Meinungsfreiheit bei Olympia:Krasse Aussichten in Peking

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Fehlende Meinungsfreiheit bei den Spielen in Peking? Er schätze die Drohung "sehr ernst" ein, sagte DOSB-Chef Thomas Weikert. (Foto: Anke Waelischmiller/Imago)

Eigentlich sollte sich die Debatte im Sportausschuss des Bundestags um Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Sport drehen. Doch dann ging es doch um die Winterspiele - leider ohne Tiefgang.

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Der Tagesordnungspunkt hieß "Sachstandsbericht zu Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Sport", die Debatte am Mittwoch im Sportausschuss des Bundestags steuerte aber rasch auf Auswirkungen anderer Art zu: wenn Sportereignisse wie Paralympische und Olympische Spiele an autoritäre Regimes vergeben werden, wie im Fall der nahenden Winterspiele in Peking.

Vor Olympia rege sich ja immer Kritik, sagte Karla Borger, die Präsidentin des Vereins Athleten Deutschland - doch die Schwemme an Themen, die derzeit über die Athleten hereinbreche, so Borger, "übersteigt unsere Vorstellungskraft": die strengen Corona-Tests, digitale Überwachung, die katastrophale Menschenrechtslage. Borger sagte: "Keiner kann derzeit so richtig befreit aufschlagen." Man erwarte "sehr krasse Spiele".

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Großen Tiefgang entwickelte die folgende Debatte selten. Friedhelm Julius Beucher, der Präsident des Deutschen Behindertensportverbands, befand, dass man wenig Handlungsspielraum habe, wenn Bürger-Referenden europäischer Bewerber scheiterten, am Ende nur Kasachstan und China um das Event buhlen.

Thomas Weikert, sein Kollege an der Spitze des Deutschen Olympischen Sportbundes, assistierte, dass man die Menschen hierzulande wieder für die Chancen der Spiele begeistern müsse - die Vorzüge etwa, eine Gastgeberstadt zu entwickeln. Das umschiffte leider, wieder einmal, den Kern der Sache: dass offenkundig nicht die mangelnde Begeisterung für Großprojekte das Problem ist, sondern das Misstrauen, sich dabei das Internationale Olympische Komitee ins Boot zu holen, dessen Events verlässlich Schneisen der Korruption und Kostenexplosionen hinterließen.

Die Anregung von Johannes Herber, dem Geschäftsführer von Athleten Deutschland, klang da noch am stimmigsten. Er forderte die Politiker auf, große Sportverbände wie multi-globale Unternehmen zu behandeln - und zu drängen, die Achtung von Menschenrechten in alle Schichten der Firmenkultur einzuweben. Die deutschen Athletenvertreter hatten vor Kurzem erst darauf hingewiesen, dass dem IOC seit 2020 ein entsprechender Entwurf vorliege - und gefragt: "Warum wird dieser nicht umgesetzt?"

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Gute Frage. Und gleich eine weitere hinterher: Hat man da als nationaler Dachverband so gar keinen Handlungsspielraum, Druck auszuüben?

Herber betonte noch einmal, dass der DOSB vor den Peking-Spielen immerhin viel unternommen habe, um seine Athleten auf die Lage vorzubereiten. Wie unzureichend das ist, untermauerte eine Anfrage aus der Grünen-Fraktion: Was es mit der Aussage aus dem Pekinger OK auf sich habe, das Athleten bei kritischen Äußerungen zuletzt "Bestrafungen" in Aussicht stellte? Er schätze diese Drohung "sehr ernst" ein, sagte DOSB-Chef Weikert, ihm sei aus dem IOC aber zugesichert worden, dass Athleten sich frei äußern dürfen. Der DOSB werde seine Athleten jedenfalls schützen, "so weit das möglich ist". Aber im schlimmsten Fall, anders konnte man diese Aussage kaum verstehen, trägt jeder die Konsequenzen für sich.

Krasse Aussichten.

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