Börse:Warum die Aktie der Deutschen Bank abstürzt

Lesezeit: 2 min

Commerzbank und Deutsche Bank feiern sich für die höchsten Ergebnisse seit Jahren. (Foto: Helmut Fricke/dpa)

Einige Tage schien es nach dem Ende der Credit Suisse fast ruhig um die Banken. Jetzt verlieren die Kurse deutscher Institute deutlich. Der Kanzler beschwichtigt. Was ist da los?

Von Victor Gojdka und Markus Zydra, Frankfurt

Auch vor diesem Wochenende kam es an den Börsen zu starken Turbulenzen. Die Kurse der Deutschen Bank verloren in der Spitze rund 14 Prozent, Titel des Konkurrenten Commerzbank bis zu knapp neun Prozent. "Es erwischt jetzt den ganzen Bankensektor", sagt Aktienexperte Stefan Müller von der Deutschen Gesellschaft für Wertpapier-Analyse. "Die werden unterschiedslos in einen Sack gesteckt." Der europäische Bankenindex Stoxx 600 Banks sank um 2,5 Prozent, kein einziger Banktitel konnte sich an diesem Freitag in die Pluszone retten. "Manche wollen über das Wochenende offenbar nicht auf dem falschen Fuß erwischt werden", sagt Ratingexperte Guido Versondert von der Ratingagentur Independent Credit View.

Ein möglicher Grund: Die Kosten für Ausfallversicherungen waren gestiegen. Wollten sich Anleger gegen einen Anleiheausfall bei der Deutschen Bank versichern, mussten sie dafür in den vergangenen Tagen deutlich mehr zahlen. Um einen Anlagebetrag von zehn Millionen Euro abzusichern, waren noch Mitte der Woche nur rund 140 000 Euro nötig, am Freitagmittag jedoch bereits mehr als 200 000 Euro. Auch viele Aktienanleger nahmen das wohl als Paniksignal: Ist bei der Deutschen Bank etwas im Busch?

SZ PlusMeinungBankwesen
:Nichts ist in Ordnung

Nach der Notübernahme der Credit Suisse würden Aufseher und Politiker gerne zur Tagesordnung übergehen. Dabei liegt die Regulierung der Branche komplett in Trümmern. Ein Neustart ist dringend nötig.

Kommentar von Meike Schreiber

Das Problem schien jedoch eher am Markt für Kreditausfallversicherungen zu liegen, an dem nur etwa 20 große Banken überhaupt Kurse für solche Absicherungen stellen. Sichern sich bei Unruhen im Bankenwesen plötzlich viele Großanleger stärker ab, trifft dies auf ein strukturell viel zu geringes Angebot. "Über die tatsächliche Verfassung einer Bank sagt das aber wenig aus", sagt Bankenexperte Versondert.

Scholz: "Kein Grund zur Sorge"

Der Kurseinbruch der Deutschen Bank ist Bundeskanzler Olaf Scholz zufolge kein Grund zur Sorge. "Es gibt keinen Anlass, sich irgendwelche Gedanken zu machen", sagte Scholz am Freitag nach einem EU-Gipfel in Brüssel. "Die Deutsche Bank hat ihr Geschäftsmodell grundlegend modernisiert und neu organisiert und ist eine sehr profitable Bank", sagte der SPD-Politiker auf die Frage, ob die Deutsche Bank die nächste Credit Suisse sei.

Börsenexperten beurteilen die Lage der Deutschen Bank am Freitag als stabil, aber strategieschwach. Beim Geschäft mit Privatkunden laufe man Sparkassen, Volksbanken und der ING-Bank hinterher, heißt es in Frankfurt. Im internationalen Geschäft spiele die Bank keine führende Rolle mehr. Auch sein Renditeziel von acht Prozent erreichte Bankchef Christian Sewing kürzlich nur, weil ihm ein Steuer-Sondereffekt in die Hände spielte. "Der Kursverlust jetzt ist kein Kompliment für die Strategie der Bank", sagt Aktienexperte Stefan Müller. "Man darf aus dem Kursverfall der Aktien jedoch nicht auf die fundamentale Lage der Bank schließen."

SZ PlusCredit Suisse und Co.
:Wie es wirklich um die Banken steht

Rumpelt es im Finanzsystem, schauen alle auf die Aktienmärkte. Dabei kann das ziemlich irreführend sein. Diese drei Grafiken zeigen, wie es um das globale Bankwesen tatsächlich bestellt ist.

Von Victor Gojdka

Gleichzeitig gilt die Deutsche Bank geschäftsstrategisch nicht für jeden Börsianer als gutes Vorbild. "Die Deutsche Bank und die Credit Suisse haben anders als andere Großbanken das globale Investmentbanking fortgesetzt. Zwar hat die Deutsche Bank seit 2020 die Rückkehr in die Gewinnzone geschafft, doch jetzt fragen sich die Finanzmärkte: Wer ist denn nach der Credit Suisse die nächste schwache Großbank, die in Schwierigkeiten kommt", sagt Bankenexperte Dieter Hein vom Analysehaus Fairesearch. "Und da ist die Deutsche Bank vorne mit dabei, weil das Geschäftsmodell nicht als nachhaltig profitabel angesehen wird", so Hein.

Ein weiterer Unruhefaktor: Viele Unternehmen schichten ihre Kontoeinlagen aktuell auf verschiedene Banken um, bereits in der vergangenen Woche hatten Unternehmen und Investoren schätzungsweise rund 100 Milliarden US-Dollar von Konten in sogenannte Geldmarktfonds geschoben. Sie bieten ebenfalls eine kleine Rendite, gelten als relativ sicher, sind formell aber eben keine Bankkonten. Für private Einleger gilt in Deutschland eine gesetzliche Einlagensicherung bis 100 000 Euro pro Person und Bank, Privatbanken versprechen noch mehr abzusichern.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusBankenkrise
:Die Credit Suisse und die Unbelehrbarkeit der Banker

Wenn man sich den Absturz der Credit Suisse anschaut und die Boni, die sie ausgezahlt hat, merkt man: Die Gier ist immer noch stärker als die Vernunft. Über die Schweiz und das verlorene Vertrauen.

Von Isabel Pfaff, Jan Schmidbauer und Meike Schreiber

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: