21. Spieltag der Bundesliga:Heidenheim versaut Bremen die Party - Leipzig stolpert

Lesezeit: 5 min

Haderte: Bremens Marvin Ducksch. (Foto: Stuart Franklin/Getty Images)

Der Aufsteiger schlägt den SV Werder bei dessen großer Geburtstagsfeier, Leipzig verschießt in Augsburg einen Elfmeter, auch Gladbach enttäuscht. Das Wichtigste zum Spieltag.

Von Christof Kneer, Carsten Scheele und Martin Schneider

SV Werder Bremen - 1. FC Heidenheim 1:2 (1:2), Tore: 0:1 Lennard Maloney (12.), 0:2 Jan-Niklas Beste (18.), 1:2 Romano Schmid (19.)

Für die aktuellen Profis des SV Werder Bremen war das ein Spiel, bei dem sie eines schon vorher wussten: Sie würden gewinnen und verlieren. Sie würden gewinnen, weil sie in ein feierlich gestimmtes Stadion einliefen und dort auf ein romantisch gestimmtes Publikum trafen, das bereit war, seine Spieler noch bedingungsloser als sonst liebzuhaben. Der SV Werder feierte am Samstag sein 125-jähriges Bestehen, das ganze Stadion war in Grün und Weiß getaucht, und mittendrin verbargen sich eine Menge alter Helden. Und das war auch der Grund, warum die aktuellen Profis unweigerlich auch zu Verlierern werden würden: Sie würden unmöglich mithalten können mit den Fähigkeiten von Diego, Ailton, Pizarro oder Marco Bode.

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Der DFL-Computer hatte den Bremern keinen Gefallen getan, als er ihnen fürs Jubiläumsspiel den 1. FC Heidenheim zugeteilt hatte. Der Aufsteiger hat keinen großen Namen, aber gleichzeitig eine große Begabung als Spielverderber. Nicht sehr festlich war auch der ironische Umstand, dass Heidenheims größter Spielverderber, Jan-Niklas Beste, mal für Werder gespielt hat. Wie immer versuchten die kompakten Heidenheimer, Eckbälle zu erzwingen, wie immer gelang ihnen das mehrmals - und wie nahezu immer visierte Beste millimetergenau den Kopf eines Mitspielers an: Maloney brachte die Gäste zeitig in Führung (12.), nachdem Werders Stage (4.) zuvor am Außenpfosten des leeren Tores gescheitert war. Noch bitterer für Werder war Bestes 0:2 (18.), das der gebürtige Bremer und nach Heidenheim verliehene Dinkci vorbereitete. Bevor die Stimmung auf den Rängen kippen konnte, besorgte Romano Schmid (19.) allerdings umgehend den Anschlusstreffer - per Kopf, mit 1,68 Metern Körpergröße.

Die Bremer gaben sich nun rührend und mitunter auch sehr sehenswert Mühe, das Publikum glücklich zu machen, mit zunehmender Spieldauer häuften sich auch die Chancen - während die stets umschaltbereiten Gäste immer stärker unter Druck gerieten. In der 77. Minute traf Borré den Pfosten, auch Ducksch scheiterte zweimal nur knapp (78., 87.). Nun verlegten sich die Heidenheimer vollends auf ihren professionellen Spaßverderberfußball, sie überstanden einen weiteren Aluminiumtreffer (Kownacki, 90.+1) sowie einen Kopfball des aufgerückten Bremer Torwarts Zetterer (90.+6). Das Bremer Schlusspowerplay unterhielt das Partypublikum mit Sicherheit - das Ergebnis lieferte am Ende aber nur den mitgereisten Fans aus Heidenheim Anlass zum Feiern. Der Aufsteiger ist jetzt seit acht Spielen ungeschlagen.

1. FC Union Berlin - VfL Wolfsburg 1:0 (1:0), Tor: 1:0 Danilho Doekhi (45.+22)

Ein paar Minuten aus dem Leben des Bundesligaschiedsrichters Matthias Jöllenbeck. Er ist eingeteilt für die Partie Union Berlin gegen Wolfsburg, als in der 27. Minute die bekannten Fanproteste einsetzen, unterbricht er und bespricht sich mit den Teams. Nach zehn Minuten Pause pfeift Jöllenbeck das Spiel wieder an, zehn Sekunden später ist schon wieder Schluss, weil erneut Tennisbälle fliegen. Jöllenbeck unterbricht abermals, nun ist die Pause deutlich länger, er schickt beide Teams in die Kabine. Doch es geht weiter, 35 Minuten Verzug hat die Partie mittlerweile angehäuft, fünf Minuten wird Fußball gespielt, als wieder Tennisbälle fliegen. Was macht Jöllenbeck? Ruft die Kapitäne zu sich, eindeutige Botschaft: Noch einmal und wir brechen das hier heute ab. 21 Minuten Nachspielzeit in der ersten Halbzeit. Krisenmanagement für Fortgeschrittene.

Doch die letzte Drohung wirkte: Es flogen keine Gegenstände mehr auf den Rasen. Mit dem Abpfiff um 18.10 Uhr (!!) hatten es die Spieler, aber auch Jöllenbeck geschafft. Nebenbei wurde auch Fußball gespielt, Wolfsburg agierte zwar gefälliger, verlor aber durch einen Treffer des Unioners Danilho Doekhi in der 67. Minute. Das Tor fiel, so war das an diesem Nachmittag, noch in der ersten Halbzeit.

FC Augsburg - RB Leipzig 2:2 (1:1), Tore: 1:0 Phillip Tietz (35.), 1:1 Lois Openda (39.), 1:2 Benjamin Sesko (52.), 2:2 Ermedin Demirovic (60.)

Am Dienstag empfängt RB Leipzig in der Champions League Real Madrid, aber vorher galt es noch die Pflicht in einer etwas kleineren Welt zu erledigen, beim FC Augsburg. Es war eine Partie, deren Dramaturgie sich für alle, die zuletzt ein wenig Bundesliga gesehen haben, erahnen ließ: Leipzig, mit Xavi Simons, Olmo, Openda und Sesko in der Offensive königlich aufgestellt, tat sich erst mal schwer gegen einen mutigen Gegner und auf einem Rasen, der sich im Winter nicht sehr königlich präsentiert. Zwar bemühten sich die Gäste, ihre Qualität auf die tiefe Wiese zu bringen, aber die Augsburger hielten mit ihrem Demirovic-Fußball dagegen - mit jener Art von körperbetontem Umschaltspiel, das sich in den Qualitäten des bosnischen Stürmers zuspitzt.

So war es keine große Überraschung, dass Augsburg die ersten Leipziger Chancen durch Olmo (18.) und Schlager (31.) überstand und anschließend durch Tietz selbst in Führung (35.) ging - nach einem Leipziger Einwurf, den der FCA abfing und zum schnellen Konter nutzte. Vargas' Schuss wehrte der ins Tor zurückgekehrte Gulacsi zur Seite ab, Tietz vollendete. Zwar blieb Leipzig im Aufbauspiel etwas fahrig, aber die individuelle Qualität der Mannschaft reichte für zwei schnelle Antworten: Erst köpfte Openda Raums präzise Flanke zum 1:1 ein (39.); nach der Pause verwertete Sesko eine genauso präzise Flanke von Olmo, ebenfalls per Kopf. Aber bevor RB den Rhythmus eines Favoriten aufnehmen konnte, konterten die Augsburger mit ihrem Demirovic-Fußball: Der Kapitän schloss einen schnellen Gegenstoß mit einem satten Schuss in den Winkel zum 2:2 ab (60.). Nun entwickelte sich ein temporeiches Spiel, in dem beide Teams mit dem Siegtreffer liebäugelten - am nächsten kamen ihm die Gäste, doch Openda verschusselte einen an ihm selbst verursachten VAR-Elfmeter (81.).

Borussia Mönchengladbach - SV Darmstadt 98 0:0

Nach dem verzichtbaren Pokal-Ausflug ins Saarland unter der Woche durfte Mönchengladbach auf einem wunderbar trockenen Rasen zeigen, dass sie nach vier sieglosen Spielen die Wende schaffen wollen - und schafften die Wende nicht.

Die erste Halbzeit folgte einer Dramaturgie, die jeder Borussia-Fan nur zu gut kennt: Gladbach hatte den Ball, aber meistens in ungefährlichen Räumen. Darmstadt stand tief und verteidigte diszipliniert, Jordan hatte aus zehn Metern die beste Chance für Mönchengladbach. Nach der mittlerweile obligatorischen Tennisball-Unterbrechung und einer 16-Minuten-Nachspielzeit, wurde es aus Sicht der Borussia nach der Pause besser, die Möglichkeiten zahlreicher, der eingewechselt Patrick Hermann hätte kurz vor Schluss mit einer größeren Schuhgröße vermutlich das 1:0 gemacht.

Dann wäre alles gut gewesen, aber so ist es für die Borussia die nächste Enttäuschung. 22 Punkte und Platz 13 bilden die Graumäusigkeit dieser Spielzeit perfekt ab.

Eintracht Frankfurt - VfL Bochum Tore: 1:1 (1:1), Tore: 1:0 Omar Marmoush (14.), 1:1 Moritz Broschinski (17.)

Manche sagen ja, die ganze Eintracht-Saison ist ein Experiment im laufenden Betrieb, aber ganz sicher war es die Aufstellung von Frankfurts Trainer Dino Toppmöller gegen Bochum. Kurz vor dem Spiel verletzte sich Torhüter Kevin Trapp, Jens Grahl nahm seinen Platz ein. Stürmer Sasa Kalajdzic fehlte, weil er sich über Nachwuchs freute, dafür saßen die beiden anderen Winter-Zugänge, Donny van de Beek und Hugo Ekitiké, auf der Bank. Allerdings nicht lange, schon nach 20 Minuten verletzte sich Hugo Larsson, van de Beek kam rein.

Ein vernünftiger Matchplan war so nicht möglich, entsprechen turbulent startete die Partie. Omar Marmoush, der vermutlich treffsicherste Aushilfsstürmer Europas, brachte die Eintracht in Führung, Moritz Broschinski, vor einer Woche schon Torschütze für den VfL, traf wieder, wenn auch mit Glück, weil sein Schuss zur unhaltbaren Bogenlampe abgefälscht wurde. Kurz vor der Pause war es wieder Marmoush, der hätte treffen können, doch er bolzte aus guter Position über das Tor.

Nach Wiederanpfiff hatten der eingewechselte Ekitiké, van de Beek und Ansgar Knauff drei große Chancen in vier Minuten zur Führung, alle vergaben aus guten Positionen. Vor allem wegen dieses Fehlschuss-Triumvirats wird sich die Eintracht sehr ärgern, Platz sechs ist erst mal zementiert. Der VfL freut sich dagegen über einen nicht-eingeplanten Punkt und liegt voll im Soll bei seinem verwegenen Vorhaben, erneut in der Liga zu bleiben.

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