Allianz:Wenn IT-Probleme teuer werden

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Die Allianz hat seit Jahren große IT-Probleme. Ein Grund ist das Festhalten an einer Software, die bei vielen Experten als veraltet gilt. (Foto: imago images/STPP)

Die IT der Versicherungsgruppe Allianz ist mangelhaft - so die Beurteilung der Finanzaufsicht. Nun droht dem Unternehmen eine Forderung von fast zwei Milliarden Euro.

Von Herbert Fromme, Köln

Die Allianz muss nach SZ-Informationen mit einer Forderung der Finanzaufsicht Bafin in Milliardenhöhe rechnen. Die Aufsichtsbehörde hat den Zustand der IT des Versicherers geprüft und für ungenügend befunden, ebenso bei zwei weiteren Versicherern. In solchen Situationen will die Bafin ab sofort Kapitalaufschläge erheben und die Namen der betreffenden Gesellschaften veröffentlichen.

Auf Nachfrage sagte ein Sprecher der Bafin nur: "Wir können uns nicht zu einzelnen Gesellschaften äußern." Die Allianz war ebenfalls nicht auskunftsfreudig. "Hierzu beziehen wir keine Stellung", teilte eine Sprecherin mit. "Wir sind jedoch jederzeit bestrebt, alle behördlichen und regulatorischen Anforderungen zu erfüllen."

Das Solvenzkapital der Allianz, das sie für die Übernahme von Risiken aus Versicherungsverträgen und aus Kapitalanlagen vorhält, belief sich Ende 2022 auf 38,8 Milliarden Euro. Sollte der Aufschlag kommen und fünf Prozent betragen, wie von der Bafin bei früherer Gelegenheit angedeutet, müsste der Versicherer das Solvenzkapital um 1,94 Milliarden Euro aufstocken.

Das wäre ein empfindlicher Schock für den Konzern und sein Renommee bei Investoren und Kunden. Konzernchef Oliver Bäte versucht seit Jahren, die Allianz als High-Tech-Unternehmen darzustellen, das durch schnelle Digitalisierung technisch auf Augenhöhe mit Internetgiganten wie Amazon kommen will.

Erst vor Kurzem musste die Allianz mit einem großen Skandal in den USA fertigwerden, der Geldstrafen und Schadenersatzzahlungen von knapp sechs Milliarden Dollar mit sich brachte. Außerdem darf die Investmenttochter AGI zehn Jahre lang keine Fonds in den USA verkaufen. Mit einem operativen Rekordergebnis und einer höheren Dividende für das Jahr 2022 versuchte der Konzern, den Skandal in den Hintergrund zu drängen. Die Mängel in der IT dürften das Ansehen der Gruppe bei Investoren deutlich schwächen.

IT wird nun strenger kontrolliert

Im Dezember 2022 hatte die Bafin zum ersten Mal eine neue Gangart bei der Beurteilung der IT angekündigt. Unter den EU-Aufsichtsregeln Solvency II sollen die Eigenmittel von Versicherern ausreichend sein, um die Risiken abzudecken. Die Bafin sieht schlechte Zustände bei der IT als weiteres Risiko und will deshalb vorübergehende Kapitalzuschläge erheben. Das versteht die Aufsicht nicht als Geldstrafe, sondern als Risikopuffer.

Im Februar 2023 hatte Frank Grund, Chef der Versicherungsaufsicht bei der Bafin, im Interview mit der SZ das Vorgehen bestätigt: "Wir legen großen Wert darauf, dass die Sicherheitsmaßnahmen auf der Höhe der Zeit sind." Die Aufsicht habe einige Prüfungen vorgenommen. "Das Ergebnis ist recht ernüchternd."

Im Falle Allianz mehren sich in jüngster Zeit die Berichte über akute IT-Probleme. So berichtete das Handelsblatt, die Bafin habe von der Gruppe dringend eine Straffung der IT-Struktur verlangt, die aktuell in vielen verschiedenen Einheiten betrieben wird.

Die Allianz hat seit Jahren große IT-Probleme. Ein Grund ist das Festhalten des Konzerns an einer einst bei der österreichischen Tochter programmierten Software, die bei vielen Experten als veraltet gilt. Doch statt die Programme zu ersetzen, versuchte der Konzern, sie anderen Versicherern anzubieten. Das 2018 begonnene Projekt scheiterte: Kaum ein Konkurrent war bereit, seine Daten von einem von der Allianz betriebenem und veralteten System verwalten zu lassen. Im April 2022 wurde das Projekt beendet.

Auch der mit hohem Aufwand entwickelte europäische Direktversicherer Allianz Direct kommt in Deutschland nicht in Schwung. Jetzt soll eine Kooperation mit dem einst verpönten Vergleichsportal Check24 das Projekt retten.

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