Rechtskolumne:Training zu Hause: Wie laut darf Sport sein?

Lesezeit: 3 Min.

Die Dehnübung auf der Matte wird die Nachbarn nicht stören, Seilspringen, Tischtennis oder ein quietschender Stepper möglicherweise schon - erst recht, wenn man sich nicht an die Ruhezeiten hält. (Foto: DGLimages/imago/Panthermedia)

Joggen im Wohnzimmer, Tischtennis spielen auf der Terrasse, Kicken im Garten: Für die Nachbarschaft kann das ganz schön laut werden. An welche Regeln man sich halten muss.

Von Eva Dignös

Schach ist Sport, keine Frage. Unter Lärmschutzaspekten sollte das vielleicht noch häufiger betont werden. Denn Ruhestörung ist kaum zu befürchten vom Verschieben der weißen und schwarzen Figuren. Und vom Denken vor dem Zug erst recht nicht. Für die meisten übrigen sportlichen Aktivitäten in Wohnzimmer und Garten fällt die Muskelaufbaubilanz zwar besser, die Lärmbilanz hingegen schlechter aus. Das Gerenne auf dem Laufband, die Sprünge auf dem Trampolin, das Tick-Tock-Tick-Tock des Tischtennisballs oder der Torjubel des E-Jugend-Nachwuchses beim Gartentraining können selbst sportbegeisterte Nachbarn durchaus stören. Doch wer muss auf wen Rücksicht nehmen? Und gibt es Lärm-Grenzwerte für Freizeitsport?

Sport zu Hause, das war ein Phänomen der Pandemie-Lockdowns, und viele Menschen halten auch danach daran fest. Schließlich hat man sie ja immer noch herumstehen, die Hanteln, Stepper, Tischtennisplatten, Rollentrainer und Laufbänder, die angeschafft wurden, weil die Fitnessstudios geschlossen waren. Den Nachbarn wäre weniger Eifer vermutlich lieber. Denn das Training ist nicht nur mit Schweiß, sondern oft auch mit Geräuschen verbunden.

Zum Problem wird das, wenn die Geräusche als Lärm wahrgenommen werden, und das ist qua Definition der Fall, wenn sie laut und vor allem unerwünscht sind. Die Abgrenzung ist eine sehr relative Angelegenheit. Im Einfamilienhauskeller wird Step-Aerobic kaum Lärm verursachen, in der Altbauwohnung mit Holzfußboden schon. Und die kickenden Kinder in Nachbars Garten stören vermutlich weniger, wenn die eigene Tochter mitspielt. Auch unabhängig von persönlicher Beteiligung oder baulichen Gegebenheiten haben Menschen ein ganz unterschiedliches Lärmempfinden. Was der eine kaum wahrnimmt, macht den anderen fix und fertig, weil er sich gegen die Sinneseindrücke nicht wehren kann.

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"Lärm steht ganz oben bei den Nachbarschaftsstreitfällen", sagt Detlef Stollenwerk, Verwaltungsfachwirt und Experte für Nachbarrecht aus Andernach in Rheinland-Pfalz. Ob Rasenmäher, Schlagzeug oder Sport - die Geräuschquelle ist für die Rechtslage unerheblich. Wichtiger Orientierungsrahmen für ein friedliches Miteinander sind die behördlich vorgegebenen Ruhezeiten. Festgelegt werden sie von den Bundesländern und Gemeinden, meistens sehen sie eine Nachtruhe zwischen 22 und sechs Uhr vor, manchmal auch eine Mittagsruhe zwischen 13 und 15 Uhr. Bei Mehrfamilienhäusern kann es zusätzliche Vorgaben in der Hausordnung geben.

In der Ruhezeit sollten Geräusche in den eigenen vier Wänden bleiben und nicht bis zum Nachbarn schallen - die berühmte "Zimmerlautstärke". Ein Freibrief für die übrige Zeit des Tages ist das nicht. Entscheidend sei, ob der Lärm eine "wesentliche Beeinträchtigung" darstelle, sagt Stollenwerk. Das müsse man nicht hinnehmen und könne man mithilfe einer Lärmmessung prüfen lassen. "Entscheidend ist immer, was beim Nachbarn ankommt, dort wird gemessen", sagt Stollenwerk.

Informationen über die zulässigen Grenzwerte bekommt man bei seinem Ordnungsamt. Dort können auch Ruhestörungen gemeldet werden. Als mögliche Ordnungswidrigkeit verfolgt würden sie allerdings nur, "wenn nicht nur ein einzelner Nachbar betroffen ist, sondern ein größerer Personenkreis", sagt der Nachbarrechtsexperte. Ansonsten bleibe - sofern man keine gütliche Einigung finde - nur der Weg der Privatklage. Dann ist ein Gutachten erforderlich, manche Richter machten sich auch selbst vor Ort ein Bild, sagt Stollenwerk, der verschiedene Fachbücher zum Nachbarrecht geschrieben hat.

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Himmel für die einen, Hölle für die anderen ist ein Sportverein mit Fußballplatz, Hockeyfeld oder Tennisanlage in der Nachbarschaft. Nicht die Mannschaftssportarten würden dabei interessanterweise als besonders störend empfunden, sondern das stundenlange Ball-Geploppe beim Tennis, erzählt Stollenwerk, "da gibt es oft Beschwerden". Für Sportanlagen existiert eine eigene Lärmschutzverordnung. Sie enthält detaillierte Grenzwerte, legt Ruhezeiten fest und "soll einen Ausgleich schaffen zwischen den unterschiedlichen Interessen, denen der Nachbarn und denen der Sporttreibenden". Ansprechpartner bei Ruhestörungen sind die Umweltschutzbehörden oder die Schul- und Sportämter der Kommunen.

Geräusche von Kindern, die auf dem Bolzplatz kicken, sind übrigens kein Lärm - zumindest nicht im Sinne des Gesetzes. "Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, sind im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung", heißt es im Bundesimmissionsschutzgesetz. Ein Freibrief ist das trotzdem nicht: Bei öffentlichen Spiel- oder Bolzplätzen kann die Kommune beispielsweise Uhrzeiten und Alter reglementieren, damit nicht bis spät in den Abend die Bälle fliegen.

Und im privaten Bereich bewährt sich die gute, alte Rücksichtnahme, die man durchaus auch schon Kindern nahebringen kann, je älter sie sind, umso mehr. Sportliches Fair Play eben, auf und neben dem Platz.

Die Autorin hat etwas gegen Stürme im Wasserglas. (Foto: Bernd Schifferdecker (Illustration))
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