Vorläufiger Kader für die Fußball-WM:Khedira und vier Neue dabei, Gomez und Kruse raus

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Joachim Löw beruft Sami Khedira und Miroslav Klose in den vorläufigen Kader für die WM in Brasilien. Auch die Neulinge Leon Goretzka, Max Meyer, Erik Durm und Kevin Volland stehen auf der Liste des Bundestrainers. Mario Gomez und Max Kruse müssen zu Hause bleiben.

Natürlich kommt einem jetzt zwangsläufig das Bild eines Castings in den Sinn: Der Bundestrainer als Juror, die Nationalspieler als Kandidaten. Nur noch etwas mehr als vier Wochen bleiben bis zum Start der Fußball-WM - und so musste Joachim Löw an diesem Donnerstag eine Vorauswahl treffen. Wer darf mit ins Trainingslager nach Südtirol? Wer soll kommende Woche in Abwesenheit aller Münchner und Dortmunder das Länderspiel gegen Polen bestreiten? Diese und weitere Fragen beantwortete Deutschlands oberster Fußballehrer eindeutig.

Für Mario Gomez, René Adler und Max Kruse wird es in diesem Jahr nichts - sie bekamen "kein Foto" vom Bundestrainer. Für ein halbes Dutzend Frischlinge beginnt dagegen urplötzlich ein echtes Abenteuer. Löw hat bei der Bekanntgabe des vorläufigen WM-Kaders das Maximum von 30 Spielern ausgeschöpft. Das Schaulaufen für die Endrunde in Brasilien (12. Juni bis 13. Juli) ist damit aber nicht beendet, eigentlich geht das Gerangel jetzt erst los.

In den 25 Tagen bis zur endgültigen Meldung am 2. Juni dürfen sich im Schalker Max Meyer (18), seinem Klubkollegen Leon Goretzka (19), Erik Durm (21/Borussia Dortmund), Kevin Volland (21/1899 Hoffenheim) Shkodran Mustafi (22/Sampdoria Genua) und André Hahn (23/FC Augsburg) gleich sechs Spieler ohne jeden Länderspiel-Einsatz Hoffnungen auf die WM-Teilnahme machen, auch wenn noch sieben Profis gestrichen werden müssen. Im "Spiel der jungen Gesichter" (Löw) am kommenden Dienstag in Hamburg gegen Polen kriegen sie mit Ausnahme von Durm eine Bewährungschance.

Kader-Nominierung des DFB im SZ-Ticker
:Mit scharfer Soße an den Zuckerhut

Joachim Löw hat gesprochen, die Fußballnation ist verblüfft: Im vorläufigen WM-Kader der Nationalelf stehen 30 Spieler, aber nur zwei richtige Stürmer. Dafür ist Kevin Großkreutz dabei, der sich Gedanken über seine Ernährung in Brasilien machen sollte - ob es beim DFB auch Kebap gibt? Die Nominierung in der Nachlese.

Von Saskia Aleythe und Jonas Beckenkamp

Diese bleibt dem seit Wochen verletzten Torjäger Gomez ("Hässlichste Saison meiner Karriere"), dem in der Rückrunde lange Zeit formschwachen Stürmer Kruse und dem im Hamburger Abstiegsstrudel aus der Bahn geratenen Torhüter Adler verwehrt. Löw teilte ihnen am Mittwochabend mit, dass sie durchs Raster gefallen sind. "Wir haben die Entscheidung für diesen Kader aus absoluter und voller Überzeugung getroffen", erklärte der 54-Jährige: "Hinter jedem dieser Namen steht ein klares Ja."

Bei Gomez habe er Bedenken gehabt, "ob Mario in der Lage ist, unter diesen Bedingungen körperlich zu bestehen." Die Nationalmannschafts-Karriere des Italien-Legionärs sei aber "auf keinen Fall beendet". Das Wort "Titel" vermied Löw bei der 45-minütigen Kaderpräsentation in der Verbandszentrale in Frankfurt/Main.

Auch die Verkündung der Namen durch DFB-Stadionsprecher Andreas Wenzel verlief ohne großes Brimborium. Ein klarer Unterschied zu den Vorjahren und ein klares Zeichen, denn in der Vorbereitung soll ausschließlich konzentriert und fokussiert gearbeitet werden. Das bisher unter ihm übliche Regenerations-Trainingslager mit den Frauen strich der Bundestrainer bereits.

Grafik zum WM-Kader
:Puzzle mit Welttorhüter und einigen Fragezeichen

Bundestrainer Joachim Löw vertraut für Brasilien auf Routiniers, Nachwuchskräfte - und einige Lädierte. Das Gerüst bilden Münchner und Dortmunder, doch im Aufgebot befinden sich auch Überraschungen. Steckbriefe zu allen WM-Spielern für die Reise nach Brasilien.

