Geldwäsche in der EU:Riesen-Skandal ohne Folgen

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Filiale der Danske Bank im estnischen Tallinn: Der Konzern hat beim Thema Geldwäsche geschlampt. (Foto: Ints Kalnins/REUTERS)

200 Milliarden Euro sind ohne Kontrollen in den Finanzkreislauf geraten. Dänische und estnische Behörden hatten nicht genau genug hingeschaut. Trotzdem wollte die EU-Aufsicht sie nicht rügen. Inzwischen ist klar, wieso.

Von Björn Finke, Brüssel

Es ist einer der weltweit größten Geldwäsche-Skandale, auch wenn er sich in einem kleinen EU-Land ereignete. Und er blieb für die Aufseher folgenlos: Von 2007 bis 2015 wickelte die estnische Niederlassung der Danske Bank, der wichtigsten dänischen Bank, 200 Milliarden Euro an Zahlungen ohne ausreichende Kontrollen ab. Viele dieser Transfers stammten von verdächtigen Quellen aus Russland und anderen osteuropäischen Ländern, wie eine Untersuchung später ergab. Die Kontrolle des Instituts oblag der estnischen und dänischen Finanzaufsicht. Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) in Paris, eine EU-Einrichtung, eröffnete 2019 ein Verfahren, um zu prüfen, ob die beiden nationalen Behörden EU-Vorgaben missachtet hätten. Zwei Monate später wurde diese Untersuchung aber eingestellt, nach einer Abstimmung im EBA-Verwaltungsrat. Dabei hatten Fachleute der Behörde empfohlen, dass der Verwaltungsrat einen Bruch von EU-Recht feststellen sollte.

Pikanterweise sitzen in diesem obersten Entscheidungsgremium Vertreter der nationalen Aufsichtsbehörden, für Deutschland etwa Raimund Röseler, der bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) in Frankfurt die Bankenkontrolle leitet. Die Einstellung des Verfahrens wurde von Europaabgeordneten scharf kritisiert, doch die EBA weigerte sich lange, mitzuteilen, wer genau für und gegen diesen Schritt votiert hatte. Inzwischen allerdings haben die Pariser das Ergebnis veröffentlicht - und es ist brisant.

So stimmte nur Frankreich dafür, einen Rechtsbruch festzustellen. Zwölf Vertreter enthielten sich, darunter der deutsche, 13 votierten gegen die Rechtsbruch-Diagnose - darunter der dänische und estnische Vertreter. Die Betroffenen stimmten also mit ab und waren wenig überraschend für einen Freispruch.

Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber sagt, die Aufseher handelten offenbar "nach dem Prinzip: Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus". Dass sich auch Deutschland enthalten hat, nennt der wirtschaftspolitische Sprecher der christdemokratischen EVP-Fraktion "schockierend". Wenn sich der Gesandte von SPD-Finanzminister Olaf Scholz "bei einem der größten Geldwäschefälle der EU-Geschichte bloß zu einer Enthaltung durchringen kann, ist das ein Armutszeugnis", klagt Ferber.

Nun soll es eine EU-Aufsicht richten

Immerhin soll sich die Aufsicht über Geldwäsche-Bekämpfung in Europa bald ändern: Die EU-Kommission schlug im Sommer vor, eine eigene Kontrollbehörde auf europäischer Ebene zu schaffen, weil der Kommission die Qualitätsunterschiede zwischen den nationalen Aufsehern missfallen. Diese neue Einrichtung, die 2023 einsatzbereit sein könnte, soll einige große und als riskant eingestufte Finanzkonzerne direkt kontrollieren - inklusive Vor-Ort-Inspektionen und dem Recht, Geldbußen zu verhängen. Für die anderen Geldhäuser sollen die nationalen Aufseher zuständig bleiben. Die EU-Behörde wird deren Arbeit aber koordinieren und überwachen. Stellt sich heraus, dass ein staatlicher Aufseher bei einer Bank nicht gut genug hinschaut, kann die EU-Institution den Fall direkt an sich ziehen. Hätte es diese Möglichkeit schon 2007 gegeben, hätte sich die EU vielleicht einigen Ärger ersparen können.

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