Manchester City in der Premier League:0:2, 3:2, Meisterschaft

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In seiner letzten Saison für Manchester City darf Kapitän Fernandinho noch einmal die Meisterschaft feiern. (Foto: Michael Regan/Getty)

ManCity und Liverpool führen im Fernduell um den Premier-League-Titel ein großes Drama auf. City verspielt beinahe Platz eins - doch Ilkay Gündogan leitet die Wiederauferstehung ein.

Von Sven Haist, Manchester

Das Spiel war noch lange nicht aus, aber für Manchester City fühlte sich dieser Moment so an, als würde der Gewinn der Meisterschaft bereits feststehen. In der 81. Minute traf Ilkay Gündogan, und nach diesem Tor zum 3:2 gegen Aston Villa rannten am Sonntagabend nicht nur alle City-Spieler wild über den Platz, sondern auch Trainer Pep Guardiola, seine Mitarbeiter aus dem Betreuerstab - und sogar einige Fans. Allerdings mussten bis auf elf Citizens alle Beteiligten kurz darauf wieder runter vom Platz für die letzten Saisonminuten.

Die Anhänger konnten also nicht aktiv mithelfen, den knappen Vorsprung gegen Aston Villa bis zum Ende zu verteidigen. Doch City zitterte sich auch ohne zusätzliche Unterstützung auf dem Spielfeld bis zum Schlusspfiff: Als dieser ertönte, brachen endgültig alle Dämme im Stadion - und die erneut auf den Platz stürmenden Fans durften dort diesmal zumindest bis zur Siegerehrung verweilen. In der Menschenmenge mit mehr als 50 000 Zuschauern war nicht mehr auszumachen, wo genau sich Guardiola und seine Spieler in der Euphorie aufhielten. Sie wurden eins mit der Masse, die enthemmt grölte: "Campeones! Olé, olé, olé!"

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Die achte Meisterschaft des Klubs erinnerte in ihrer Dramatik an den dritten Titel vor genau zehn Jahren. Damals benötigte City gegen die Queens Park Rangers einen Sieg und lag nach Ablauf der regulären Spielzeit mit 1:2 zurück. Trotzdem drehte Manchester in einem irren Finish die Partie. Mit der letzten Spielaktion in der 94. Minute erzielte Sergio Agüero das Siegtor für die erste Meisterschaft unter der Regentschaft des zur Herrscherfamilie Abu Dhabis gehörenden Scheich Mansour, der den Klub seit seinem Einstieg 2009 mit Öl-Millionen zu einem Spitzenverein aufspritzte.

Liverpools Hoffnung auf das Titel-Quadruple zerbricht

Diesmal war es die 81. Minute, in der City ein zwischenzeitliches 0:2 gegen Villa in ein 3:2 verwandelt hatte. Der Sieg war notwendig geworden, um in der Tabelle mit einem Punkt vor dem FC Liverpool zu bleiben. Denn im Parallelspiel erledigte die Mannschaft von Trainer Klopp durch ein 3:1 über Wolverhampton ihre Pflichtaufgabe. Für Liverpool dürfte sich der 38. Spieltag trotz des Erfolgs so mies angefühlt haben wie 2019, als sich die Reds ebenfalls mit nur einem Zähler hinter City mit dem zweiten Platz begnügen mussten. Bloß dass in diesem Fall auch die Träume nach einem bisher unerreichten Titel-Quadruple zerbrochen sind.

