1. FC Nürnberg:Heiter bis stürmisch

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Nicht zu halten: Hier setzt sich Nürnbergs Christoph Daferner (vorne) gegen Jesper Verlaat durch. (Foto: Frank Hoermann/Sven Simon/Imago)

Der 1. FC Nürnberg sammelt beim Vorbereitungsturnier in Unterhaching zwei Siege und ein paar vielversprechende Erkenntnisse. Trotzdem warnt Trainer Cristian Fiél vor allzu großen Erwartungen.

Von Christoph Leischwitz

Christoph Daferner hat im Kalenderjahr 2023 noch kein einziges Pflichtspieltor geschossen, überhaupt waren es gerade einmal drei in der vergangenen Zweitliga-Saison. Und so stand die Flaute des Angreifers zuletzt auch ein wenig stellvertretend für eine weitgehend verkorkste Spielzeit des 1. FC Nürnberg; eine Spielzeit, die zwei Trainer verschliss.

Jetzt ist Cristian Fiél da, der betont, über den Christoph Daferner der vergangenen Spielzeit nicht allzu viel zu wissen. Über Daferners Gegenwart weiß Fiél allerdings: "Er spielt als Nummer neun, er ist torgefährlich, er schießt Tore, er hat klar gezeigt: Trainer, ich bin bereit zu spielen."

Da ist es erst einmal gar nicht so wichtig, dass sich der 25-Jährige am Samstag beim Vorbereitungsturnier in Unterhaching gegen 1860 München, übrigens einem seiner Ausbildungsklubs, für sein erstes Tor gar nicht arg anstrengen musste: Sechzigs Niklas Lang spielte ihm den Ball in die Beine, Daferner konnte sich beim 1:0 das Eck aussuchen (6.). Später traf er auch noch per Kopf (22.). Der Club hatte bei der Stippvisite in Oberbayern keine Mühe mit den Löwen und gewann hochverdient nach 60 Spielminuten 3:0.

"Falls ihr denkt, jetzt läuft alles reibungslos: Das wird's nicht", sagt Fiél

Ein Daferner in Form ist für die Nürnberger auch deshalb eine gute Nachricht, weil in Pascal Köpke (Bielefeld) und Manuel Wintzheimer (Leihe nach Duisburg) zwei namhafte Stürmer nicht mehr da sind. Der Japaner Daichi Hayashi, 26, ausgeliehen aus der belgischen ersten Liga, ist ein komplett anderer Stürmertyp. "Der kann mit seinen schnellen Schritten aber auch Schmerzen bereiten", sagte ein ziemlich gelöster Fiél nach 120 Minuten Gesamtspielzeit im Unterhachinger Sportpark. Er lässt gerne offensiv spielen und verfügt genau dafür offenbar über viele Optionen.

Eine Saisonvorbereitung ist immer ein bisschen wie eine Wettervorhersage: Trends sind erkennbar. Ob es aber am kommenden Wochenende, wenn der Club bei Hansa Rostock in die neue Saison startet, heiß wird oder stürmisch, kann trotzdem niemand sagen. Rostock und Nürnberg waren vergangene Saison übrigens die beiden Mannschaften mit den wenigsten Toren der Liga (32). Fest steht allerdings: Fiél, 35, der sich im Frühjahr als Co-Trainer von Sportvorstand und Interimscoach Dieter Hecking eingearbeitet hatte, hat die Mannschaft zumindest mental vom Ballast der Spielzeit 2022/23 befreit. Es geht bei null los, auf dem Platz und in den Köpfen. Der Trainer will aber die Erwartungen nicht zu hoch hängen: "Falls ihr denkt, jetzt läuft alles reibungslos: Das wird's nicht", sagte er.

Zur rechten Zeit am rechten Fleck? Joseph Hungbo hinterlässt in Unterhaching einen guten Eindruck. (Foto: Daniel Marr/Sportfoto Zink/Imago)

Nicht nur Daferner steht oft richtig und strahlt Selbstvertrauen aus, auch der jüngste Transfer des Clubs scheint genau zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. In der ersten Partie des Miniturniers gegen die SpVgg Unterhaching gelang dem Flügelstürmer Joseph Hungbo in der Schlussminute der 2:1-Siegtreffer, mit einem Schlenzer gegen den Innenpfosten, der ins Netz flog. Davor hatte Hungbo immer wieder das umgesetzt, was der Trainer an diesem Tag vermehrt hatte sehen wollen: Dass sein Team Eins-gegen-eins-Situationen auf den Seiten kreiert und nach Möglichkeit gewinnt. Hungbo kommt vom FC Watford, richtig in Fahrt gekommen war er in der zweiten englischen Liga aber auch erst gegen Ende der Saison. "Wir haben ihn wegen so einer Aktion geholt", sagte Fiél über Hungbos Tor, "er soll mit seinem linken Fuß nach innen ziehen und den Abschluss suchen."

Viele Spieler hätten sich für den Ligastart angeboten - einige sogar auf mehreren Positionen

Gerade gegen Unterhaching fiel auf, dass die für Turnierpartie Nummer eins ausgewählte Startelf ein wenig zu brav agierte, sich strikt an das vorgegebene Schema halten wollte - und dann trotz Ballbesitz eine Weile an Schlagkraft verlor. Torwart Christian Mathenia sei deshalb "der mit den meisten Ballkontakten" geworden, erkannte Fiél, weil seine Mitspieler "nicht mehr die Lösung nach vorne" gesucht hätten. Dafür hätten sie oft die nötigen Positionen zu spät besetzt.

Fiél gab sich im Sportpark trotzdem weitgehend zufrieden. Wer am kommenden Wochenende in Rostock aufs Feld gehen wird, weiß er noch nicht, oder will es noch nicht verraten: "Es haben sich über die Vorbereitung viele angeboten", sagte er, und das auch noch auf mehrere Positionen. Eigengewächs Nathaniel Brown etwa wurde mal wieder im Mittelfeld getestet, ist aber auch als Linksverteidiger einsetzbar - auf dieser Position fehlen zum Start zwei Spieler verletzt. Innenverteidiger und Routinier Christopher Schindler dürfte nach seinem Kreuzbandriss erst 2024 zurückkehren. Trotzdem ist der Konkurrenzkampf hoch. Stand jetzt sei niemand in der Innenverteidigung gesetzt. In gewisser Weise kann man sich als Trainer über so viel Ungewissheit freuen.

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