Real Madrid in der Euroleague:Hundsgemeine Basketballgehirne

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Für diese Momente wurde der Basketballer Sergio Llull geboren: Sein Wurf gegen den ewig langen Olympiakos-Center Moustapha Fall brachte Real den Euroleague-Sieg. (Foto: Enric Fontcuberta/Imago)

Der unglaubliche Sergio Llull und sein Partner Sergio Rodriguez: Dass Real Madrid wieder das beste Basketballteam Europas stellt, liegt am Siegerspirit zweier alter Helden - doch nach dem hochklassigen Finale der Euroleague bleibt ein Makel.

Von Jonas Beckenkamp

Der Basketballer Moustapha Fall ist 2,18 Meter groß, seine Arme reichen selbst im Stehen bis an den auf 3,05 Meter hängenden Korb, aber das war in diesem Moment egal. Ihm gegenüber befand sich in Sergio Llull der beste Spielentscheider des europäischen Betriebs. Der Spanier Llull, 35, hat schon so viele sogenannte "Gamewinner" versenkt, dass er auch diesen finalen Wurf in der dampfenden Halle in Kaunas für sich beanspruchte.

"Ich musste ein Stück nach rechts dribbeln und den Ball irgendwie in hohem Bogen abfeuern, das hat geklappt", erklärte der Real-Madrid-Profi die Aktion später am Hallenmikro - und wie: Für eine Sekunde stand die Zeit still, die Kugel segelte durch die Luft und schlug ein. Swish, 79:78 gegen Olympiakos Piräus, drei Sekunden vor Schluss. Der letzte Versuch der Griechen in diesem Finale der Euroleague ging daneben, so heißt Europas bestes Basketballteam zum insgesamt elften Mal Real Madrid.

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Er ist in seinem Sport das Gesicht von Real Madrid und trifft die irrsten Würfe: Sergio Llull könnte in den USA viel Geld verdienen, doch er pfeift auf einen Wechsel.

Von Jonas Beckenkamp

Am Triumph der Spanier in diesem knüppelharten und über 40 Spiele andauernden Wettbewerb sind vor allem drei Dinge interessant. Erstens: Die scheinbare Unvergänglichkeit der Basketballgenies Llull und Sergio "el Chacho" Rodriguez, 36. Beide im Herbst ihrer Karriere, beide spielten keine überragende Saison. Aber als es drauf ankam, übernahmen sie Spiele mit all ihrer Autorität. Die Parallelen zu den Fußballern von Real sind nicht zu übersehen: Rodriguez agierte in Teilen der Playoffs und im Final Four in Litauen wie eine Art Toni Kroos, er lenkte und steuerte die Offensive, seine 15 Zähler gegen Olympiakos waren Team-Bestwert. Llull, den sie in Spanien den "Unglaublichen" nennen, stand im Endspiel lange bei null Punkten, dennoch nahm er den entscheidenden Wurf - und traf.

Zweitens: Es war vor allem in der ersten Halbzeit eine Partie auf höchstem Niveau. Piräus befand sich angeführt vom Bulgaren Sasha Vezenkov (29 Punkte), der zum besten Profi der Euroleague gewählt wurde, lange in Führung. 70 Sekunden vor Ende betrug der Vorsprung vier Zähler, dazu hatte Olympiakos Ballbesitz, was sollte noch schiefgehen? Aber Basketball ist eben ein unberechenbares Spiel der Wendungen und Läufe. Und den finalen Lauf der Griechen durchbrach Real mit schierer Willenskraft (auch hier: siehe Fußball-Champions-League, siehe Benzema, Ramos, Rodrygo etc.).

Real Madrid war eigentlich schon ausgeschieden aus der Euroleague

Und drittens: Es bleibt ein Makel an der Geschichte, denn eigentlich war Real im Viertelfinale gegen Partizan Belgrad bereits so gut wie ausgeschieden. Nach einer Heimpleite stand es in der Playoff-Serie gegen das serbische Überraschungsteam 0:1, als Llull in Partie zwei mit einem hundsgemeinen Foul eine im Basketball selten gesehene Schlägerei im Kneipenstil anzettelte. Nach einem Spielabbruch wurde die Partie zugunsten der Serben gewertet und zwei Madrilenen gesperrt - auf der anderen Seite mit Kevin Punter aber auch der bis dahin dominanteste Belgrader Akteur. Sein vorübergehender Ausfall brachte Partizan so sehr aus dem Rhythmus, dass die Serie letztlich 3:2 für Reals Comeback-Spezialisten endete.

Trotzdem verdient die (sportliche) Schlagkraft der Madrilenen Anerkennung: Einen ähnlichen Siegerspirit sucht man in Europas Basketball vergeblich. "Wie diese Gruppe in den entscheidenden Momenten zusammengerückt ist, macht uns alle stolz", fand Coach Chus Mateo. Die Trophäe des besten Final-Spielers nahm übrigens der kapverdische Center Edy Tavares mit nach Hause. Er ist 2,21 Meter groß.

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