Haaland bei Manchester City:Wuchtstürmer für die Schmächtigen

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Auch das Kopfballspiel von Erling Haaland soll Manchester City künftig helfen - in der Offensive und in der Defensive. (Foto: Uwe Kraft/AFP)

Für Manchester City und Trainer Pep Guardiola macht die Verpflichtung von Erling Haaland in mehrerlei Hinsicht Sinn - im Pass- und Kombinationsspiel wird sich der Stürmer aber verbessern müssen.

Von Sven Haist, London

Die Verpflichtung von Erling Haaland ist für Manchester City schon jetzt ein Erfolg, obwohl der Angreifer für seinen neuen Klub noch gar nicht gespielt hat. Denn mit der offiziellen Bekanntgabe des Transfers am Die­ns­tag veränderte sich schlagartig die Debattenlage in England, die bis dahin noch vom bitteren Champions-League-Aus der Citizens in der Vorwoche geprägt war. Statt mühsamer Analysen, ob Trainer Pep Guardiola den Kollaps bei Real Madrid beispielsweise mit der Einwechslung eines kopfballstarken Verteidigers hätte verhindern können, richten sich die Diskussionen nun nach vorn - wegen des Haaland-Wechsels.

Dank einer Ausstiegsklausel in seinem Vertrag bei Borussia Dortmund wird Haaland im Sommer nach Manchester ziehen - für kolportierte, aber abwegig anmutende 60 Millionen Euro, was offiziell nur die neuntteuerste Akquisition der City-Historie wäre. Doch wie auch immer der genaue Betrag lautet und welche Summen tatsächlich rund um den Transfer fließen, ist für City eigentlich sowieso einerlei. Seit der Klub 2008 infolge der Übernahme durch Scheich Mansour, Mitglied der Herrscherfamilie von Abu Dhabi, gewissermaßen an dessen Geld-Pipeline angeschlossen wurde, ist City einer der vermögendsten Akteure des Weltfußballs.

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Schon vor einem Jahr stand ein renommierter Stürmer ganz oben auf der Einkaufsliste. Damals ließ Trainer Guardiola den Vertrag mit dem langjährigen Torjäger Sergio Agüero, 33, der seine Karriere inzwischen wegen Herzproblemen beenden musste, nicht verlängern. Allerdings handelte sich City 2021 trotz einer mächtigen Offerte für Englands Nationalmannschaftskapitän Harry Kane eine Absage von Tottenham Hotspur ein. Als Reaktion darauf angelte sich Guardiola den Offensivallrounder Jack Grealish (von Aston Villa) für die Klub-Rekordablöse von 117,5 Millionen Euro - ein Wucherpreis, der dem Verein mal wieder einiges Gespött einbrachte.

Bei der Verpflichtung hilft City, dass die englischen Top-Konkurrenten nicht mitbieten können

Umso mehr scheint es Manchester City nun ein Anliegen zu sein, die tendenziell akzeptablen Ausgaben für Haaland - gemessen an dessen Leistungsvermögen - zu betonen. Bei der Abwicklung des Geschäfts half, dass vor allem der englischen Konkurrenz die Hände gebunden waren. Citys finanzkräftiger Stadtrivale United befindet sich noch in der Orientierungsphase für die neue Saison und wird in der Champions League erst mal zuschauen müssen. Der FC Liverpool, ärgster City-Konkurrent in der Meisterschaft, engagierte erst kürzlich den Angreifer Luis Díaz. Und der FC Chelsea konnte für Haaland gar nicht mitbieten - wegen der harten Sanktionen gegen Noch-Eigentümer Roman Abramowitsch.

Furchteinflößendes Trio: Zu Kevin De Bruyne (links) und Phil Foden gesellt sich künftig auch noch Erling Haaland. (Foto: Craigh Brough/Reuters)

Bei City wird Haaland die in dieser Saison vakante Position des Mittelstürmers einnehmen. Deswegen steht bei der Begründung des Transfers natürlich die enorme Torquote des Norwegers (85 Treffer in 88 Pflichtspielen für Dortmund) im Vordergrund. Doch hinter vorgehaltener Hand gilt Haaland ebenso als Verstärkung für die bisweilen labile City-Defensive. Seine außergewöhnliche Wucht und Schnelligkeit beim Anlaufen sollen die gegnerischen Verteidiger davon abhalten, mit nach vorne zu gehen. Zudem erhöht der 21- Jährige allein mit seiner Statur die Physis im merklich zu schmächtigen City-Team. Insbesondere soll Haalands Größe, 1,94 Meter, die Anfälligkeit bei Standards und Flanken senken - obwohl das Kopfballspiel bisher nicht zu Haalands Kernkompetenzen zählte.

Dass ihm auch für City reichlich Tore gelingen werden, angesichts von Mitspielern wie Kevin De Bruyne und Phil Foden, bezweifelt ohnehin niemand. Um seinen technisch versierten Offensivkollegen ein angemessener Spielpartner zu sein, wird sich Haaland jedoch im Pass- und Kombinationsspiel verbessern müssen - das wird für ihn die wohl größte Herausforderung bei City sein.

Und noch ein Aspekt kommt hinzu: Während Citys bisherige Spieler weit mehr auf statt neben dem Platz auffallen, verbindet der Klub mit dem Haaland-Move auch die Hoffnung, an Reputation bei Fans auf der ganzen Welt zu gewinnen. Der neben Kylian Mbappé aktuell wohl begehrteste Jungstürmer der Erde soll neue City-Sympathisanten generieren und zum Marketinggesicht des Vereins werden.

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