Form und Fitness seien für ihn die ausschlaggebenden Kriterien bei der Berufung des Kaders gewesen, betonte Löw: "Aber es gibt keine Regel ohne Ausnahme." Diese machte er wie angekündigt für Mittelfeldspieler Sami Khedira, der nach seinem Kreuzbandriss soeben erst in den Kader von Real Madrid zurückgekehrt ist.

"Seine Persönlichkeit innerhalb der Mannschaft ist für uns unverzichtbar", erklärte Löw die Nominierung und damit möglicherweise auch einen Unterschied zum Fall Gomez: "Ich habe bisher ganz, ganz wenige Spieler gesehen, die so konsequent und zielstrebig in der Reha gearbeitet haben. Sami hat für dieses eine Ziel alles zurückgestellt und er wird es körperlich auf jeden Fall schaffen."

Überhaupt sei die Einstellung seiner Spieler zuletzt vorbildlich gewesen. "Den Weckruf im März haben offenbar einige verstanden", erklärte er: "Viele Spieler sind in einer besseren Form als im März. Die Situation hat sich ein bisschen zu unseren Gunsten verändert." Dennoch ging der Bundestrainer bei seiner Nominierung auf Nummer sicher und berief den größtmöglichen vorläufigen Kader. Die endgültigen 30 Namen dieser ersten Phase müssen erst am Dienstagnacht, rund eine Stunde nach dem Polen-Spiel, an den Weltverband übermittelt werden.

Reaktionen zum vorläufigen WM-Kader
:"Das ärgert mich unendlich!"

Bundestrainer Joachim Löw muss bei seiner Kaderverkündung einiges erklären. Bei Sami Khedira macht er eine Ausnahme - Mario Gomez zeigt sich über seine Nichtberücksichtigung enttäuscht, trotzdem wünscht er den Kollegen Glück. In Freiburg ist die Freude groß.

Die Stimmen im Überblick

Änderungen sind bis dahin theoretisch noch möglich. Am Mittwoch will Löw dann verkünden, welche 25 oder 26 Spieler vom 21. bis 31. Mai mit ins Trainingslager nach Südtirol fahren. Die übrigen bleiben auf Abruf. Der endgültige 23er-Kader muss am 2. Juni gemeldet werden. Im Tor entschied sich Löw bereits fix für das Trio Manuel Neuer, Roman Weidenfeller und Ron-Robert Zieler. Der Mönchengladbacher Marc-André ter Stegen darf wie Christian Günter, Oliver Sorg (beide Freiburg), Sebastian Jung (Frankfurt), Maximilian Arnold (Wolfsburg), Christoph Kramer (Mönchengladbach) und Sebastian Rudy (Hoffenheim) zumindest gegen die Polen ran.

In der Abwehr steht auch der im März debütierende Freiburger Matthias Ginter im vorläufigen WM-Aufgebot, im Mittelfeld ist der Leverkusener Lars Bender dabei, sein zuletzt verletzter Zwillingsbruder Sven (Dortmund) aber nicht. Aus dem regelmäßig nominierten HSV-Trio blieb nur Marcell Jansen übrig, neben Adler fiel auch Heiko Westermann durchs Sieb. Den größten Block stellen die Bayern (sieben) vor Dortmund (sechs).

Das 30-köpfige vorläufige Aufgebot:

Tor: Manuel Neuer (Bayern München), Roman Weidenfeller (Borussia Dortmund), Ron-Robert Zieler (Hannover 96)

Abwehr: Jérôme Boateng (Bayern München), Erik Durm (Borussia Dortmund), Matthias Ginter (SC Freiburg), Kevin Großkreutz (Borussia Dortmund), Benedikt Höwedes (Schalke 04), Mats Hummels (Borussia Dortmund), Marcell Jansen (Hamburger SV), Philipp Lahm (Bayern München), Per Mertesacker (FC Arsenal), Shkodran Mustafi (Sampdoria Genua), Marcel Schmelzer (Borussia Dortmund)

Mittelfeld: Lars Bender (Bayer Leverkusen), Julian Draxler (Schalke 04), Leon Goretzka (Schalke 04), Mario Götze (Bayern München), André Hahn (FC Augsburg), Sami Khedira (Real Madrid), Toni Kroos (Bayern München), Max Meyer (Schalke 04), Thomas Müller (Bayern München), Mesut Özil (FC Arsenal), Lukas Podolski (FC Arsenal), Marco Reus (Borussia Dortmund), André Schürrle (FC Chelsea), Bastian Schweinsteiger (Bayern München)

Angriff: Miroslav Klose (Lazio Rom), Kevin Volland (1899 Hoffenheim)

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