Vorbereitung auf die EM 2012:Holland doubelt Holland

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Nach der Gruppenauslosung zur EM 2012 plant Joachim Löw die Vorbereitung: Das von Urs Siegenthaler angeführte Scouting-Team wird damit beginnen, die drei Vorrunden-Gegner Niederlande, Portugal und Dänemark in ihre Einzelteile zu zerlegen. Ein längst vereinbarter Termin passt dem Bundestrainer dabei gar nicht.

Christof Kneer

Spätestens am nächsten Wochenende beginnt Joachim Löw mit der Vorbereitung auf die Fußball-Europameisterschaft. Am kommenden Samstag wird er abends um 22 Uhr gemeinsam mit seinem Assistenten Hansi Flick in der Ehrenloge des Estadio Bernabéu Platz nehmen, um zu verfolgen, wie sich Mesut Özil und Sami Khedira beim clásico anstellen, dem legendären Duell von Real Madrid und dem FC Barcelona.

Noch ist es ein halbes Jahr bis zur EM, doch allmählich wird es ernst für den Bundestrainer Joachim Löw. (Foto: Boris Roessler/dpa)

Praktisch ist auch, dass Löw beim selben Termin auch den EM-Mitfavoriten Spanien ausspähen kann, der an diesem Abend in seiner Zweit-Erscheinungsform als FC Barcelona antritt. Und noch praktischer ist, dass im Trikot von Real Madrid zwei Spieler stecken, denen seit Freitagabend Löws verschärftes Interesse gilt: Cristiano Ronaldo und Pepe, Stürmer und Abwehrspieler des EM-Gruppengegners Portugal.

Die EM-Gruppenauslosung hat das Scoutingverhalten des deutschen Trainerstabs verändert. "Wir werden künftig natürlich auch Spiele besuchen, in denen entscheidende Spieler der Gruppengegner zu sehen sind", sagte Hansi Flick am Wochenende.

Es wird nicht so weit kommen, dass Kundschafter zu Spielen von Brøndby Kopenhagen entsandt werden, wo es die dänischen Stürmer Dennis Rommedahl und Michael Krohn-Dehli zu sehen gibt, und auch der PSV Eindhoven wird eher unbeobachtet bleiben, obwohl dort die niederländischen Nationalspieler Kevin Strootman und Georginio Wijnaldum spielen.

Aber schon direkt nach dem classico stellt sich die große strategische Frage: Soll man lieber nach London weiterreisen, zum Montagabend-Spiel FC Chelsea gegen Manchester City, wo mehrere Portugiesen sowie ein Niederländer (de Jong) ihr Können ausstellen?

Oder lohnt sich doch ein Gabelflug nach Stuttgart, wo sich beim Sonntagabend-Spiel der Fußball-Bundesliga nicht nur der FC Bayern, sondern im Hemd des VfB auch Dänemarks Schlüsselspieler William Kvist studieren lässt?

Stimmen zur EM-Auslosung
:"Ich habe keinen fröhlichen Trainer gesehen"

Hollands Coach Bert van Marwijk ist geschockt, Bundestrainer Joachim Löw spricht von der "schwersten, stärksten und ausgeglichensten" EM-Gruppe, Teammanager Oliver Bierhoff denkt trotzdem bereits ans Viertelfinale und Halbfinale.

Reaktionen auf die EM-Auslosung

Angst vor der Hammergruppe? Rücktritt im Falle eines Vorrunden-Scheiterns? Joachim Löw hat sich viele freudlose Fragen anhören dürfen am Wochenende, er versichert, dass er "keine Angst" habe, dass er sich sogar freue "auf diese hoch interessante Gruppe". Die Wahrheit ist: Löw ist jetzt in seinem Element. Er darf jetzt tun, was er am besten kann: Er darf planen und planen lassen.

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Das vom Schweizer Urs Siegenthaler angeführte Scoutingteam wird nun damit beginnen, die drei Vorrunden-Gegner in ihre Einzelteile zu zerlegen, kein gegnerischer Linksverteidiger wird mehr unbemerkt davonkommen. Parallel dazu will Löw in den kommenden Tagen rasch die letzten Fakten schaffen. Für die EM-Vorbereitung werden noch zwei Testspiel-Gegner gesucht, einer für zu Hause (1. Juni in Leipzig), einer für auswärts (Ende Mai, Anreise aus dem Trainingslager in Südfrankreich).

Idealerweise sollten die Mannschaften einen ähnlichen Spielstil pflegen wie Dänemark oder Portugal, was in letzterem Fall nicht ganz einfach sein dürfte. Womöglich wird die Wahl auf ein südamerikanisches Team fallen, während sich die Dänen gut von Norwegern, Finnen oder auch Schweizern doubeln ließen. In die Schweiz wäre es auch nicht so weit aus Südfrankreich.

Für die Holländer hingegen wird Löw keinen Doppelgänger finden müssen, denn ein großer Teil seines Teams wird dem Gruppengegner kurz vor dem EM-Turnier im Original begegnen - beim Freundschaftsspiel Holland gegen den FC Bayern, das die Verantwortlichen des Münchner Bundesligisten nach der Verletzungskontroverse um Arjen Robben mit dem niederländischen Verband KNVB verabredet haben.

Das Spiel, terminiert für den 22. Mai in München, hat den DFB-Vertretern bisher schon nicht in den Kalender gepasst, weil Bayerns Nationalspieler dafür eigens das EM-Trainingslager in Südfrankreich verlassen müssen. "Ein Termin, der uns natürlich sehr weh tut", hatte Nationalelf-Manager Oliver Bierhoff im Juni in einem SZ-Interview formuliert - nun, da man die Holländer drei Wochen später im EM-Ernstfall wieder trifft, dürfte der Termin noch ein bisschen mehr weh tun.

Man darf gespannt sein, was die stille Diplomatie erbringt - etwa in der Frage, ob der FC Bayern oder die Holländer mit der ersten Besetzung antreten. Einstweilen beinhaltet dieser Termin eine Menge soliden Konfliktstoff - etwas, was Löw weit weniger schätzt als eine schwere Vorrundengruppe.

© SZ vom 05.12.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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