Die deutsche Wirtschaft ist in einer schwierigen Lage. 2024 wird es, darauf deuten alle Indikatoren hin, allenfalls ein Miniwachstum im Nullkommabereich geben - wenn überhaupt. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) mühte sich am Sonntagabend noch in der Talksendung von Caren Miosga, das wenige Gute im Schlechten herauszuarbeiten. Nun, am Montagmorgen, kommen gleich wieder zwei wenig erfreuliche Nachrichten, verbreitet vom Statistischen Bundesamt und von der in Paris ansässigen Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, kurz OECD.
Deutschland wächst in diesem Jahr wohl deutlich schwächer als die anderen Industriestaaten, so die OECD. Sie halbierte am Montag ihre Wachstumsprognose von ohnehin schwachen 0,6 auf 0,3 Prozent.
Sämtlichen anderen großen Euro-Ländern trauen die Expertinnen und Experten ein größeres Wachstum zu: Für Frankreich werden 0,6 Prozent prognostiziert, für Italien 0,7 Prozent, für Spanien 1,5 Prozent. Auch Nicht-EU-Industrienationen wie die USA (2,6 Prozent) oder Großbritannien (0,7 Prozent) dürften sich besser schlagen, so die OECD. Schlechter als Deutschland abschneiden soll etwa das sich in Dauerkrise befindliche Argentinien, hier wird ein Minus von 2,3 Prozent erwartet. Die Aussichten für das Wachstum in Deutschland sind auch für 2025 nicht grundlegend besser. Auch hier senkte die OECD ihre Prognose von 1,2 auf 1,1 Prozent.
Was ist der Grund für das schwache Wachstum in Deutschland? "Dies liegt vor allem daran, dass die energieintensive Industrie ein größeres Gewicht in der deutschen Wirtschaft hat als in anderen Ländern der Euro-Zone", sagt OECD-Expertin Isabell Koske. Die Abhängigkeit von russischen Energieimporten sei in Deutschland größer gewesen als zum Beispiel in Frankreich. Das habe nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine zu einer stärkeren Verteuerung von Energie in Deutschland geführt. Diese beeinträchtige die Produktion in energieintensiven Industrien noch immer.
Exporte gehen nach einem sehr schwachen Dezember stark zurück
Die externen Schocks - Krieg, Energiekrise, Inflation - führte auch Habeck in der ARD als Gründe für die wirtschaftlichen Schwierigkeiten an. Aber es gibt auch hausgemachte Probleme. "Die Haushaltskrise hat die Unsicherheit für die Unternehmen und Haushalte erhöht", sagte OECD-Expertin Koske. Der Sparkurs der Bundesregierung habe zum Rückgang der Investitionen im vierten Quartal 2023 geführt und den privaten Konsum trotz gestiegener Reallöhne zurückgehalten.
Und die OECD-Zahlen sind nicht die einzige schlechte Nachricht - bereits am frühen Morgen berichtet das Statistische Bundesamt, dass die Exporte zurückgegangen sind. Zur Erinnerung: Kaum ein Industrieland ist so stark von Ausfuhren abhängig wie Deutschland. 1,4 Prozent beträgt das Minus für das Jahr 2023. In absoluten Zahlen verkauften deutsche Unternehmen Waren und Dienstleistungen für 1562,1 Milliarden Euro ins Ausland.
Dass die Exporte so stark zurückgegangen sind, liegt vor allem an einem sehr schwachen Dezember. In jenem Monat war ein Einbruch von 4,6 Prozent im Vergleich zum Vormonat zu verzeichnen. Der größte Rückgang seit einem Jahr. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten nur mit einem Minus von 2,0 Prozent gerechnet, nachdem es im November noch ein kräftiges Plus von 3,5 Prozent gegeben hatte.
Auch der Wert der Importe ist im Jahr 2023 gefallen, ebenfalls besonders deutlich im Dezember. Das Minus mit 9,7 Prozent ist sogar noch deutlich größer als bei den Exporten. Der Wert der Einfuhren betrug im vergangenen Jahr 1352,5 Milliarden Euro. Noch immer verzeichnet Deutschland also einen Exportüberschuss, er liegt bei knapp 210 Milliarden Euro. Wohin gehen die deutschen Exporte? Der Großteil - etwa 67,5 Milliarden Euro geht in die EU-Mitgliedstaaten. Allerdings ist hier für das Jahr 2023 ein Minus von 5,5 Prozent zu verzeichnen.
"Die Exporteure brauchen neue Impulse"
Wichtigster Handelspartner als einzelnes Land sind die USA. 12,7 Milliarden Euro beträgt für das Jahr 2023 der Wert der Exporte dorthin, das sind 5,5 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Das China-Geschäft schrumpfte sogar um 7,9 Prozent auf 7,5 Milliarden Euro, die Exporte in das Vereinigte Königreich gingen um 4,3 Prozent auf 7,4 Milliarden Euro zurück.
2023 war also ein schlechtes Jahr für den deutschen Außenhandel. Und es besteht nur wenig Hoffnung, dass 2024 besser wird. Die Erwartungen der deutschen Exportindustrie sanken im Januar erneut. Das entsprechende Barometer fiel auf minus 8,4 Punkte und damit auf den niedrigsten Stand seit September 2023.
"Die Exporteure brauchen neue Impulse", sagt Klaus Wohlrabe, der Leiter der Umfragenabteilung beim Münchner Ifo-Institut. Die schwächelnde Weltkonjunktur drückt auf die Stimmung - und es wirken sich die von den Zentralbanken in nahezu allen Wirtschaftsräumen heraufgesetzten Zinsen negativ aus. Denn sie machen Investitionen in Maschinen, Industrieanlagen und Autos teurer - alles Dinge, die der einstige Exportweltmeister Deutschland stets in großer Zahl verkauft hat.