Guter Jahrgang
Wenn es um Wein geht, hat der Name der Familie Antinori ein gutes Gewicht. Mitverantwortlich dafür war die Erfindung des Spitzenrotweins Tignanello vor genau 50 Jahren. Dieser damals revolutionär anders "designte" Wein brach mit den bisherigen Regeln der italienischen Winzer und läutete ein ganz neues Kapitel für den Weinbau in der Toskana ein - die neuen "Supertoskaner" wurden aus verschiedenen Sorten assembliert, nach französischem Vorbild im Barrique ausgebaut und machten Spitzenbewertungen und Spitzenpreise für italienische Rotweine möglich.
Der 50. Geburtstag des Tignanello wird im Mai am Familiensitz der Marchesi Antinori in Florenz begangen, wie es sich für ein geschätztes Familienmitglied gehört: mit einer großen Party und prominenten Gästen. Die dazugehörigen Geburtstagsgeschenke bekommt allerdings die Stadt Florenz, zu deren Oberschicht sich die Familie seit dem 13. Jahrhundert zählt. Rund um die Tignanello-Feierlichkeiten verkündete das Haus nämlich, dass man die Restaurierung der Fassaden des Ponte Vecchio sponsern werde. Die Brücke über den Arno ist eines der touristisch umlagerten Wahrzeichen der Stadt und wurde in seiner jahrhundertelangen Geschichte noch nie konservierend restauriert. Das ehrenvolle Engagement des Weinadels reiht sich ein in eine Liste ähnlicher Initiativen von Luxusmarken - auch Tod's und Diesel initiierten etwa in der Vergangenheit werbewirksamen Denkmalschutz. Guter Geschmack verpflichtet eben.
Ziemlich demokratische Mode
Während Amerika und die Welt noch darauf warten, dass sich Taylor Swift in die US-Wahl einmischt, haben Johnny Talbot und Adrian Runhof für die Europawahl am 9. Juni bereits vorgelegt - mit einem "Vote"-Kleid. Die beiden Münchner Designer, die sonst bevorzugt deutsche Promis für Filmpremieren und Gala-Events einkleiden, bleiben ihrem festiven Stil treu, sie haben ein Bustier-Abendkleid entworfen. Die Genese allerdings war diesmal sehr anders als sonst. Talbot Runhof haben sich mit dem Münchner Upcycling-Atelier Bellevue Couture zusammengetan, das wiederum zum Sozialprojekt Bellevue di Monaco gehört. Die Europa-Robe ist aus Stoffresten aus dem Atelier von Talbot Runhof gefertigt, der Schriftzug "Vote" wurde auf das Patchwork des Oberteils zusätzlich aufgesetzt. Die beiden Designer wollen so daran erinnern, dass "je mehr Bürgerinnen und Bürger wählen gehen, desto wehrhafter unsere Demokratie ist", wie es in einer Pressemitteilung heißt. "Eine hohe Wahlbeteiligung ist heute wichtiger denn je." Recht haben sie. Das Europakleid kann man aber trotzdem nicht bestellen. Es handelt sich um ein Einzelstück.
Ärger im Luxusparadies
Gerade als der Satz "voll tote Hose in der Modewelt momentan" ausgesprochen war, wurde man ratzfatz eines Besseren belehrt. Anfang der Woche spekulierte die Branchenseite Business of Fashion, ob Designer Hedi Slimane womöglich auf dem Absprung bei Celine sei, die Konkurrenz von Women's Wear Daily sprach mit Giorgio Armani über mögliche Verkaufs- oder Nachfolgeoptionen (Wackelpudding-Fazit: "Ich schließe nichts aus"), und dann legten einige Häuser äußerst denkwürdige Quartalszahlen vor. Ok, doch ganz schön was los.
Der Reihe nach: Slimane ist der talentierteste Kontrollfreak der Branche, er kann einen guten Look meilenweit riechen, vorzugsweise von seinem Domizil in Saint-Tropez aus, und den dann so präzise durchdeklinieren, dass er quasi unvermeidlich erscheint. Unter ihm wuchs Celine beachtlich, allerdings sollen Gehalt wie Gschiss mit ihm irrwitzig hoch sein. Deshalb scheint sich LVMH sehr genau zu überlegen, ob sie sich den Mann noch leisten will - zumal der große Luxusboom erst mal vorbei ist. Der Umsatz des Konzerns wuchs "nur" noch um zwei Prozent. Bei Kering wiederum fiel er um rund zehn Prozent, was vor allem an einem Minus von 21 Prozent beim Flaggschiff Gucci liegt, das sich - da wurde es selbst Analysten kurz mal flau in der Doppel-G-Gürtel-Region - im ersten Halbjahr noch auf 40 bis 45 Prozent ausweiten könnte, so Kering. Das sind dunkelrote, wenn nicht sogar ancoraterote Zahlen.
Klar, es wurde zwar ordentlich Marketing betrieben, aber viele Kunden müssen trotzdem erst mal mitbekommen, dass da jetzt neue Sachen von einem Designer namens Sabato de Sarno in den Regalen liegen. Aber offensichtlich sind vor allem die Chinesen von den ersten Kollektionen nicht überzeugt, zu teuer ist ihnen die Marke nach satten Preiserhöhungen wohl auch. Kritiker ätzen bereits, de Sarno sei die neue Frida Giannini, die bei Gucci damals auf Tom Ford folgte und als eher kleines Licht in Erinnerung geblieben ist. Noch viel schlimmer wirkt das Ganze, weil Hermès weiter um 17 Prozent wuchs und Miu Miu seine eh schon steil gestiegenen Umsätze noch einmal um 89 Prozent anheizen konnte. Neunundachtzig! Der Boom ist wohl doch nicht überall vorbei.
Sommerlüftchen
Bloß kein Cannabis in Biergärten, auf Volksfesten - aber bis Ibiza reicht der lange Arm bayerischer Behörden dann doch nicht. Der spanischen Insel, einer früheren Hippie-Hochburg (heute heißt der Stil Boho-Chic), sagt man ein relativ entspanntes Verhältnis zu rauschhaften Zuständen jeder Art nach. Eigentlich logisch, dass Loewe sein neues Parfum aus der mediterranen "Paula's Ibiza"-Linie mit beschwingten Sätzen bewirbt. Beispiel: "Inspiriert von der Spiritualität der Insel und den Freuden der Psychedelika." Was den Duft betrifft, Cosmic kombiniert fruchtige und holzige Nuancen mit vanilligem Amber und etwas Kokosaroma. Und der Glasflakon mit Farbverlauf erinnert an die gute alte Batiktechnik. Aber alles natürlich in Edel, das gilt auch für den Preis (100 ml ab 130 Euro, loewe.com).