Der US-Onlinehändler Amazon hat einem Bericht der Financial Times (FT) zufolge die Anwesenheit seiner Mitarbeiter in den USA überwacht. Anschließend hat er diejenigen ins Visier genommen, die sich nicht an die Richtlinien für hybrides Arbeiten gehalten haben. Der Konzern sieht sich nun mit Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes konfrontiert. Wie die SZ aus Unternehmenskreisen erfuhr, sind Mitarbeiter in Deutschland nicht betroffen.
Der in Seattle ansässige Tech-Konzern hat dem Bericht zufolge in der vergangenen Woche einige Mitarbeiter in den USA angeschrieben. In der Mail teilt er ihnen mit, dass sie "derzeit nicht unseren Erwartungen entsprechen, an mindestens drei Tagen pro Woche mit Ihren Kollegen im Büro zu sein". Die FT zitiert weiter aus dem Schreiben: "Wir erwarten von Ihnen, dass Sie ab sofort an drei oder mehr Tagen pro Woche ins Büro kommen."
Die E-Mail soll an eine ausgewählte Anzahl von Mitarbeitern verschickt worden seien. Einige von ihnen hätten daraufhin Bedenken wegen des Datenschutzes geäußert. Andere hätten sich beklagt, die E-Mail irrtümlich erhalten zu haben.
Offenbar wurden die Mitarbeiter über ihren Ausweis überwacht
Die FT vermutet, dass die Mitarbeiter überwacht worden seien, indem überprüft wurde, ob sie ihren Mitarbeiterausweis verwendet haben. Amazon hat inzwischen auf die Beschwerden reagiert. Eine Amazon-Sprecherin räumt ein, dass "es Fälle geben kann, in denen wir uns geirrt haben". Das Unternehmen habe "mehrere Schritte" unternommen, um sicherzustellen, dass die E-Mails "an die richtigen Empfänger gehen". Das Schreiben habe an solche Mitarbeiter versendet werden sollen, die sich "in den letzten acht Wochen an weniger als drei Tagen pro Woche angemeldet haben oder in den letzten vier Wochen an drei oder mehr Tagen pro Woche nicht angemeldet waren". Zu den internen Mitteilungen habe sich das Unternehmen nicht äußern wollen.
Amazon und andere Tech-Unternehmen gehören zu einer steigenden Zahl von Arbeitgebern weltweit, die in den vergangenen Monaten ihre Mitarbeiter aufgefordert haben, regelmäßiger ins Büro zurückzukehren. Während der Corona-Pandemie waren viele lange im Home-Office geblieben. Amazons Drei-Tage-Politik begann am 1. Mai. Auch Google erwartet von seinen Mitarbeitern, an drei Tagen in der Woche im Büro zu erscheinen. Das Videokonferenzunternehmen Zoom will, dass Mitarbeiter mit einem Wohnsitz in Umkreis von 80 Kilometern vom Büro, an mindestens zwei Tagen in der Woche persönlich anwesend sind.
Die Verärgerung über die Anwesenheitskontrolle bei Amazon folgt auf einige schwierige Monate für den Einzelhändler. In diesem Jahr kündigte er infolge rückläufiger Konsumausgaben an, fast 30 000 Mitarbeiter zu entlassen. Im März unterbrach das Unternehmen den Bau seines zweiten Hauptsitzes in Arlington, als Teil eines umfassenderen Kostensenkungsprogramms.