Verpackungscheck:Studie: Discounter sind die schlimmsten Müllsünder

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Alles in Plastik. (Foto: Jochen Tack/imago)

Die Deutsche Umwelthilfe kritisiert Aldi, Lidl und Netto scharf, weil die Discounter kaum oder gar keine Mehrwegverpackungen anbieten. Die finden die Studie einseitig. Und nun?

Von Theo Harzer

Ein Bild, so wie man es aus dem Supermarkt oder Discounter kennt: vier Birnen in einer Pappschale, zusätzlich in Plastik eingeschweißt. Das Gleiche bei Äpfeln, ja, ein paar gibt's auch unverpackt, die meisten aber eingeschweißt oder auch im Zwei-Kilo-Plastiksack. Ebenso Karotten, Zwiebeln oder Zitronen.

Die Deutsche Umwelthilfe hält dieses Verpacken mit Plastik für überflüssig. Deutschland habe ein Verpackungs- und damit ein Plastikproblem. "Wir sind in Deutschland absoluter Spitzenreiter, wenn es ums Produzieren von Verpackungsmüll geht", sagt Barbara Metz, Bundesgeschäftsführern der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Rund 225 Kilogramm Verpackungsmüll fallen in Deutschland pro Kopf und Jahr an, das liege deutlich über dem europäischen Durchschnitt von knapp 177 Kilogramm. Rund 60 Prozent dieses Abfalls kommen aus privaten Haushalten.

Die DUH hat am Donnerstag die Ergebnisse der zweiten Ausgabe ihres Verpackungschecks vorgestellt. Die Umweltschützer haben in 48 Filialen der großen Supermarkt- und Discounterketten untersucht, wie sie es jeweils mit den Verpackungen halten. Neben Bio-Supermärkten wie Alnatura oder Bio Company nahm die DUH Supermärkte wie Edeka und Rewe sowie Discounter wie Aldi Nord und Süd, Kaufland oder Netto Markendiscount unter die Lupe. Vier "einkaufswagentypische" Produktkategorien wurden begutachtet: Obst und Gemüse, Getränke, Milch und Joghurt sowie Selbstbedienungs- und Frischetheken.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass nur die Bio-Supermärkte konsequent auf Mehrwegverpackungen setzen. Zwar werden auch dort Milchprodukte überwiegend in Einwegverpackungen angeboten, in den anderen drei Kategorien können Alnatura und die anderen aber überdurchschnittlich gute Ergebnisse erzielen. Während Edeka und Rewe sich im Mittelfeld bewegen, schneiden die Discounter besonders schlecht ab. Sie können die DUH in allen vier Bereichen nicht überzeugen. Das schlechteste Ergebnis erzielen dabei Aldi Nord und Aldi Süd. Sie bieten überhaupt keine Mehrwegverpackungen an.

Der Discounter Netto Markendiscounter, der zum Edeka-Verbund gehört, teilte mit, den Check der DUH nicht nachvollziehen zu können. Man sei sehr um Plastikvermeidung bemüht und arbeite mit der Naturschutzorganisation WWF zusammen. Zudem dienten Verpackungen dem Schutz, der Sicherheit und Hygiene der Ware. Die von der DUH angegriffenen Discounter Aldi Nord und Aldi Süd finden die Studie "einseitig". Früchte und auch Fleisch und Fisch würden durch Verpackungen qualitativ haltbarer, so würden weniger Lebensmittel verschwendet. Zudem versuchten beide Discounter, Plastikverpackungen möglichst zu vermeiden und durch nachhaltige oder recycelte Stoffe zu ersetzen. Bei Getränken seien beide übrigens offen für Mehrweg. Einweg und Mehrweg hätten hier ihre "Daseinsberechtigung" und sollten von allen Beteiligten von Politik bis Industrie ökologisch optimiert werden.

Anika Oppermann, Vorstandsvorsitzende des Mehrwegverbands, zeigt dagegen wenig Verständnis für Einwegverpackungen. Mehrweg könnte zum Händler zurückgebracht, gereinigt und dann wieder befüllt werden. Das unterscheidet Mehrweg- von Einwegverpackungen, zu denen auch die meisten Plastikpfandflaschen zählen. Einwegverpackungen werden zwar recycelt, dies sei aber sehr energieintensiv. "Außerdem findet bei solchen Materialen oft Downcycling statt", sagt Oppermann. Also eine Wiederverwertung auf schlechterem Niveau. Meist könne nur ein kleiner Teil der Wertstoffe als Verpackungsmaterial für Lebensmittelprodukte wiederverwendet werden.

Um solche Ressourcenverschwendung zu verhindern, sieht Barbara Metz die Politik in der Verantwortung: "Mit Freiwilligkeit ist es nicht getan." Man brauche verbindliche Vorgaben, wie etwa ein Abfallvermeidungsziel von 120 Kilogramm Abfall pro Kopf. Außerdem fordert die DUH eine Plastiksteuer, die auf verantwortliche Unternehmen umgelegt werde und ein Verbot von dünnen Plastiktüten für Obst und Gemüse.

Oppermann spricht sich für klare politische Rahmenbedingungen aus. Die müssten für Unternehmen und Verbraucher attraktiv sein. Oft seien Mehrwegprodukte teurer als Einwegprodukte. Bei Einwegverpackungen seien etwa Umweltschäden nicht eingepreist. Das müsse sich ändern. "Dementsprechend ist Einweg eher zu günstig, als dass Mehrweg zu teuer ist."

Trotzdem zeigt sich Oppermann optimistisch. Es gebe bereits konkrete Lösungen, etwa bei Seife und Spülmitteln. Bei Speiseölen, Aufstrichen, Konserven oder auch Kaffee sieht sie ebenfalls gute Ansätze. Nun brauche es in der Lebensmittelindustrie Pioniere, die bereit seien, auf Mehrwegverpackungen umzustellen. Die Bio-Supermärkte haben im Verpackungscheck gezeigt, dass auch weniger Verpackungen möglich und praktikabel sind.

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