In Liverpool muss Trainer Jürgen Klopp trotz eines Sieges Aufbauarbeit leisten - hier bei Stürmer Mo Salah. (Foto: Alex Livesey/Getty Images)

Die Ausgangslage bot für Liverpool durchaus Hoffnung, weil Vereinsidol Steven Gerrard als Trainer des Mittelklasseklubs Aston Villa bei City zu Gast war - und schon immer seinen Lieblingsklub zum Meister machen wollte, was ihm als Spieler nie gelang. Am nächsten dran war Gerrard in der Spielzeit 2013/2014, als Liverpool wie der Meister aussah. Doch am drittletzten Spieltag rutschte Gerrard als letzter Mann an der Mittellinie weg und stolperte den Ball in den Lauf seines Gegenspielers Demba Ba, der prompt den Sieg für Chelsea einleitete. Den Punktverlust nutzte City und fing den Rivalen ab. Seitdem wird Gerrard bei fast jedem Spiel durch einen derben Spottgesang der gegnerischen Fans an sein Missgeschick erinnert ("He slips on his f...ing arse. He gave it to Demba Ba") - wie auch in Manchester, als er mehrmals lautstark die Schadenfreude der Citizens über sich ergehen lassen musste.

Umso bitterer dürfte es für Gerrard gewesen sein, dass er es mit Villa letztlich nicht schaffte, die Titelfeier des Liverpool-Konkurrenten zu verhindern. Dafür hätte sein Team das Remis halten müssen, das man zu Beginn der Partie innehatte - und genau darauf polte Gerrard seine Spieler. In der gewohnt dichten 4-5-1-Formation verbarrikadierte Aston Villa das eigene Tor und entnervte City in der ersten Halbzeit. Die Gäste-Verteidigung um den überragenden Kapitän Tyrone Mings schaffte es trotz Citys unzähliger Torannäherungen, stets einen Fuß dazwischen zu stellen. Die selbstsichere Anfangseuphorie der City-Fans im Stadion, untermalt beim Einlaufen der Teams durch Flammenwerfer und blauen Rauchnebel, wich zunehmend der Nervosität und dann der Panik, einer Blamage für den eigenen Verein beizuwohnen.

Guradiola verdreht die Augen

Konkret wurde das in der 37. Spielminute, als Villa die Schwächen des Gegners auf den Außenbahnen entblößte. Auf links setzte sich Lucas Digne im Duell mit dem eigentlichen Zentralverteidiger John Stones durch, seine Flanke köpfte der aufgerückte Matty Cash ein. Am Seitenrand ballte Gerrard die Faust, Guardiola verdrehte die Augen. Zu diesem Zeitpunkt war City nur Meister wegen der um fünf Treffer besseren Tordifferenz, denn im Parallelspiel zwischen Liverpool und Wolverhampton stand es 1:1.

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Als Reaktion auf den Rückstand wechselte Guardiola in der Halbzeitpause seinen Kapitän Fernandinho aus - in dessen letztem Spiel für City nach neun Jahren. Ihn ersetzte Linksverteidiger Sinchenko, wodurch Cancelo nach rechts rückte und Stones in die Mitte. Die Neuordnung gab City jedoch keinen Halt. In der 55. Minute vergab Villas Angreifer Ollie Watkins nach einem Abstoß plötzlich freistehend vor City-Torwart Ederson. Ein ähnlicher Spielzug führte kurz darauf zum 2:0 für Villa durch Philippe Coutinho (69.) - der zwischen 2013 und 2018 einst 201 Pflichtspiele für Liverpool absolvierte.

Der Treffer schockte Spieler wie Fans, Guardiola schlug sich selbst mit den Händen ins Gesicht und zuckte mit den Schultern. Sein Wechselkontingent hatte er schon ausgeschöpft, unter anderem brachte er Ilkay Gündogan - und der DFB-Nationalspieler leitete tatsächlich die Wiederauferstehung von City ein. Acht Minuten nach seiner Einwechslung verkürzte Gündogan per Kopf zum 1:2 (76.) und Rodri glich mit einem Flachschuss aus (78.). Den Toren folgte ein wahres Offensivfeuerwerk, zu dem auf diese Weise wohl nur Manchester City in der Lage ist. Während sich die Spielzeit unerbittlich dem Ende entgegenneigte, geriet das Villa-Tor beinahe sekündlich in Gefahr, bis erneut Gündogan traf - zur englischen Meisterschaft.

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