Lauterbach-Pläne:Apotheken ohne Apotheker

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Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach: Der SPD-Politiker legt sich mit vielen an. (Foto: Kay Nietfeld/dpa)

Der Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat große Pläne mit den Apotheken - beim Branchentreff kassiert er dafür Pfiffe und Buhrufe.

Von Angelika Slavik, Berlin/Düsseldorf

Zu den hervorstechenden Eigenschaften von Karl Lauterbach gehört die stete Bereitschaft, sich Gegner zu schaffen. Krankenhäuser und Krankenkassen, Pflegeverbände und Pharmalobbyisten - mit allen hat sich der Bundesgesundheitsminister von der SPD schon angelegt, da macht Lauterbach keine Ausnahmen. In dieser Woche sind es die Apotheker, mit denen er sich Scharmützel liefert.

Die sind seit Langem unzufrieden mit dem Minister, die Vorstöße in Sachen E-Rezept und das Management der Lieferengpässe von Medikamenten ließen es in der Branche rumoren - und die Sache mit der Vergütung. Das Geld, das sie pro ausgegebener Medikamentenpackung bekommen, finden die Apotheker nämlich viel zu gering. 2,7 Milliarden Euro mehr pro Jahr müssten es sein, lautet die Forderung. Um ihren Ärger zu formulieren, haben sie am Mittwoch zum "Apothekertag" geladen, ein Branchentreff im Congress Center in Düsseldorf.

"Wir wissen nicht so genau, was die da in Berlin wollen."

Schon bevor es losgehen konnte, hatte der Bundesgesundheitsminister allerdings mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung über seine Pläne mit den Apotheken gesprochen. Wichtigster Punkt: Es soll künftig möglich sein, Apothekenfilialen zu eröffnen, in denen kein approbierter Apotheker mehr anwesend sein muss. Stattdessen könnten Pharmazeutisch-Technische Assistenten in den Filialen sein, die mittels "Telepharmazie", etwa per Video, mit einem Apotheker der Hauptapotheke verbunden sind. In diesen Zweigstellen müsste es keine Labore geben, auch Nacht- und Notdienste müssten nicht geleistet werden. Entsprechende Gesetzesänderungen sollten noch vor Jahresende in den Bundestag eingebracht werden, so Lauterbach.

Dass man so etwas "aus der Presse" erfahren müsse, empörte dann die Präsidentin des Apothekerverbands Abda, Gabriele Overwiening. "Mit uns hat niemand darüber gesprochen. Mit uns hat sich niemand darüber ausgetauscht", so Overwiening in ihrer Rede beim Apothekertag. Sie nannte die Pläne "völlig verrückt". Die Auswirkungen auf die Versorgungsqualität wären verheerend. "Wir wissen, was wir wollen. Wir wissen nur nicht so genau, was die da in Berlin wollen", sagte Overwienig vor spürbar erhitztem Publikum. Man fühle sich "herabgewürdigt". Overwiening kündigte an, man werde den Minister "zur Rede stellen" - sie erntete Jubel und Applaus. Viele Menschen im Saal trugen Westen mit der Aufschrift: "Apotheken stärken. Jetzt."

Apothekerinnen und Apotheker suchen oft vergeblich nach Personal. (Foto: picture alliance / dpa / Jan Woitas)

Lang mussten sie auf die Konfrontation nicht warten, der Bundesgesundheitsminister wurde gleich im Anschluss per Videoverbindung live zugeschaltet. Er wäre gerne persönlich nach Düsseldorf gekommen, ließ Lauterbach wissen, leider hätten Kabinettssitzung und Haushaltsverhandlungen das verhindert. Er bedaure das, so Lauterbach, angesichts der Stimmung im Saal wäre das bestimmt "ein Erlebnis" gewesen.

Seine Ausführungen im Anschluss wurden dann immer wieder durch Unruhe aus dem Publikum unterbrochen. Lauterbachs Interpretation, dass diese neuen Filialen doch eigentlich eine Chance für die niedergelassenen Apotheken seien, auch um sich gegen den Versandhandel zu behaupten, gewann zumindest an diesem Nachmittag die Herzen nicht.

Dann ging es ums Geld: Ob er denn wirklich denke, dass die Apotheken genug verdienten, lautete eine Frage aus dem Publikum. Er wisse schon, dass die Gewinne zuletzt gesunken seien, sagte Lauterbach, allerdings würde eine Apotheke im Schnitt 166 000 Euro erwirtschaften - Reinertrag, also nach Abzug aller Kosten. Er wisse auch, dass es große Unterschiede zwischen den Apotheken gebe, so Lauterbach. Man werde über die Vergütungsmodelle reden. Im Übrigen wolle er nicht den Eindruck stehen lassen, er würde die Arbeit der Branche nicht zu würdigen wissen. Er sei "persönlich dankbar für alles, was Sie jeden Tag leisten". Am Ende seiner Rede wurde gebuht und gepfiffen.

In zwei Wochen werden die Gespräche fortgesetzt, in Berlin. Sie hoffe, sagt Overwiening zum Abschluss an Lauterbach gerichtet, "dass Sie dann auch anwesend sind".

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