Als Charles Darwin vor 180 Jahren von seiner großen Weltreise zurückkam, hatte er mehr als 5400 Proben aller Art im Gepäck. Darunter viele unbekannte Pflanzen aus Südamerika, Australien, Neuseeland, Südafrika, von den Galapagos-Inseln und aus anderen Regionen der Erde. Darwin, der sich selbst für einen schlechten Botaniker hielt, schrieb damals einem Freund: "Ich wusste nicht mehr von den Pflanzen, die ich gesammelt hatte, als der Mann im Mond."
Die Sammlung, deren Auswertung mehr als zwei Jahrzehnte in Anspruch nahm, wurde zur Lebensaufgabe für den Naturforscher. Als Darwin schließlich sein Hauptwerk "Über die Entstehung der Arten" veröffentlichte, löste er zunächst eine Welle der Entrüstung aus. Heute steht fest, dass kaum ein Buch davor und danach das Verständnis der Evolution so grundlegend verändert hat.
Darwins Erbe ist brisanter und aktueller denn je - in einer Zeit, in der die biologische Artenvielfalt dramatisch schwindet. Denn es droht der Verlust eines einzigartigen Schatzes: ein Verlust, der sich inzwischen auch auf dem Teller bemerkbar macht. Verbraucher bekommen immer mehr Einheitsbrei vorgesetzt, ohne dass sie es überhaupt merken.
Nie schien die Auswahl größer - was für ein Trugschluss
Aber wie kann das sein? 30 000 Lebensmittelprodukte und mehr stehen in einem größeren Supermarkt. Bananen im Sortiment sind ein Muss, duftiger Basmatireis aus Indien gehört zum Standard, Erdbeeren sind meist sogar im Winter zu haben, und die Auswahl an Brotsorten, Süßwaren oder Tiefkühlkost ist riesig. Nie schien die Auswahl größer, es mangelt an nichts.
Erst bei genauerem Hinsehen erweist sich das vermeintliche Schlaraffenland als Trugbild. In vielen Verpackungen stecken die gleichen Zutaten. Hergestellt aus nur noch wenigen Pflanzenarten, die seit wenigen Jahrzehnten den weltweiten Anbau zunehmend dominieren. 50 000 Pflanzenarten gelten weltweit als essbar, doch nur 30 davon sichern die Welternährung, darunter Mais, Weizen, Reis und Kartoffeln.
Besonders bei Bananen ist die Lage besorgniserregend
Das allein wäre kein Problem, aber auch bei den einzelnen Nutzpflanzenarten sind immer weniger Sorten in Gebrauch. Allein 30 000 Maissorten gab es einst weltweit, doch nur ein paar Dutzend davon werden in größerem Stil angebaut, gentechnisch-veränderte Pflanzen dominieren.
Besorgniserregend ist die Lage bei Bananen. Fast die ganze Ernte rund um den Globus hängt von einer einzigen Sorte ab und die ist durch Schädlinge und Krankheiten bedroht. Züchter suchen verzweifelt nach Ersatz. Selbst bei Äpfeln, dem liebsten Obst der Deutschen, bleibt die Diversität auf der Strecke. 20 000 Apfelsorten wurden einst weltweit gezählt, im Supermarkt bekommen Kunden heute höchstens noch sechs Sorten angeboten. Die Folge: Alte Sorten werden nicht mehr gehegt, sie verschwinden für immer und mit ihnen geht auch ihr einzigartiger Geschmack verloren.