Nachruf auf Heinz Simmet:Der Mann, der sieben Jahre durchspielte

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Geboren wurde er im Saarland, aber mit der Zeit wurde er zum kölsche Jong: Heinz Simmet (rechts), hier mit Jürgen Glowacz. (Foto: Liedel/Imago)

259 Bundesligaspiele absolvierte Heinz Simmet ohne Unterbrechung hintereinander, vermutlich ein ewiger Rekord. Zeit seines Lebens stand er für ehrliche Arbeit - und für einen erfolgreichen 1. FC Köln.

Von Philipp Selldorf

Heinz Simmet war auch nach seiner aktiven Karriere als Profi des 1. FC Köln stets in der Stadt gegenwärtig. Er musste dafür nicht als Politiker, Funktionär oder als sonstige öffentliche Person die Kölner Bühnen bespielen, ebendies hat er nie angestrebt. Es genügte, werktäglich die Fahrzeugflotte seines Handwerkerbetriebs in Gang zu setzen: Heinz Simmet Malerwerkstätten GmbH stand auf den Lieferwagen, und jedes Mal, wenn einer vorbeifuhr, dann dachten die Zeugen seiner elf Jahre währenden FC-Karriere an den Mann mit dem stattlichen Schnurrbart und der zeitgemäß ungezwungenen Haartracht, der schon als Fußballer verlässlich solide Handwerksarbeit erledigte. Inzwischen steht sein Unternehmen nicht mehr im Handelsregister, und nun ist auch Heinz Simmet nicht mehr da: Er starb am Mittwoch im Alter von 79 Jahren.

Mit dem Namen Simmet ist eine Ära des 1. FC Köln verbunden, die derzeit in sehr weiter Vergangenheit zu liegen scheint. Als der Mittelfeldspieler im Sommer 1978 seinen Abschied einreichte, war der FC soeben nicht nur Deutscher Meister, sondern auch Pokalsieger geworden. Mit Hennes Weisweiler auf der Trainerbank und dem altgedienten Profi Simmet im Mittelfeld, der auf dem Höhepunkt der Kölner Bundesligageschichte die Last seiner Jahre im Fußball zu spüren begonnen hatte. Verletzungshalber verpasste er elf Punktspiele - eine ungewohnte, sogar befremdende Situation für alle Beteiligten.

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Es vergeht heutzutage kaum ein Spieltag, an dem der FC Bayern nicht irgendeinen Serien-, Torschützen- oder Weiße-Westen-Rekord aufstellt, aber den Rekord von Heinz Simmet wird vermutlich kein Bayern-Spieler erreichen, es könnte ein ewiger deutscher Rekord bleiben: In mehr als sieben Spielzeiten bestritt Simmet jedes Saisonspiel, 259 Bundesligapartien hintereinander.

Dabei war er keineswegs ein Mann, der die Auseinandersetzung mied, wie sein Mitspieler Wolfgang Overath, 80, am Donnerstag der SZ erzählte: "Der Heinz war ein feiner Junge und ein anständiger Kerl, immer offen und immer gerade, aber er war auch ein Kämpfer mit allen Mitteln. Und wenn der Heinz einen Gegner aus dem Spiel nehmen sollte, dann hat er das gemacht." Das sei für die Betroffenen "nicht immer angenehm" gewesen. Von den Schiedsrichtern hatte Simmet offenbar kein Unheil zu erwarten: "Die Grenzen wurden damals anders gezogen als heute", sagt Overath, "der Seppl Piontek von Werder Bremen kam aus sieben Metern angeflogen, aber es ging immer weiter für ihn."

Eigentlich wollte er nach Mönchengladbach wechseln, doch dann empfing ihn FC-Präsident Franz Kremer

Als Mittelfeldspieler wurde Simmet der Kategorie Wasserträger zugerechnet, er fungierte in Köln als fleißige Leibgarde der Kreativen, so wie Hacki Wimmer in Mönchengladbach Günter Netzer die Arbeit abnahm. "Flocke (Heinz Flohe) und ich vorne, Heinz dahinter", beschreibt Overath das bewährte Trio. Ruhm und Medienprominenz blieb bei den anderen, doch Simmet war eben vor allem Mannschaftsspieler, "zu 110 Prozent", wie Overath sagt.

Zur Welt kam Heinz Simmet in Göttelborn im Saarland, an einem Tag der Schnapszahlen, am 22. 11. '44. Eigentlich wollte er nach Mönchengladbach wechseln, doch dann empfing ihn der legendäre FC-Präsident Franz Kremer daheim im Kölner Wohnzimmer und bat auch noch den im gleichen Haus untergebrachten 54er-Weltmeister Hans Schäfer dazu. Da unterschrieb Simmet beim FC und wurde ein Sohn der Stadt: "Er kam aus dem Saarland, aber nachher war er 'ne richtige kölsche Jong", lobt Wolfgang Overath. Bis vor ein paar Jahren trafen sich die beiden noch beim Hallenfußball am Geißbockheim, bis Simmet erkennen musste: Es geht nicht mehr.

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