Diesel-Abschalteinrichtungen:Was BMW-Kunden jetzt wissen müssen

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Das Kraftfahrt-Bundesamt hat beim Modell X3 unzulässige Abschalteinrichtungen bei der Abgasreinigung festgestellt. (Foto: DADO RUVIC/REUTERS)

Das Kraftfahrt-Bundesamt wirft dem Autobauer vor, dass er unzulässige Abschalteinrichtungen bei einigen Diesel-Fahrzeugen eingebaut hat. Welche Modelle betroffen sind und was das für die Fahrer bedeutet.

Von Philipp Saul

Während andere deutsche Autohersteller wie VW oder Mercedes tief in den Abgasskandal verstrickt waren, sah sich BMW bisher kaum mit Vorwürfen zu seinen Dieselmotoren konfrontiert. Das ändert sich nun: Das Kraftfahrt-Bundesamt hat beim Modell X3 unzulässige Abschalteinrichtungen bei der Abgasreinigung festgestellt. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Worum geht es?

Im vergangenen Jahr haben Experten der Deutschen Umwelthilfe ältere Dieselmodelle getestet und beim BMW X3 nach eigenen Angaben "die höchsten je gemessenen Stickoxidemissionen" gefunden. Sie wollen nachgewiesen haben, dass die Abgasreinigung in der Motorsteuerung in bestimmten Situationen heruntergefahren oder gar komplett abgeschaltet wird.

Die Umweltexperten vermuteten, dass BMW bei der Abgasreinigung getrickst hat, indem es sie gezielt auf Prüfungsbedingungen hin optimiert hat. Denn die Unregelmäßigkeiten seien vor allem unter Bedingungen aufgetreten, die im offiziellen Prüfzyklus nicht vorkommen: Bei eingeschalteter Klimaanlage, hohen Drehzahlen oder bei Außentemperaturen unter 18 Grad Celsius seien die Abgase weniger oder überhaupt nicht mehr gereinigt worden.

Nach diesen Hinweisen nahm sich das Kraftfahrt-Bundesamt der Sache an und stellte bei eigenen Messungen Auffälligkeiten fest. Nach weiteren Prüfungen wirft das KBA BMW nun vor eine unzulässige Abschalteinrichtung für die Abgasreinigung zu nutzen: "Die Fahrzeuge reduzieren damit in unzulässiger Weise die Wirksamkeit ihrer Schadstoffminderung gegen Stickoxide."

Konkret werde die Abgasrückführung bei eingeschalteter Klimaanlage und normalen Außentemperaturen von zwölf Grad Celsius reduziert, sagt ein Sprecher der Süddeutschen Zeitung. Zu den Analysen der Deutschen Umwelthilfe will er sich nicht äußern.

Dürfen Autos gar keine Abschalteinrichtungen installiert haben?

Doch, und zwar um Schäden zu vermeiden, wenn ein Motor nicht auf die nötige Betriebstemperatur kommt. Autobauer hatten im Zuge des VW-Dieselskandals lange argumentiert, dass die Beschränkung der Abgasreinigung auf ein bestimmtes sogenanntes Thermofenster zum Schutz des Motors nötig sei.

Der EuGH hat die Auslegung der Abgasregeln zuletzt aber in mehreren Entscheidungen verschärft. Grundsätzlich dürfe die Abgasreinigung nicht einfach gestoppt werden. Ein solches Thermofenster sei nur dann ausnahmsweise zulässig, wenn sonst beim Fahren unmittelbare Schäden entstünden und damit eine konkrete Gefahr drohe. Darauf weist auch der Sprecher des KBA hin. Er sagt, bei normalen Außentemperaturen von zwölf Grad müsse eine Abgasrückführung vollständig möglich sein.

Wie reagiert BMW?

Die BMW Group werde den Bescheid des Kraftfahrt-Bundesamts prüfen, teilt ein Sprecher mit. Dieser sei noch nicht bestandskräftig, man behalte sich vor, juristisch dagegen vorzugehen. Der Konzern ist nach eigenen Angaben der Auffassung, dass die zur Abgasreinigung verwendete Motorsteuerung mit den gesetzlichen Anforderungen übereinstimmt. Das Unternehmen erkennt aber an, dass es bei der Hardware "ein potenzielles Problem bei der Dauerhaltbarkeit einzelner Komponenten des Abgasreinigungssystems" gebe.

Im Zuge der EuGH-Entscheidungen würden die Anforderungen an Diesel-Fahrzeuge neu diskutiert, teilte ein BMW-Sprecher mit. "Dabei wird rückwirkend ein Maßstab auf Technologien angewendet, die bis zu 15 Jahre alt sind."

Welche und wie viele Autos beanstandet das KBA?

Konkret geht es bei BMW um die SUV-Modelle X3 xDrive20d und X3 sDrive 18d, die nach Konzernangaben zwischen 2010 und 2014 hergestellt wurden. Bislang habe das Kraftfahrt-Bundesamt nur für Deutschland entschieden. Dort seien etwa 33 000 Fahrzeuge betroffen, schätzt das KBA. Europaweit geht ein BMW-Sprecher von 100 000 bis 150 000 Autos aus. Allerdings wisse man nicht, wie viele davon noch auf den Straßen unterwegs seien.

Der Fall sorgt zwar für Aufsehen, ist aber wohl deutlich kleiner als etwa beim Volkswagen-Konzern, der seine manipulierende Software in weltweit etwa elf Millionen Fahrzeugen verbaut hatte.

Was bedeutet das für Autofahrer?

Fahrzeughalter würden bei erkannten und zu beseitigenden Mängeln informiert und, sofern erforderlich, gebeten, eine Fachwerkstatt aufzusuchen, teilt das KBA mit. Auf die Frage nach möglichen Rückrufen antwortet der Sprecher: Sollten Fahrzeuge trotz Aufforderung nicht in die Werkstatt gebracht werden, könne die zuständige Zulassungsbehörde sie außer Betrieb setzen.

BMW kooperiert nach Angaben der Behörde mit dem KBA und hat einen Maßnahmenplan vorgelegt. Das Unternehmen arbeite mit der irischen Typgenehmigungsbehörde daran, die beanstandeten Funktionen zu entfernen. Hard- und Softwareupdates sollten voraussichtlich ab Juni 2024 eingespeist werden. Zu den Kosten machte BMW keine Angaben. Es sei noch nicht entschieden, wie umfangreich mögliche Updates ausfallen würden.

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