Borussia Dortmund:Tuchel verblüfft die Bayern

Borussia Dortmund v Bayern Muenchen - Bundesliga

Thomas Tuchel: Kommuniziert viel und gerne mit den Händen

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Der Clou des Dortmunder Trainers: Er überrascht die Münchner beim 1:0 mit taktischen Finessen - und mit Mario Götze, den viele schon abgeschrieben hatten.

Von Freddie Röckenhaus, Dortmund

Wenn ein Schöngeist wie Thomas Tuchel ein Spiel mit einem Boxkampf vergleicht, muss es schon ein wirklicher In-Fight von einem Fußballspiel gewesen sein. "Wenn man mit den Bayern in den Ring steigt", sagte Dortmunds Trainer nach der Schlacht, "dann kann man nicht erwarten, dass man ohne blaue Augen davonkommt." Das 1:0 war deshalb sicher ein Sieg des Willens. Aber es war auch der Tag, an dem Tuchel seinen geistigen Vater Pep Guardiola hinter sich gelassen hat.

Nachdem in den vier Partien der vergangenen Saison, von Supercup bis DFB-Finale, fast immer Guardiola mit taktischem Raffinement überraschte, hat Tuchel diesmal beim Rasenschach gewonnen - gegen Guardiolas Nachfolger Carlo Ancelotti. Mit zwei Sturmspitzen, Pierrre-Emerick Aubameyang und Adrian Ramos, gelang es Tuchels BVB über weite Strecken, die Offensivmacht von Jérôme Boateng und Mats Hummels weitgehend kalt zu stellen. Und am anderen Ende des Spielfelds ließ Tuchel mit Fünferkette und mit drei Innenverteidigern Marc Bartra, Sokratis und Matthias Ginter spielen.

Tuchel geht ein hohes Risiko ein - die Rechnung geht auf

Beides entspricht nicht dem typischen Dortmunder Spiel mit der alleinigen Spitze Aubameyang und mehr Getümmel im zentralen Mittelfeld. Dort ließ der BVB den Bayern Spielraum, aber nicht dort, wo die Tore fallen. Die ersten zwanzig Minuten ließ Tuchel seine Mannschaft zudem einen kraftraubenden Alarm-Fußball spielen. Das ist immer ein hohes Risiko. Aber an diesem Abend ging die Rechnung auf, weil Mario Götze seinem Torjäger Aubameyang einen so präzisen Flachpass hinter die Bayern-Abwehr zirkelte, dass der Franzose mit gabunischem Background den Ball mit der Fußspitze genau dieses eine Mal an Nationaltorwart Manuel Neuer vorbeibrachte, das am Ende zum Sieg reichte. Der Rest war Kampf - und Taktik.

Der Matchwinner kam aus eben jenem Zentrum, das Tuchel den Bayern überließ. Mario Götze gelang sein allererster Bundesliga-Scorerpunkt der Saison. Aber vor allem arbeitete Götze seine Bayern-Gegenspieler müde. "Er hat sehr gut gespielt, er war wahnsinnig fleißig. Die Torbeteiligung ist genau das, was ihn jetzt wieder einen Schritt weiter nach vorne bringt, das bringt jetzt mal Fleisch an den Knochen", bejubelte Tuchel den Dortmund-Heimkehrer.

Die beste Chance zu einem zweiten Tor vergibt Aubameyang

Nach der wuchtigen Anfangsphase ließen sich die Dortmunder rund 50 Spielminuten lang weit in die eigene Hälfte absinken. Das geht gegen die Bayern nicht immer gut. Aber drei Innenverteidiger können in so einer Spielphase, mit dem typischen Bayern-Punch in Torraumnähe, mehr als nützlich sein. Auch Götze und André Schürrle arbeiteten in dieser langen Überlegenheitsphase der Bayern unermüdlich gegen den Ball.

Die letzten zwanzig Minuten setzte Tuchel dann wieder auf Gegenangriff. Aubameyang hatte, als er allein auf Neuer zulief, die wahrscheinlich klarste Chance des Spiels - und ließ sie aus. Aber überdeutlich wurde in dieser Schlussphase, dass Dortmund dieses Mal die Bayern hatte müde laufen lassen. Tuchel hat mit seinem vorher eher überraschenden Aufstellungswechsel dieses Mal den Nagel auf den Kopf getroffen. Tuchels Vorab-Analyse, dass es im Boxring der beiden besten deutschen Mannschaften den Bayern derzeit an der letzten Fitness und an den raffinierten Extra-Ideen von Guardiola zu mangeln scheint, hat gestimmt.

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