Fachkräfte:Woran Azubis scheitern

Lesezeit: 3 min

Hohe Energie- und Arbeitskosten sowie eine "überbordende Bürokratie" machen den Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie derzeit zu schaffen. (Foto: Felix Kästle/dpa)

Viele Auszubildende müssen ihr eigenes Laptop oder Tablet in die Berufschule mitbringen. Ein Report des DGB zeigt, woran es oft hapert.

Von Robert Laubach, Berlin

Ausbildungen in Deutschland fangen oft vielversprechend an, enttäuschen junge Menschen dann aber. Das geht aus einer Studie des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) hervor. Im ersten Ausbildungsjahr würden noch zwei Drittel ihren Betrieb weiterempfehlen. Der Wert sinkt dann aber immer weiter und im vierten Ausbildungsjahr ist es weniger als die Hälfte.

Die Gründe dafür sind laut Studie, die das Institut für Sozialpädagogische Forschung Mainz für die Gewerkschaft erstellt hat, vielfältig. Das sind zum Beispiel Probleme mit der Digitalisierung. "Politik und Arbeitgeber müssen deutlich mehr tun, damit die duale Ausbildung auch im Digitalzeitalter funktioniert", sagt DGB-Bundesjugendsekretär Kristof Becker. Die Digitalisierung habe während der Corona-Pandemie einen Schub erlebt, sei danach aber wieder vernachlässigt worden. Das führe dazu, dass nur ein Fünftel der Auszubildenden die nötigen technischen Geräte immer zur Verfügung habe. Deshalb müssten sie oft auf eigene Geräte zurückgreifen. Das wiederum belaste die Chancengleichheit. Wer selbst beispielsweise keinen Laptop oder Tablet besitze, drohe zurückzufallen. An den Berufsschulen fühlt sich die Mehrheit der Befragten mittelmäßig bis schlecht darauf vorbereitet, mit digitalen Medien umzugehen.

Elke Hannack, stellvertretende Vorsitzende des DGB, nimmt dafür die Bundesregierung in die Verantwortung. "Der im Koalitionsvertrag vorgesehene Pakt für berufliche Schulen darf nicht der aktuellen Sparpolitik zum Opfer fallen", fordert die Gewerkschaftlerin. Man brauche mehr Geld für Ausbildungskonzepte, die Lehrgebäude, Lehrkräfte und digitale Ausstattung. Fast die Hälfte der Auszubildenden hat laut Studie den Eindruck, dass ihre Lehrkräfte nicht genug Zeit für sie hätten. Die Qualität des Unterrichts wird von vielen bestenfalls als "befriedigend" bewertet. Würden diese sich nicht deutlich mehr bemühen als es vertraglich vorgesehen sei, "würde es hier deutlich schlechter aussehen", sagt Jugendsprecher Kristof Becker.

Statt Büroausbildung soll ein junger Mann Burger braten

Neben den Zahlen zieht der Ausbildungsreport auch Berichte von Auszubildenden aus dem DGB-Forum "Dr. Azubi" hinzu. In einem Fall berichtet ein angehender Kaufmann für Büromanagement mindestens zwei Tage die Woche nicht im Büro, sondern stattdessen im neuen Burgerrestaurant seines Chefs in der Küche arbeiten zu müssen. Zudem habe er nach einer Überschwemmung den Keller des Chefs putzen müssen. 12,7 Prozent der Auszubildenden müssen häufiger oder sogar immer solche "ausbildungsfernen Tätigkeiten" ausüben. Dabei sind die Unterschiede zwischen verschiedenen Arten der Betriebe groß. Angehende Bankkaufleute müssen fast nie solche Aufgaben erledigen, angehende Friseure aber in fast einem Viertel der Fälle.

Häufiger als solche Verstöße gegen die Ausbildungsverträge sind regelmäßige Überstunden. Knapp ein Drittel der Auszubildenden berichtet davon. Oft werden diese weder vergütet noch durch Freizeit ausgeglichen. "Dagegen helfen nur strengere Kontrollen und eine konsequentere Verfolgung durch die Aufsichtsbehörden", sagt Becker. In schweren Fällen fordert die DGB-Jugend auch häufiger entsprechende Sanktionen bis zum Entzug der Ausbildungsberechtigung. Doch bereits jetzt bilden nur noch wenige Betriebe aus, Hannack spricht von "weniger als einem Fünftel" der Betriebe.

Dieses Problem wird in ihren Augen auch nicht von der Ausbildungsgarantie gelöst, die ab 2024 gelten soll. Stattdessen wäre es laut der DGB-Vizechefin sinnvoller, Ausbildungskosten besser zwischen Betrieben zu verteilen. Dabei müssen dann Betriebe, die nicht ausbilden, in einen Fonds einzahlen. Ausbildungsbetriebe erhalten daraus dann einen jährlichen Zuschuss, um die Mehrkosten zu stemmen. In Bremen ist ein solches Gesetz bereits geplant. Die Kammern klagen allerdings dagegen und kritisieren die Mehrbelastung. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer betont in einer eigenen Ausbildungsumfrage, dass viele Betriebe ausbilden wollten, aber keine Bewerber fänden. Die befragten Betriebe gehen für die Suche nach Auszubildenden einige Bereiche an, die die DGB-Jugend kritisch anführt. So wollen knapp die Hälfte mehr Geld für technische Ausstattung ausgeben. Für Jugendliche, die sich mit der Ausbildung zunächst schwertun, gibt es in knapp einem Drittel der Betriebe auch Nachhilfeprogramme.

In einem Ansatz sind sich DGB und die Kammern zudem einig: Sie fordern mehr Praktika für Schüler. "Es geht darum, einen realitätsnahen Einblick in den Ausbildungsalltag zu bekommen. So können sie sich am Ende bewusst für oder gegen einen Ausbildungsberuf entscheiden", sagt Hannack. Die DIHK schlägt vor, dafür verstärkt die Wochen vor den Sommerferien zu nutzen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusArbeitsmarkt
:Wo wie viele Fachkräfte fehlen

2035 wird es in Bayern 400 000 Arbeitskräfte zu wenig geben, das zeigt eine neue Studie. Gegen den Trend wächst ihre Zahl in München aber: Die statistische Landkarte zeigt ein deutliches Nord-Süd-Gefälle.

Von Catherine Hoffmann

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: