Fußball:Das war's dann mit der Super League

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Anführer der Abtrünnigen: Florentino Perez, Real Madrids Präsident, ist mit seinem Projekt Super League gescheitert. (Foto: Angel Rivero/Marca/Imago)

Drei Großklubs um Real Madrid wollten vor dem Europäischen Gerichtshof ihr umstrittenes Projekt durchpeitschen. Doch daraus wird nichts. Das ist gut für den Fußball - für die Aufrührer wird das noch fatale Konsequenzen haben.

Kommentar von Thomas Kistner

Die Revolution ist abgeblasen. Ein systemerschütterndes Urteil wie in den Neunzigern im Transfer-Fall Bosman, durch das sich die Ablösesummen im Fußball völlig neu gestalteten, wird es zur Super League nicht geben. Am Donnerstag stärkte Generalanwalt Athanasios Rantos am Europäischen Gerichtshof (EuGH) die Fußball-Dachverbände Uefa und Fifa gegen eine Elite-Liga europäischer Topklubs.

Formal erfolgt ein Urteil erst 2023. Aber als gesichert gilt schon jetzt, dass die Regeln der Uefa nicht gegen EU-Wettbewerbsrecht verstoßen. Das heißt: Superligisten um die verbliebenen Klageführer Real Madrid, FC Barcelona und Juventus Turin dürfen zwar eine eigene Betriebsliga starten - aber: Zugang zu Uefa-Bewerben wie Champions League oder Länderspielen hätten sie dann nur mit deren Erlaubnis - die es niemals gäbe. Damit zerplatzen die Großmannsträume der drei Aufrührer.

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Es ist eine gute Nachricht für Millionen Fans, die sich im April 2021 durch einen hinterhältigen, ja tatsächlich über Nacht erfolgten Wechsel dieser Klubs aus der Uefa in eine selbst gebastelte Liga überrumpelt sahen. Neun der Putschisten, darunter sechs englische Klubs, trieb damals ein europaweiter Aufstand des Publikums binnen 48 Stunden zurück in die Spur. Sie akzeptierten hohe Geldstrafen und erklärten den Verzicht auf weitere Kapriolen.

Übrig blieb das Trio um Real-Boss Florentino Perez, der alles angezettelt hatte. Er wäre Hauptnutznießer dieser Fantastilliarden-Konstruktion gewesen, deren Daseinszweck es war, als Eliteliga der besten 20 Teams Europas alles Geldwerte abzugreifen. Den übrigen Fußballbetrieb hätte das in Existenznöte getrieben. Perez' letztes Ass, parallel zum K. o. der Superliga, war dann Trick 17: Über Nacht fand sich ein Madrider Richter, in Handelskammer 17, der in wenigen Stunden ein erstaunlich weitreichendes Edikt erstellte - es verbat Sanktionen der Uefa gegen Real und Co. und schob ein Kartellverfahren pro Superliga an.

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Jetzt liegt also das Ergebnis vor: Es stützt das europäische Sportmodell, das Amateur- und Profisport verbindet. Diesen Anspruch, die Förderung von Jugend- und Breitensport, könnte nun ein wirklich gutes Urteil stärken, mit Hinweis auf die gesellschaftspolitische Bedeutung des Fußballs, den die Uefa selbst so betont.

Und die Superligisten? Fallen aus allen Wolken. Erst jüngst erzählte ihr Chefvermarkter mitfühlend, die Kläger um Perez machten sich ja nur "weiterhin Sorgen um den europäischen Klubfußball". Und er monierte eine fehlende Debattenkultur bei der Uefa. Besser lässt sich Lobbyismus kaum vorführen. Real, Barca und Juventus, die Angreifer aus dem Hinterhalt also, beklagen die Gesprächskultur. Auch am EuGH hat man schon bessere Witze gehört.

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Spannend ist, wie es nach dem Urteil weitergehen wird. Es könnte gut sein, dass drei Große der Fußballgeschichte für längere Zeit von der Landkarte getilgt werden. Die Uefa hat dem Trio schwere Sanktionen angedroht - und zugleich klug stillgehalten, als die Rebellen mit ihren Drohungen anrannten, sogar gegen Uefa-Chef Aleksander Ceferin persönlich.

Jetzt müssen die Putschisten also in der Uefa bleiben. Und dann wird abgerechnet, was für Barca und Turin ans Eingemachte gehen dürfte. Die rekordverschuldeten Katalanen haben ihre Zukunft schon verpfändet, jetzt reißt der frühe K. o. in der Champions League neue Löcher in die Finanzen. Und Juventus, wo vor drei Wochen der Gesamtvorstand wegen desolater Finanzen und strafrechtlicher Ermittlungen zum Thema Bilanzfälschung abtrat, steckt in Turbulenzen, deren Ausgang auch ohne Super-League-Desaster unabsehbar ist.

Einige Jahre Ausschluss von den Geldtöpfen der Champions League, enorme Strafzahlungen und demütigende Auflagen: Das lockt keine Starkicker mehr an. Und wenn im neuen, sündteuren Bernabeu-Stadion für längere Zeit keine europäische Goldtrophäe mehr kreist, wird das sogar Real Madrid zu schaffen machen.

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