Niederlage des FC Bayern:Lahm hadert mit Ancelottis Wechsel

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Bayerns Philipp Lahm fasst sich an den Kopf. Wieso musste er in Dortmund früher raus? (Foto: dpa)
  • Nach dem 0:1 in Dortmund verbirgt Bayern-Kapitän Philipp Lahm das Unverständnis über seine Auswechslung nur mit Mühe.
  • Dass Carlo Ancelotti ihn für Rafinha rausnahm, wundert den Weltmeister schon ein wenig.

Von Benedikt Warmbrunn, Dortmund

Als er fünf Jahre alt war, trat Philipp Lahm der Fußballabteilung der FT Gern bei, und wahrscheinlich eignete er sich schon damals dieses exakte Denken und Fühlen im Raum an, diese unaufgeregte Präzision im Passspiel, diesen zackigen Sprintstil, mit dem er seit Jahren die Seitenlinien des Weltfußballs auf und ab rennt. Ganz sicher eignete er sich damals schon eine Eigenschaft an, die ihn zum Klassensprecher des FC Bayern und des deutschen Fußballs hat reifen lassen: Diplomatie.

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"Ich habe immer gelernt, seit meinem fünften Lebensjahr", sagte Lahm, seit wenigen Tagen 33 Jahre alt, am Samstagabend in Dortmund, "dass man die Entscheidungen des Trainers zu akzeptieren hat."

28 Jahre lang hat Lahm Entscheidungen akzeptiert, oft ist ihm das leicht gefallen, zum Beispiel unter Pep Guardiola. Manchmal hat er nicht alles nachvollziehen können, das versteckte er aber hinter geschickten Formulierungen. Doch selten hat er seinen Unmut selbst hinter all seinem diplomatischen Können so wenig verbergen können (und wollen) wie am Samstag.

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Es lief die 68. Minute der Partie des FC Bayern in Dortmund, die Mannschaft lag 0:1 hinten, mit jeder Minute erhöhte sie jedoch die Kontrolle, und es blieben ja noch 22 Minuten für den Ausgleich. Dann traf Carlo Ancelotti, der Trainer, die Entscheidung, Lahm aus der Partie zu nehmen. Und für ihn Rafinha zu bringen, der nicht so exakt denkt und fühlt wie Lahm, der nicht so präzise oder unaufgeregt passt, der nicht so zackig sprintet, allenfalls, wenn es darum geht, sich ein bisschen zu zoffen.

Es war eine Entscheidung, die nur Ancelotti verstand. Lahm ist ja neben Xabi Alonso der Spieler, der das beste Gefühl dafür hat, wie er die Statik eine Partie doch noch zu eigenen Gunsten kippen lassen könnte (Alonso wechselte Ancelotti sechs Minuten später ebenfalls aus).

Ancelotti hat Lahm in dieser Saison schon die eine oder andere Pause gegönnt; dem Spieler war das meist ganz recht, er spürt ja, dass er nicht mehr den Körper eines Fünfjährigen hat. Aber bisher waren es Partien, in denen der Erfolg des Teams nicht gefährdet zu sein schien, es waren keine Partien, in denen es auch ums Prestige ging. "Ich hatte keine Probleme", sagte Lahm unmittelbar nach dem Abpfiff in einem TV-Interview, befragt nach den Gründen für seine Auswechslung, er war zu diesem Zeitpunkt noch nicht ganz auf der Höhe seiner diplomatischen Kunstfertigkeit.

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Und so fuhr er fort: "Da müssen Sie den Trainer fragen, ich bin nicht für Ein- oder Auswechslungen zuständig." Gut geschulten Rhetorikern überließ er es, aus diesem Satz das herauszuhören, was er meinte: dass er es bedauerte, dass sein Zuständigkeitsbereich an diesem Abend Grenzen hatte. Es spiele keine Rolle, sagte er dann noch, "ob ich überrascht bin oder nicht".

Später fand Lahm wieder zurück zur gewohnten Diplomatie, aber weiterhin wirkte er wie einer, der sich wünschte, wieder ein Fünfjähriger zu sein, dem es noch ganz leicht fällt, jede Entscheidung des Trainers zu akzeptieren.

© SZ vom 21.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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