Auf 185 Seiten haben die USA gerade eine Neufassung ihrer offiziellen Ernährungsrichtlinien veröffentlicht. Cholesterol im Frühstücksei gilt jetzt nicht mehr als große Gefahr, Kaffee wird als gesund geadelt. Abgesehen von diesen kleineren Überraschungen, die es in die Medien schafften, ist nicht anzunehmen, dass die Mehrheit der Amerikaner vom Rest des Werkes viel mitbekommen wird. Deshalb wurden in den USA wie in vielen Ländern der Welt grafische Abbildungen eingeführt. Sie sollen die allerwichtigsten Grundregeln der gesunden Ernährung zusammenfassen (Im Bild: die US-Grafik "myplate"). Doch selbst diese simplen Basisempfehlungen variieren von Land zu Land. Was eine gesunde Ernährung ist, malt jeder Staat seinen Bürgern anders auf.
Einige Länder beweisen bei der grafischen Gestaltung Phantasie. So malt Kanada einen Regenbogen, die Dominikanische Republik presst die Lebensmittel in einen Mörser, der Franzose muss bei seiner Ernährung symbolisch eine Treppe erklimmen und der Antillen-Staat St. Kitts und Nevis verwendet seltsamerweise eine Zuckermühle als Grundform seiner Richtlinien. Die meisten Staaten entwerfen eine Ernährungspyramide, sie gilt als leicht verständliche Form. Japan (im Bild) allerdings wandelt die Form zum wacklig wirkenden Kreisel um.
Deutschland hat eine dreidimensionale Pyramide eingeführt. Trotz ihrer vergleichsweise komplexen Form enthält sie keine Angaben zur empfohlenen täglichen Menge der abgebildeten Speisen.
Um diese praktische Frage geklärt zu bekommen, muss zusätzlich der "Ernährungskreis" herangezogen werden. Die grafischen Botschaften müssten "klar und verständlich sein, um Erfolg zu haben", gibt die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA vor. Italienische Wissenschaftler, die vor kurzem die Ernährungsgrafiken der EU-Länder verglichen, zweifelten, ob Deutschland mit seinem Mix aus Pyramide und Kreis diesem Kriterium gerecht werde.
Eine ganze Reihe Länder verzichtet ganz auf die Angabe der täglichen Mengen. Die USA, die Türkei und Schweden mit seinem extrem minimalistischen Design und der Aufforderung: "find your own way" (Foto) gehören dazu.
Andere Länder geben vor, wie häufig welche Lebensmittel auf den Teller gehören. Und mit den Details beginnt die Verwirrung. Mal sollen Gemüse und Obst die größte Menge ausmachen, wie in Finnland (Foto), mal Getreideprodukte. Die Empfehlungen können selbst innerhalb eines Landes schwanken: In Belgien werden der flämischen Bevölkerung Getreideprodukte und Kartoffeln als Grundnahrungsmittel empfohlen, im französischsprachigen Landesteil sollen Obst und Gemüse die Basis des Küchenplans bilden.
Dann gibt es noch einige Lebensmittel, die ganz unterschiedlich bewertet werden. Pflanzenöl gehört dazu. Griechenland, das mit zwölf Kategorien den EU-weit detailliertesten Speiseplan vorlegt, macht für das Olivenöl eine eigene Gruppe auf - und zwar die zweitwichtigste. Andere wie etwa Frankreich und Großbritannien (Foto) verbannen Öl gemeinsam mit Butter und Zucker in die Sammlung des Bösen. Ein ähnliches Schicksal teilen Nüsse. Mal stecken sie in der sehr verpönten Zuckergruppe (zum Beispiel in Kroatien), mal in der ebenfalls ungern gesehen Fettkategorie (zum Beispiel in der Schweiz), mal zusammen mit Fleisch, Fisch, Bohnen und Eiern in einer Proteingruppe, wie in Spanien und England. Griechenland gönnt ihnen gemeinsam mit Oliven und Hülsenfrüchten eine eigene, durchaus empfohlene Kategorie. Bohnen, Erbsen und Linsen gehören ebenfalls zu den verwaisten Lebensmitteln, die mal mit Fleisch, mal mit Gemüse, mal mit Obst und mal mit den ebenso heimatlosen Kartoffeln eingruppiert werden.
Als gemeinsamen Nenner kann man aus dem Wirrwarr der Nationalküchen herausfiltern, dass Obst, Gemüse und Getreideprodukte täglich auf den Tisch kommen sollten. Fleisch und Wurst werden dagegen nicht täglich empfohlen. Sehr zuckerhaltige Speisen sollten so selten wie möglich verzehrt werden. Und noch etwas lässt sich aus den unterschiedlichen Empfehlungen ablesen: Im Rahmen der Grundregeln kann man kulturellen und persönlichen Vorlieben durchaus folgen. So hat beispielsweise Australien für die indigine Bevölkerung einen Ernährungsplan herausgegeben, der auch Kängerus enthält.