Vor Champions-League-Duell:PSG ist nicht wiederzuerkennen

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Zu viele Jäger für Neymar: die Monegassen Minamino, Camara und Fofana (v. li.) gegen den brasilianischen Star von PSG. (Foto: Eric Gaillard/Reuters)

Wichtige Spieler verletzt, der Ersatz nur Durchschnitt, Streit auf dem Platz: Paris Saint-Germain kassiert in Monaco bereits die vierte Pflichtspielniederlage in 2023 und präsentiert sich vor dem Duell mit dem FC Bayern in besorgniserregendem Zustand.

Von Stefan Galler

Die neuerliche Enttäuschung war gerade erst amtlich, da meldete sich der trotz Verletzung noch wichtigste Pariser Spieler bereits via Instagram: "Lasst uns stark und vereint bleiben", schrieb Kylian Mbappé unmittelbar nach der 1:3-Niederlage seiner Kollegen von Paris Saint-Germain im Ligaspiel bei der AS Monaco am frühen Samstagabend und schloss mit dem PSG-Slogan: "Ici, c'est Paris".

Es ist nie ein gutes Zeichen, wenn Fußballer den Teamgeist beschwören müssen. Ebenso selten zeugt es von positivem Karma, wenn ein einsamer Akteur nach einem Spiel in der Fankurve steht, um die treuesten Anhänger zu beschwichtigen. Genau das tat Presnel Kimpembe, der im Fürstentum nach fast dreimonatiger Verletzungspause ein zehnminütiges Comeback gab, als er sich via Megafon Gehör verschaffte. "Lasst uns nicht fallen, wir brauchen euch. Wir werden uns in der Kabine neu mobilisieren, die Dinge richtig machen und uns am Dienstag bewegen", rief er den Ultras zu.

"Wir werden uns in der Kabine neu mobilisieren": Presnel Kimpembe beschwichtigt die Fans mit dem Megafon. (Foto: Imago/Sipa USA)

Auf den Dienstag ist alles ausgerichtet bei PSG, das Achtelfinal-Hinspiel in der Champions League gegen den FC Bayern im Prinzenpark entscheidet womöglich bereits über Wohl und Wehe in dieser Saison - und vielleicht sogar darüber, ob Trainer Christophe Galtier eine Zukunft im auf Erfolg getrimmten Katar-Klub hat. Nach dem Aus in der Coupe de France am vergangenen Mittwoch gegen Olympique Marseille (1:2) müsste man im Fall eines Misserfolgs bereits den zweiten Titel abschreiben - und wenn man sich die jüngsten Leistungen des zehnmaligen französischen Meisters vor Augen führt, erscheint das alles andere als unrealistisch.

Sanches und Mukiele fallen gegen Bayern aus - doch was ist mit Messi, Mbappé und Verratti?

Nur drei der ersten sieben Ligue-1-Spiele im neuen Kalenderjahr konnte Paris für sich entscheiden, das 1:3 in Monaco war bereits die dritte Niederlage im Ligabetrieb 2023, dazu kommt die Pokalpleite in Marseille - eine für die Ansprüche der Katarer verheerende Bilanz. Und auch in Monaco zeigten sich einmal mehr die großen Probleme des Teams: Die Personaldecke ist so dünn, dass Ausfälle wie jene von Mbappé, Renato Sanches und Nordi Mukiele das Gefüge bereits komplett aus den Angeln heben. Schont Galtier dann noch die ein oder andere Stammkraft, dann hat PSG allenfalls noch eine durchschnittliche Mannschaft - für die Ansprüche der französischen Liga wohlgemerkt. Auf europäischer Ebene reicht das Niveau dann nicht mehr aus.

Und hier stellen sich die vielleicht entscheidenden Fragen für Dienstag: Kehrt Lionel Messi nach seinen muskulären Problemen in die Startelf zurück? In welcher Form präsentiert sich der zuletzt gesperrte und nun wieder angeschlagene Marco Verratti? Und wie entscheidet sich Galtier in der Abwehr? Dreier- oder Viererkette? Sergio Ramos neben Marquinhos oder womöglich doch der gerade erst genesene Kimpembe? Oder alle drei? Und kommt Mbappé vielleicht doch noch zurück? Am Sonntag meldete jedenfalls die Sportzeitung L'Equipe , dass der Nationalspieler zumindest teilweise mit der Mannschaft trainierte und für das Bayern-Spiel bereit sein könnte.

In Monaco verzichtete der Trainer auf Messi, Verratti und den von einem Virus geschwächten Fabian Ruiz, ließ zudem zunächst Rechtsverteidiger Achraf Hakimi und Ramos auf der Bank, angesichts der frappierenden Unterlegenheit seiner Mannschaft korrigierte er jedoch seine Aufstellung im Lauf der Partie. Eine Wende konnte er auch durch die Wechsel nicht mehr herbeiführen, zu stabil spielten die Monegassen, die früh durch den Russen Aleksandr Golovin in Führung gingen (4.) und durch den überragenden Wissam Ben Yedder bald nachlegten. Der Torjäger profitierte dabei von einem kapitalen Schnitzer des 17-jährigen Ramos-Vertreters El Chadaille Bitshiabu (18.). Lediglich Torwart Gianluigi Donnarumma zeigte bei den Parisern Normalform, während es zwischen den Feldspielern immer wieder zu lautstarken Diskussionen kam - und sich Neymar zu mehreren Frustaktionen hinreißen ließ. Zwar kam PSG in der 39. Minute durch den erst 16-jährigen Warren Zaïre-Emery zum Anschlusstor, doch Ben Yedder stellte noch vor der Pause den alten Abstand wieder her.

Monaco präsentiert sich vor dem Europa-League-Spiel in Leverkusen in Top-Form

Die Gastgeber, bei denen Kevin Volland 90 Minuten auf der Bank saß und Torwart Alexander Nübel kaum geprüft wurde, vermittelten auch nach der Pause das Gefühl, jederzeit nachlegen zu können. Vor dem Europa-League-Zwischenrunden-Hinspiel am Donnerstag in Leverkusen ist die seit acht Ligaspielen unbesiegte Mannschaft des belgischen Trainers Philippe Clement in absoluter Top-Form - trotz des spektakulären Weggangs von Nationalspieler Benoit Badiashile im Januar in Richtung Chelsea.

PSG dagegen steht vor einem Berg von Problemen, und die Frage bleibt, ob Coach Galtier diese bis Dienstag auch nur ansatzweise in den Griff bekommt und seine Mannschaft fußballerisch, vor allem aber, was Zusammenhalt und Einstellung betrifft, noch einstimmen kann auf das wichtige Spiel. Falls nicht, könnte es in der französischen Hauptstadt zu unschönen Szenen kommen. Einen kleinen Vorgeschmack gab es schon am Samstag im Stade Louis II. Während Mbappé seinen Instagram-Post absetzte und Kimpembe die Fans beschwichtigte, lieferten sich der sportliche Berater Luis Campos, Kapitän Marquinhos und Neymar noch auf dem Platz und vor allem später in der Kabine einen lautstarken Streit. Und Galtier brachte sein Hauptproblem in der anschließenden Pressekonferenz auf den Punkt: "Es liegt am aktuellen Zustand des Kaders. Es mag verrückt klingen, schließlich sprechen wir über PSG. Aber das ist die Realität."

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