Kobaltabbau in Marokko:BMW hat sich grüner gemacht, als es ist

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Die Mine in Marokko, aus der BMW Kobalt bezieht, ist alles andere als nachhaltig. (Foto: Ben Heubl)

Der Autobauer hat es übertrieben mit seinen Nachhaltigkeitsversprechen. Dennoch taugt das Unternehmen nicht als alleiniger Buhmann, genauso wenig wie Elektroautos.

Kommentar von Christina Kunkel

Es gibt diesen Rat, den wohl jeder schon einmal gehört hat: Versprich besser nichts, was du nicht halten kannst. Genau das möchte man dem Autobauer BMW zurufen, nachdem ein internationales Rechercheteam herausgefunden hat, dass das angeblich so nachhaltige Kobalt, das die Münchner für ihre E-Auto-Batterien aus Marokko beziehen, offenbar doch nicht ganz so sauber ist. In und um eine Mine, von dessen Betreiber BMW den Rohstoff einkauft, sollen laut der Recherchen Menschen und Umwelt unter dem Abbau leiden.

Dabei wäre es falsch, BMW jetzt als großen Sünder darzustellen, der sich als einziges Unternehmen nicht darum schert, wie es an den Orten zugeht, an denen die wichtigen Rohstoffe für seine Autos gewonnen werden. Wie andere Autohersteller auch sind die Münchner mittlerweile sehr darauf bedacht, sich ihre Lieferketten genau anzuschauen. Mit der Entscheidung, kein Kobalt mehr aus dem Kongo zu beziehen, wo bislang nicht ausgeschlossen werden kann, dass dafür auch Kinder in den Minen schuften, ging BMW zum Beispiel weiter als andere Unternehmen. Auch der Ansatz, direkt von den Minen zu kaufen und nicht den Umweg über die Batteriehersteller zu nehmen, ist richtig.

BMW hätte die Mine auch selbst inspizieren können

Allerdings muss der Autobauer sich den Vorwurf gefallen lassen, es übertrieben zu haben mit seinen Nachhaltigkeitsversprechen. Wer bei jeder Gelegenheit betont, besonders verantwortungsvoll zu sein und das auch als Kaufargument für die eigenen Produkte nutzt, muss dann auch wirklich genau hinschauen. Dass die Mine in Marokko alles andere als ein Nachhaltigkeitsleuchtturm ist, haben Journalisten und Wissenschaftler schon vor Jahrzehnten dokumentiert.

Man kann sich nun dennoch dafür entscheiden, dort Rohstoffe einzukaufen. Aber dann darf BMW sich eben nicht auf irgendwelche Zertifizierungen und Labels verlassen, die oft nur auf Fragebögen beruhen, die der Minenbetreiber selbst ausfüllt. Der Autokonzern hätte auch selbst mit Gewerkschaften und Anwohnern reden oder Wasserproben nehmen können. Zumindest hätte er jemand Unabhängiges damit beauftragen können.

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Von Ben Heubl, Celia Izoard, Christina Kunkel und Mauritius Much

Die Kobaltförderung in Marokko ist dabei nur einer von vielen Orten, an denen genauer hingeschaut werden muss. Es ist übrigens falsch, die Probleme nur dem Umstieg von Verbrenner- auf Elektroautos zuzuschreiben. Kobalt, Lithium, Seltene Erden oder Nickel stecken nicht nur in E-Autos, sondern in sehr vielen anderen Produkten - in Handys, Laptops, Werkzeugen oder Windrädern. Auch zum Entschwefeln von Dieselkraftstoff wird übrigens Kobalt genutzt.

Für die Konzerne darf das zwar keine Ausrede sein, doch auch die meisten Kunden interessierten sich sehr lange nicht dafür, woher die Rohstoffe für ihre Fahrzeuge stammten. Das hat sich zum Glück geändert. Auch Gesetze, die Unternehmen in die Verantwortung für ihre Lieferketten nehmen, können dazu beitragen, dass endlich genauer hingeschaut wird. Doch bis dahin ist es ein langer Weg, und es wird immer schwarze Schafe geben - besonders da, wo die Nachfrage und damit auch die Preise explodieren wie aktuell bei Rohstoffen für E-Autos. Das offen zu benennen und Fehler einzugestehen, wäre zumindest ein guter Anfang.

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