Agrar - Bad Langensalza:Empörung über Verkauf von Agrar-Unternehmen an Aldi-Stiftung

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Erfurt (dpa/th) - Thüringens ehemaliger Bauernpräsident Klaus Kliem hat seine Agrargesellschaft Adib, die einige Tausend Hektar bewirtschaftet, an ein Unternehmen einer Aldi-Familienstiftung verkauft. Die Transaktion sei kürzlich erfolgt, sagte der Sprecher von Aldi Nord, Florian Scholbeck, am Donnerstag auf Anfrage. Er bestätigte damit einen Bericht von MDR Thüringen. Die Adib-Gruppe mit Hauptsitz in Bad Langensalza ist einer der größten Agrarbetriebe in Thüringen.

Ihr Verkauf an die Boscor Land- und Forstwirtschafts GmbH, die zur Lukas-Stiftung der Familie von Theo Albrecht gehört, stieß in Thüringen auf massive Kritik. Mehrheitsgesellschafter von Adib ist die Familie von Kliem, der mehr als zwei Jahrzehnte Thüringens Bauernpräsident war. Eigentlich wollte die rot-rot-grüne Regierungskoalition die Übernahme von Äckern und Weiden durch Großinvestoren verhindern. Noch fehlt aber das dafür angekündigte Gesetz.

Weder zu dem Verkauf noch zur Größe der Firma und der bewirtschafteten Fläche wollten Mitarbeiter der Adib GmbH auf Anfrage Angaben machen. Kliem war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen. Nach eigenen Angaben hat die Gruppe derzeit etwa 270 Mitarbeiter - in der Vergangenheit wurden bis zu 350 Beschäftigte genannt.

Nach Angaben des Sprechers von Aldi Nord ist nicht geplant, das Thüringer Agrar-Unternehmen als Lieferanten für das Discountgeschäft aufzubauen. "Das schließe ich aus", sagte Scholbeck. Die Familienstiftung habe begonnen, in die Landwirtschaft zu investieren. "Sie hat damit ein Interesse, dass sich der Betrieb in Thüringen gut entwickelt. Das ist ein wirtschaftlicher Betrieb, aber es geht nicht um gnadenlose Gewinnmaximierung." Zum Kaufpreis machten weder er noch Adib Angaben.

Thüringens Landwirtschaftsminister Benjamin-Immanuel Hoff (Linke) sieht Probleme durch eine Konzentration von Marktmacht in den Händen weniger Unternehmen und den Preisanstieg für Agrarflächen. Dass gerade der heutige Ehrenpräsident des Thüringer Bauernverbandes gemeinsam mit seinen Gesellschaftern der Adib GmbH das Unternehmen mit allen Töchtern und etwa 6000 Hektar Landwirtschaftsfläche letztlich an einen Discounter verkaufe, sei unverantwortlich, so Hoff. Zumal Aldi seine Marktmacht seit Jahren zum Nachteil von Bauern ausspiele.

Enttäuscht äußerte sich auch der Thüringer Bauernverband, der gleichzeitig auf Verdienste von Kliem in der Vergangenheit verwies. Hoff erklärte, von einem langjährigen Bauernverbandspräsidenten habe er erwartet, "dass er die Bedürfnisse des Thüringer Bauernstandes mit seinen privaten Gewinninteressen in Ausgleich bringt".

Die Aktion zeige die Bedeutung des geplanten Thüringer Agrarstrukturgesetzes, um Preisspekulationen mit landwirtschaftlichen Flächen zu erschweren und heimische Betriebe zu stärken. Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft forderte Tempo bei der Regulierung des Bodenmarktes. Nötig seien Genehmigungsverfahren, eine Ausschreibungspflicht und ein Vorkaufsrecht für bäuerliche Betriebe vor Investoren.

Der Agrarpolitiker der CDU-Landtagsfraktion, Marcus Malsch, sieht jetzt Hoff im Zugzwang. Seit zwei Jahren würde ein Agrarstrukturgesetz angekündigt. "Hier muss Landwirtschaftsminister Hoff endlich liefern."

Nach MDR-Informationen hat die Transaktion ein Volumen von rund 40 Millionen Euro - darin enthalten sei auch die Übernahme von Altschulden in Millionenhöhe, berichtete der Sender. Die Adib GmbH würde um Bad Langensalza rund 4000 Hektar Fläche bewirtschaften, von der ihr 1500 Hektar gehörten, der Rest sei gepachtet. Zu dem Thüringer Agar-Unternehmen gehörte auch die Dröbitschauer Agrargesellschaft in Ostthüringen mit 1800 Hektar. Alle rund 60 Gesellschafter der Adib hätten dem Verkauf zugestimmt, berichtete MDR Thüringen.

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