeiter als auch für ihre Familien und Angehörigen von großer Bedeutung ist", schreibt deshalb auch Roblox-Chef Baszucki. "Leider weiß ich, dass sich einige Mitarbeiter entscheiden werden, nicht zu uns in die Zentrale zu kommen." Für das Unternehmen arbeiten mehr als 2000 Menschen. Bis Mitte Januar müssen sich alle entscheiden, ob sie umziehen wollen. Bei den Umzugskosten will die Firma helfen. Wer nicht mitzieht und nicht über irgendwelche unersetzbaren Qualifikationen verfügt, wird ab April entlassen - mit Abfindungspaket.

Unternehmen erwarten sich bessere Arbeit, gehen aber auch ein Risiko ein, wenn sie ihre Mitarbeitenden zurück ins Büro zwingen - weil sie viele Leute verlieren dürften. Laut einer Umfrage des Marktforschers Bloomberg Markets Live Pulse würde etwa jeder zweite Angestellte in der Finanzbranche seinen Job wechseln oder hat bereits gewechselt, wenn Büro-Anwesenheitspflichten strenger werden.

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