Umweltministerium:Geplante LNG-Bauarbeiten in Laichgebiet sorgen für Kritik

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Das Spezialschiff „Munin R“ ist auf dem Greifswalder Bodden unterwegs für Arbeiten am Rügener LNG-Terminal. (Foto: Jens Büttner/dpa)

Trotz Vorbehalten soll auch noch im Januar und Februar an der LNG-Anbindungsleitung im Greifswalder Bodden gearbeitet werden dürfen. Die Kritik an einem Behördenentwurf wächst.

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Stralsund (dpa/mv) - Die sich abzeichnende Genehmigung für verlängerte Bauarbeiten im Greifswalder Bodden im Zusammenhang mit dem Rügener Flüssigerdgas (LNG)-Terminal trifft auf wachsende Kritik. „Das Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommern hat erhebliche Bedenken gegen eine Verlängerung des Bauzeitenfensters“, teilte eine Sprecherin des Hauses am Donnerstag mit. „Eine Verlagerung der Bauarbeiten in den Zeitraum Januar bis Ende Februar ist von erheblicher Bedeutung für das Laichgeschehen des Herings.“

Ein vom Bergamt Stralsund am Donnerstag veröffentlichter Zulassungsentwurf sieht eine Verlängerung der Bauzeit für die Anbindungspipeline des LNG-Terminals vor. Entsprechend dem Dokument dürfte der Gasnetzbetreiber Gascade auch im Januar und Februar noch im und vor dem Greifswalder Bodden Wiederherstellungsarbeiten am Meeresboden vornehmen. Vorbehalte des Thünen-Instituts für Ostseefischerei; des Landesamtes für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei (Lallf) sowie des Biosphärenreservatsamtes Südost-Rügen wegen möglicher Auswirkungen auf das Laichgeschehen des Herings werden als unbegründet verworfen.

Das Umweltministerium kommt hingegen zu der Überzeugung, dass Beeinträchtigungen des Laichgeschehens nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden können. Umweltminister Till Backhaus (SPD) habe immer wieder die Wahrung des Bauzeitenfensters betont und auf das sensible Laich- und Wandergebiet des Herings hingewiesen.

Die für die Region zuständige SPD-Bundestagsabgeordnete Anna Kassautzki teilte mit, „den Versuch, die berechtigten Einwände zum Schutz des Herings zur Seite zu wischen, empfinde ich als Affront“. Sie verwies auf die besondere Rolle des Herings für die Ostseefischerei und das Schutzbedürfnis des Greifswalder Boddens als Laichgrund. „Für eine gesunde Fischerei brauchen wir gesunde Bestände und dürfen es dem Hering nicht schwieriger machen als er es sowieso schon hat.“

Der energiepolitische Sprecher der Grünen im Schweriner Landtag, Hannes Damm, forderte am Donnerstag: „Unter keinen Umständen darf das Bergamt Stralsund den Antrag auf Erweiterung der Bauzeit für Januar und Februar genehmigen.“ Er warnte davor, „dass dem stark gefährdeten Ostsee-Hering während der anstehenden Laichzeit endgültig der Garaus gemacht wird“. Dabei sei offenkundig, dass in diesem Winter keine Gasmangellage eintrete. „Die Speicher sind prall gefüllt.“

Der Jahrhundertsturm an der Ostsee im Oktober hatte zu Verzögerungen bei den Bauarbeiten geführt, weshalb Gascade die Verlängerung beantragte. Das Bergamt verweist auf Untersuchungen, nach denen der Hering erst ab Wassertemperaturen ab vier Grad anfange zu laichen. Gascade soll deshalb zur Messung der Wassertemperatur und bei einer Überschreitung zur Einstellung der Bauarbeiten verpflichtet werden, „wenn nicht durch eine geeignete Methode nachgewiesen wird, dass das Laichgeschehen des Herings noch nicht begonnen hat“. Gascade geht nach eigenen Angaben von einer Laichzeit ab März aus und verwies auf einen eigenen Umweltgutachter.

Vom Umweltministerium hieß es, das vorgeschlagene Temperatur-Monitoring könne die dem Ablaichen vorausgehende Phasen wie Wanderung und Sammlung der Fische sowie deren Störung nicht sinnvoll abbilden.

Christopher Zimmermann, Leiter des Thünen-Instituts für Ostseefischerei, sagte: „In den letzten Jahren haben wir die vier Grad Wassertemperatur gar nicht unterschritten. Das heißt, die Heringe sind direkt eingewandert.“ Sie sammelten sich bereits und warteten darauf, in ihr Laichgebiet einzuwandern. Die Arbeiten müssten bis zum Ende der Laichzeit Mitte Mai pausieren. Der Hering stünde ohnehin stark unter Druck und sei wichtig für die Zukunft der hiesigen Küstenfischerei. Daher müsse alles unternommen werden, um mögliche Auswirkungen kleinzuhalten.

Das Bergamt erklärte, bis zu einer endgültigen Entscheidung Anfang Januar bleibe die am Donnerstag veröffentlichte Zulassung ein Entwurf ohne tatsächliche Rechtsfolgen.

© dpa-infocom, dpa:231228-99-430070/4

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