München:Kühe anbinden? Bauern gegen Druck von Molkereien

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München (dpa) - Um die Erzeugung von Milch droht neuer Streit. Molkereien in Bayern und Baden-Württemberg wollen erreichen, dass Milchkühe nicht mehr ganzjährig im Stall angebunden sind. In einem gemeinsamen Papier erklärten fünf Molkerei-Verbände aus beiden Ländern zum Ziel, die "Umstellung der ganzjährigen Anbindehaltung hin zu einer Laufstall- beziehungsweise Kombinationshaltung bis zum Ende der nächsten Dekade" - das bedeutet bis 2030 - "mit allen Kräften zu unterstützen". Kühe sollten in Laufställen gehalten werden, da dies den Tieren besser gerecht werde. "Mittelfristig ist diese Haltungsform flächendeckend anzustreben", heißt es in dem Papier.

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München (dpa) - Um die Erzeugung von Milch droht neuer Streit. Molkereien in Bayern und Baden-Württemberg wollen erreichen, dass Milchkühe nicht mehr ganzjährig im Stall angebunden sind. In einem gemeinsamen Papier erklärten fünf Molkerei-Verbände aus beiden Ländern zum Ziel, die „Umstellung der ganzjährigen Anbindehaltung hin zu einer Laufstall- beziehungsweise Kombinationshaltung bis zum Ende der nächsten Dekade“ - das bedeutet bis 2030 - „mit allen Kräften zu unterstützen“. Kühe sollten in Laufställen gehalten werden, da dies den Tieren besser gerecht werde. „Mittelfristig ist diese Haltungsform flächendeckend anzustreben“, heißt es in dem Papier.

„Es geht um das Tierwohl“, sagt Carolin Babl, Geschäftsführerin des Verbandes milch.bayern, in dem die meisten Molkereien im Freistaat Mitglied sind. „Wir wollen Konzepte und Lösungen finden, um eine Umstellung zu unterstützen.“

Die Bauern sind alarmiert. Eine solche Anforderung könne das Aus gerade für kleine Familienbetriebe bedeuten, sagt der Präsident des Bayerischen und Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes, Walter Heidl, der Deutschen Presse-Agentur. Zwar hätten 50 Prozent der Höfe ganzjährige Anbindehaltung, das betreffe aber nur 30 Prozent der Kühe. Das zeige, dass vor allem kleinere Betriebe ihre Tiere im Stall noch anbinden. „Ich behaupte, dass gerade in den kleineren Betrieben der Umgang der Bäuerinnen und Bauern mit den Tieren ein guter ist.“ Hier habe jede Kuh noch einen Namen, die persönliche Betreuung der Tiere stehe im Vordergrund.

Politisch war vor einigen Jahren über die Anbindehaltung gestritten worden. Am Ende gab es keinen fixen Termin für den Ausstieg. Werden Ställe neu gebaut, sind es Laufställe. Dafür gibt es staatliche Fördergelder. „Die Anbindehaltung ist keine Haltungsform der Zukunft, aber ich lehne ab, dass man die Entwicklung mit einer Frist übers Knie bricht - und man denen, die noch mit Anbindehaltung wirtschaften, den Stuhl vor die Tür stellt“, sagt Heidl. Laut dem Funktionär planen einzelne Molkereien Verträge, über die Bauern mit Anbindehaltung schlechter gestellt werden könnten, wenngleich nach Molkerei-Angaben derzeit keine preisliche Unterscheidung geplant ist.

Dem Papier der Molkereien zufolge sollten die zuständigen Landesministerien verbesserte Fördermaßnahmen zur Verfügung stellen. Möglich seien neben Laufställen Lösungen einer Kombinationshaltung wie Laufhöfe, in denen die Tiere vor dem Stall Auslauf haben, oder eine Weidehaltung zumindest für einen Teil des Jahres.

Das wird laut Heidl teils schon umgesetzt. Etwa ein Fünftel der 15 000 Betriebe mit Anbindehaltung habe eine Laufmöglichkeit. Wenn Tiere gemolken werden müssten, sei es allerdings aufwendig, die Tiere dazu zweimal am Tag in den Stall zu holen und zu fixieren. „Wir dürfen nicht zulassen, dass innerhalb von 10 oder 15 Jahren die Ställe zugesperrt werden müssen“, sagte Heidl. „Bei der Modernisierung reden wir über Investitionen im sechs- oder siebenstelligen Bereich, die für ein ganzes Berufsleben entscheidend sind.“

Es gebe auch keine Gewähr, dass der Milchpreis, der derzeit bei etwa 36 Cent je Liter liege, auf dem Niveau bleibe. In der Milchkrise hätten schon viele Betriebe aufgeben müssen - vor allem kleine.

Die agrarpolitische Sprecherin der Grünen im bayerischen Landtag, Gisela Sengl, begrüßte das Positionspapier der Molkerei-Verbände. „Die greifbarste Unterstützung ist ein angemessener Preis für ein qualitativ hochwertiges Produkt“, sagte sie. Bauernverband und CSU-Landwirtschaftsministerium hätten die Umstellung von der Anbinde- zur Laufstallhaltung weder gefordert, noch gefördert, kritisierte Sengl. „Jetzt sind es letztlich die Verbraucherinnen und Verbraucher, die über die Molkereien Druck auf die Landwirte ausüben und Wohl und Würde der Kühe ins Blickfeld rücken.“

Dem hielt das Agrarministerium entgegen, dass Bayern seit 2008 die erstmalige Umstellung auf Laufstallhaltung bei Milchkühen mit rund 370 Millionen Euro unterstützt habe. Allein in den beiden vergangenen Jahren seien knapp 300 Maßnahmen zur Umstellung auf Laufstallhaltung bewilligt worden. „Einer aktuellen Untersuchung zufolge wurden in den Jahren 2010 bis 2016 damit insgesamt 86 000 Laufstallplätze geschaffen, also im Schnitt pro Jahr etwa Plätze für 12 000 Tiere“, hieß es. Aus verschiedenen Töpfen stünden dafür Gelder zur Verfügung.

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