Alten- und Krankenpflege:Etliche Verbände möchten Sprachrohr der Pflegekräfte sein

Zugleich sind die Arbeitsplätze in den Heimen ein Grund, weshalb wenige Mitarbeiter rebellieren. Der Anteil der Teilzeitbeschäftigten ist hoch, rund 85 Prozent aller Pflegekräfte sind Frauen. Viele Angestellte sind "Pflegehelfer" oder "Pflegeassistenten" mit einem niedrigen Bildungsabschluss. Sie sind oft Quereinsteiger, die als Zweit- oder Drittberuf das Altenheim wählen. Diesen Mitarbeitern fehlten oft schlicht Informationen über das Arbeitsrecht. Über 70 Prozent der befragten Pfleger gaben an, dass sie bei Problemen zu ihrem Chef gehen würden - nicht zu Außenstehenden. Zu wenig Personal und Zeitdruck, der Patienten und Helfern schade, kritisieren trotzdem die meisten Befragten. Die Verantwortung, daran etwas zu ändern, sehen jedoch fast alle nicht bei sich selbst, sondern beim Staat. 88 Prozent der Pfleger sagten, dass die Politik etwas an den Zuständen ändern müsse. Nur 72 Prozent dachten an ihren eigenen Arbeitgeber.

An die Berliner Politiker treten unterdessen eine Vielzahl von Verbänden heran, die sich alle als Sprachrohr der Pflegekräfte vorstellen. Neben der Gewerkschaft Verdi gibt es da etwa den Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe, den Berufsverband für Altenpflege oder den Deutschen Pflegerat. Der Großteil ihrer Mitglieder sind Krankenhausmitarbeiter. Selbst die Ärztegewerkschaft Marburger Bund hat kürzlich überlegt, um Mitglieder aus der Pflege zu werben. So steht eine ohnehin sehr geringe Zahl von engagierten Pflegekräften einer unübersichtlichen Landschaft aus Verbänden und Vertretern gegenüber.

Verdi bewegt einige Krankenpfleger zum Ausstand

Anfang 2016 hat ein Mitarbeiter eines Trierer Pflegeheims, Markus Mai, zudem eine Landespflegekammer gegründet. Ähnlich wie die Ärztekammern soll dieses Gremium Standards für gute Pflege setzen. Alle Pflegefachkräfte in Rheinland-Pfalz müssen nun einen Mitgliedsbeitrag zahlen und sich in Zukunft an die Beschlüsse der Kammer halten. Auch in vier anderen Bundesländern wird über die Schaffung solcher Kammern diskutiert, Bayern hat eine freiwilliges Gremium geschaffen. Mai arbeitet gerade daran, eine Berliner Repräsentanz aufzubauen, die Bundespflegekammer heißen soll. "Ich sehe keine andere Möglichkeit, wenn sich die Pflege aus dem Sumpf ziehen will", sagt Mai. "Wenn wir auf andere warten, sind wir verloren." Mai meint die Gewerkschaften.

Verdi organisiert zur Zeit Streiks für Krankenpfleger. In der Berliner Charité haben sie im September eine Woche gestreikt, an diesem Mittwoch sind bundesweit erneut sechs Kliniken im Ausstand. Wichtig seien Notdienstregelungen, sagt Verdi-Sprecherin Astrid Sauermann, damit ganze Abteilungen gesperrt werden und nicht Patienten darunter leiden. Auch für die Altenheime habe man Pläne gemacht, sagt sie. An einem Nachmittag im November sollen die Pfleger in ihrem Haus eine Menschenkette bilden.

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