Romelu Lukaku wechselt zur AS Roma:Mourinho erhält seinen Wunschstürmer "Big Rom"

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Großer Bahnhof am Flughafen: Romelu Lukaku wird nach seiner Landung in Rom empfangen. (Foto: Alfredo Falcone/LaPresse / imago)

Der texanische Klubbesitzer persönlich fliegt den Belgier Lukaku in die italienische Hauptstadt. Die AS-Fans empfangen die Leihgabe vom FC Chelsea mit dem in Rom üblichen Überschwang.

Von Oliver Meiler

Vorfreude ist eine schöne Freude, vielleicht die schönste. Als Romelu Lukaku auf seinem Flug von London nach Rom hoch über der Emilia segelte, hatten sich 48 000 Römer auf der App "Flightradar" eingeloggt, um ihn auf den letzten paar Hundert Kilometern zu begleiten. Für dessen Niederkunft, für dieses späte Mirakel des Mercato. Im Cockpit des Privatjets saß Dan Friedkin, ein Milliardär aus Texas und leidenschaftlicher Pilot, dem die AS Roma seit zwei Jahren gehört. Er flog den Star in seinem Gulfstream persönlich an den neuen Arbeitsplatz.

Lukaku, der imposante Belgier, wechselt vom FC Chelsea zur Roma. Für ein Jahr nur, als teure Leihgabe, aber wer will jetzt maulen? Sein Salär hat sich der Mittelstürmer offenbar freiwillig kürzen lassen, damit der Deal nach tagelangen Verhandlungen durchging - auf 7,2 Millionen Euro, wie man hört, netto. Ein früher Liebesbeweis? In Ciampino, dem kleineren der beiden römischen Flughäfen, waren dann 7000 Fans, um ihn zu empfangen.

Lukaku, 30, hatte auch schon sein Wandgemälde in der Stadt, da war er noch nicht einmal gelandet. Und zwar im Viertel Monti, an der Via dei Capocci - nicht weit von da, wo auch das berühmte, von den Laziali, den Fans des Stadtrivalen Lazio, immer mal wieder verunstaltete Murales von Francesco Totti klebt. "Anonimo74", so heißt der Künstler, hat den Belgier Lukaku als Gladiator gemalt: auf gelbrotem Grund, lächelnd, den Helm in der Hand. Mehr Vorschuss geht nicht.

Man muss Rom lieben für seinen vorfreudigen Überschwang, er kippt allerdings bei den ersten Tiefschlägen schnell in eine diffuse Großenttäuschung, sehr schnell sogar. Rom ist, was die Italiener eine "Piazza difficile" nennen, ein schwieriges, zuweilen grotesk launisches Pflaster.

Die Roma hat nun also den Mittelstürmer, den sich ihr Trainer José Mourinho gewünscht hat, ach was: den er mit wachsender, stets demonstrativ vorgetragener Ungeduld von den amerikanischen Klubbesitzern gefordert hatte. Einen prominenten Namen, einen, dem er nicht viel erklären muss, der einigermaßen sofort einsetzbar ist.

So sofort ist das aber vielleicht nicht möglich, denn "Big Rom" fehlt etwas die Spielpraxis. Lukakus bisher letzter Einsatz liegt zweieinhalb Monate zurück, im Länderspiel Estland gegen Belgien. Da traf er zwei Mal. Aber eben, das war Estland.

Für den Trainer gibt es nun keine Ausreden mehr. Diesmal muss die Champions League erreicht werden

Mögen sie ihn in Rom auch feiern wie die Mensch gewordene Verheißung: Lukaku hat sich zuletzt wacker verrannt. In seiner nun schon sprichwörtlichen Unstetigkeit verscherzte er es sich mit Inter Mailand, wo er in der vergangenen Saison gespielt hatte und wo er davor schon einmal Meister geworden war. Die Mailänder hätten ihn in diesem Sommer gerne für ein weiteres Jahr verpflichtet.

Doch dann verhandelte der Stürmer ausgerechnet heimlich mit Juventus Turin, dem großen Rivalen, nachdem er vor nicht so langer Zeit gesagt hatte, für Juve werde er ganz sicher nie spielen. "Mai, mai!" Das Theater beschäftigte die italienische Fußballöffentlichkeit wochenlang. Lukaku hat sich nun in Mailand und Turin nachhaltig unbeliebt gemacht, was seiner plötzlichen Beliebtheit in Rom aber natürlich unbedingt einträglich ist.

Lukaku ist für die Roma eine Notlösung im besten Sinn. Mourinhos habitueller Neuner, der Engländer Tammy Abraham, hat sich im Vorsommer schwer verletzt, vor kommendem Januar dürfte er nicht zurück sein. Sein Ersatz, der italienische Internationale Andrea Belotti, den sie "Gallo" rufen, Hahn, hat in der vergangenen Serie-A-Saison das nicht eben unkomplizierte Kunststück geschafft, nicht ein einziges Mal zu treffen: zero, null. Hat es das schon mal gegeben? Das Selbstvertrauen sank unter den Gefrierpunkt und taut nur allmählich wieder auf.

"Mou", heißt es in den Sportgazetten des Landes, habe nun kein Alibi mehr, das Personal für eine ansprechende Saison sei beisammen. Allein schon das Offensivduo aus Paulo Dybala und Romelu Lukaku hat das hehre Format, an das sich der portugiesische Coach in seiner Karriere gewöhnt hat. Würde es diese Saison wieder nichts mit der Qualifikation für die Champions League, wäre das ein Desaster.

Die Römer lieben ihn ja, ihren "Mou". Doch nach den Erfolgen in Europa, dem Sieg in der Conference League 2022 und der Finalteilnahme in der Europa League 2023, wäre man gerne mal wieder eine Macht im eigenen Land. Zuletzt war man zwei Mal in Folge nur Sechster - eine Mittelmacht, eine lottrige Adresse.

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