Einsparpotenziale:Sparen in der Krise

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Durch die Pandemie gibt es Engpässe bei den Lieferketten. (Foto: Alan Devall/Reuters)

Teure Materialien, hohe Energie- und Transportpreise: In manchen Unternehmen ist die Lage angespannt. Was helfen kann, um Kosten zu senken.

Von Marcel Grzanna

Die Finanzierungssituation der Unternehmen in Deutschland hat sich merklich verschlechtert - insbesondere in den von der Pandemie am stärksten betroffenen Branchen. Das stellt die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) nach ihrer Unternehmensbefragung 2021 fest. Zudem leiden viele Unternehmen derzeit unter erhöhtem Kostendruck, da Material- und Rohstoffpreise sowie Energie- und Transportkosten infolge der Pandemie gestiegen sind. Eine Konsequenz daraus ist ein wachsender Sparzwang, um die Liquidität nicht zu gefährden. Doch welche Möglichkeiten gibt es?

Sparpotenziale erkennen

Nicht immer wird das gesamte Einsparpotenzial für das eigene Unternehmen wahrgenommen. Firmen sollten genau prüfen, wo sinnvoll gespart werden kann, ohne negative Effekte hervorzurufen. Mitunter sind auch erst einmal Investitionen nötig, um mittelfristig Kosten zu reduzieren, beispielsweise bei der Digitalisierung von Prozessen. Hier muss genau geprüft werden, ob dafür nun der richtige Zeitpunkt ist.

Energiefresser definieren und ersetzen

Um Energiekosten einsparen zu können, müssen die Quellen des Verbrauchs definiert werden. Je präziser, desto besser. Das gilt umso mehr für Firmen, die Anlagen oder Maschinen einsetzen. Dort können individuelle Messsysteme für einzelne Bestandteile der Produktion helfen, den Energieverbrauch der Komponenten nicht nur zu bestimmen, sondern auch zu überwachen. Mögliche Defekte, die einen Anstieg des Verbrauchs provozieren, lassen sich sofort lokalisieren und im Bedarfsfall beheben.

Auch mit einfachen Mitteln lässt sich in den meisten Betrieben Energie sparen: bei der Umstellung von Beleuchtung auf LED. Dazu hilft ein einfaches Regelwerk, das zudem einen nachhaltigeren Umgang mit Ressourcen fördert: Licht ausschalten, wenn sich niemand mehr im Raum befindet, Kühlschränke auf sieben statt vier Grad Kühltemperatur einstellen oder die Kaffeemaschinen über Nacht ausschalten.

Planungsprozesse digitalisieren

Um Kosten drastisch einzusparen, ist die Automatisierung von Prozessen ein probates Mittel. Sie beschleunigt nicht nur die Abläufe, sondern schließt auch menschliches Versagen als Fehlerquelle aus. Zwar erfordert sie entsprechende Investitionen. Doch das Einsparpotenzial ist attraktiv.

Ein Beispiel: die Schichtplanung in einem Lieferbetrieb. Krankheitsbedingte Ausfälle müssen schnell ersetzt, freie Tage, bevorzugte Uhrzeiten und Wünsche zum Tausch von Schichten individuell berücksichtigt werden. Je größer der Betrieb und je mehr Mitarbeiter benötigt werden, desto komplexer wird die Vergabe der einzelnen Schichten. Die manuelle Organisation benötigt einen hohen Kommunikationsaufwand und damit viel Zeit.

Wer diese Prozesse von einer Software ausführen lässt, entlastet die Personalabteilung nicht nur zeitlich. Die Digitalisierung sorgt gleichzeitig für eine höhere Verlässlichkeit. Die Software schlägt automatisch Alarm, wenn Schichten nicht besetzt sind oder Zielkonflikte bei deren Besetzung auftreten.

Die Logistik optimieren

Auch die Logistik kann durch digitalisierte Prozesse optimiert werden. Wer kein Geld für Software investieren möchte, hat dennoch die Möglichkeit, über kostenlose Angebote beispielsweise die Routenplanung der eigenen Logistik zu verbessern. Ansatzpunkte sind Echtzeit-Verkehrsdaten, die verhindern, dass ein Fahrzeug in einen Stau gerät. Auch das Austüfteln des kürzesten Weges von einem Etappenziel zum nächsten kann Zeit und Geld sparen.

Leerfahrten sollten möglichst verhindert werden. Das heißt, ein Fahrzeug ohne Ladung sollte von seinem Standort aus neu disponiert werden. Das Gleiche gilt für Servicemitarbeiter, die nach Abschluss eines Auftrags nach Möglichkeit in der Nachbarschaft einen weiteren Termin übernehmen können. Solche Abstimmungen sind zwar auch ohne automatisierte Prozesse möglich. Allerdings nimmt die Komplexität mit dem Volumen der Aufträge schnell zu, sodass der Verzicht auf Software immer schwieriger und wegen des erhöhten personellen Aufwands auch teurer wird.

Weitere Ansatzpunkte für die Digitalisierung sieht Steffen Wagner von der Beratungsgesellschaft KPMG im Rechnungswesen: dem intelligenten Umgang mit Frachtpapieren und einem optimierten Fuhrparkmanagement. "Automatisierung und Harmonisierung der Prozesse sind hier der größte Faktor, mit denen die Verwaltungskosten reduziert werden können", so Wagner.

Eine Monteurin arbeitet im Werk zwei des Automobilzulieferers ZF Friedrichshafen an einem Getriebe für Lastwagen. (Foto: Felix Kästle/dpa)

Die Lieferkette prüfen

Kosten bei den Lieferketten zu senken, ist diffizil. Die Suche nach immer billigeren Zulieferern endet nicht selten bei unmenschlichen Arbeitsbedingungen oder zu großer Abhängigkeit von einem einzigen Markt. Deswegen gilt die Prüfung von Lieferketten zwar als mögliches Werkzeug, um kurzfristig Kosten zu senken. Aber ob sie langfristig die tatsächlich richtige Entscheidung sind für ein Unternehmen und den Standort Deutschland, ist eine knifflige Frage.

Während der Corona-Pandemie sind die Kosten für zahlreiche Komponenten der industriellen Wertschöpfung drastisch gestiegen, weil ihre Knappheit die Preise in die Höhe getrieben haben. Auch die Transportkosten sind enorm in die Höhe geklettert. Insofern kann es für Unternehmen durchaus eine Alternative sein, wichtige Komponenten aus größerer Nähe zum eigenen Produktionsstandort zu beschaffen, um die Transportkosten zu senken. Eine kurzfristige Umgestaltung von Lieferketten ist jedoch nicht für jedes Unternehmen umsetzbar.

Kooperationspartner suchen

Eine Option zum Kostensparen kann der Eintritt in einen Unternehmensverbund sein. Die Idee der Verbünde ist es unter anderem, ihre Marktmacht zu stärken. Gemeinsame Beschaffung vergrößert das Auftragsvolumen und verschafft den Firmen deutlich bessere Konditionen. Sprechen viele kleinere Unternehmen mit einer Stimme, bekommt ihr Wort auch in anderen Feldern mehr Gewicht.

Die Steuer stunden lassen

Das vertrackte an der Steuerstundung ist ihr unvermeidbarer Rückschlag. Denn irgendwann sind die Zahlungen an den Staat fällig. Und darauf muss ein Unternehmen vorbereitet sein. Deswegen gilt, dass eine Steuerstundung wohlüberlegt sein will. Nur wenn der Finanzplan eine spätere Zahlung, die zur regulären Besteuerung noch hinzukommt, tatsächlich zulässt, ergibt die Stundung betriebswirtschaftlich Sinn.

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