Konsum:Bier ja. Alkohol? Muss nicht sein

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Schmeckt und schont die Leber: Alkoholfreies Bier passt gut in die heutige Zeit. (Foto: Armin Weigel/dpa)

Das "Alkoholfreie" hat sich von der Notlösung zum Lifestyle-Produkt entwickelt - weltweit. Und der Trend macht nicht beim Bier halt.

Von Michael Kläsgen

Für die Biernation Deutschland ist das ein ziemlicher Schwenk: "Wir rechnen damit, dass schon bald jedes zehnte in Deutschland gebraute Bier alkoholfrei sein wird", sagt der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes, Holger Eichele. Der Trend zeichnet sich seit Längerem ab, aber das Knacken der Zehn-Prozent-Marke hält Eichele für einen Durchbruch. Vor Kurzem noch hatte das "bleifreie" oder "kastrierte" Bier einen ziemlich miserablen Ruf. Wer es trank, musste entweder nach der Party, auf der sich alle anderen vergnügten, mit dem Auto fahren. Oder er hatte Alkoholverbot, wahrscheinlich vom Arzt. Heute ist das Alkoholfreie keine Notlösung mehr, sondern eher ein Lifestyle-Produkt und auch für Sportler ein willkommenes Erfrischungsgetränk.

Seit 2007, als die wenigen alkoholfreien Bier-Marken noch belächelt wurden, hat sich die Produktion der alkoholfreien Biersorten in Deutschland mehr als verdoppelt. Und während der Konsum von Bier mit Alkohol sinkt, liegen die ohne voll im Trend, und die Frage ist eher, welches schmeckt am besten?

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7,50 Euro für die Halbe? Keine Sorge. Einige Brauer geben schon Entwarnung. Andererseits: Das Verhältnis der Deutschen zum Bier bleibt hochemotional.

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Das gilt nicht nur für Bier. Egal ob Wodka, Whisky, Gin oder Rum - es gibt kaum etwas, wofür nicht inzwischen eine alkoholfreie Alternative angeboten wird. Vor allem Cocktails werden immer häufiger alkoholfrei serviert. Nicht nur in Deutschland, weltweit. Die Analysefirma Fior Markets prophezeit, dass der Siegeszug weitergeht und von einem Umsatz von derzeit knapp einer Billion Dollar pro Jahr auf 1,7 Billionen Dollar bis 2028 steigt.

Wein ohne Alkohol ist dagegen noch selten. Doch auch er ist im Kommen. Aber anders als beim Bier hat Wein ein Problem ohne Alkohol. Er ist der Geschmacksträger, ohne den es kaum geht. "Durch den Entzug gerät alles aus dem Gleichgewicht", sagt Expertin Isabell Bitzenhofer vom Biowein-Importeur Peter Riegel.

Warum ist das Alkoholfreie so angesagt? Es passt gut in die Zeit, in der Menschen mehr Wert als früher auf gesundes Leben und Selbstdisziplin legen, sagt der Ernährungssoziologe Daniel Kofahl. Beim alkoholfreien Bier kommt hinzu, es ist positiv besetzt. Es gilt als gesünder als die alkoholisierten Varianten, weil es weniger Kalorien hat, jedenfalls solange es nicht mit Limonade gemischt ist, und es belastet die Leber weniger. Außerdem soll es isotonisch wirken, das heißt, den gleichen osmotischen Druck wie Blut haben, und gilt deshalb als guter Durstlöscher.

Das erste Alkoholfreie stammt aus der DDR

Ganz alkoholfrei sind aber nicht alle Alkoholfreien. Laut deutschem Lebensmittelgesetz dürfen Produkte, die mit 0,0 oder ohne Alkohol gekennzeichnet sind, bis zu 0,03 Volumenprozent Alkohol enthalten. In explizit deklariertem 0,0-Prozent-Bier sollte allerdings gar kein Alkohol sein. Eine Garantie dafür gibt es nicht. Allerdings können auch reife Bananen den Grenzwert überschreiten.

Das erste Alkoholfreie stammt übrigens aus der DDR, von der Brauerei Engelhardt in Stralau, Berlin-Friedrichshain. Es wurde 1972 auf der Leipziger Messe unter dem Namen "AuBi", Autofahrerbier, vorgestellt. Die Bundesrepublik zog Ende der Siebzigerjahre nach. Heute gibt es viele alkoholfreie Biermarken in Deutschland, mehr als in anderen Biernationen wie etwa Belgien und Tschechien. Aber nicht mehr als in der Schweiz, wo es schon früh das alkoholfreie "Ex-Bier" von Feldschlösschen gab und seit 1965 das von Hürlimann in Zürich entwickelte "Oro", später "Birell".

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