Deutsche in den NBA-Playoffs:Auf dem Weg ins Zimmer der Besten

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"Die sind so unfassbar gut": Franz Wagner (rechts), hier gegen Harrison Barnes von den Sacramento Kings, staunt über seine Gegenspieler in der NBA. (Foto: Mike Watters/Reuters)

Die NBA-Playoffs beginnen: Maxi Kleber soll für Dallas das Puzzleteil für den Titel sein - und Daniel Theis in Boston der Beschützer des Korbs. Rookie Franz Wagner muss trotz grandioser Saison zuschauen.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Es geht natürlich ums Gewinnen beim Sport und um den Beweis, objektiv besser zu sein als die anderen. Und am Ende, es gibt sogar Lieder darüber, zählt nur der Titel, alle anderen sind Verlierer, an die sich niemand erinnert. Legt man diese Kriterien an, dann hat Franz Wagner eine schreckliche erste NBA-Saison hinter sich. Sein Verein Orlando Magic hat die zweitschlechteste Bilanz (22:60) der nordamerikanischen Basketballliga und sich nicht für die Playoffs qualifiziert, die am Dienstag mit einem Mini-Turnier um die verbleibenden vier der 16 Plätze begonnen haben.

Man kann Sport aber auch sehen als Herausforderung, wie gut einer werden kann in einer Disziplin, und da sind sich dann so ziemlich alle einig, dass Wagner ein paar Schritte in die Richtung des Zimmers gemacht hat, in das nur sehr, sehr wenige Sportler gelangen und an dessen Tür steht: Zutritt nur für die Besten der Welt.

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Er hat eine außerordentliche Debüt-Saison geschafft, die beeindruckenden Statistiken (15,2 Punkte, 4,5 Rebounds und 2,9 Assists pro Spiel) erzählen nur einen Teil des Ganzen, so wie in einem Teamsport auch Leute den Titel holen, die nichts verloren haben im Beste-der-Welt-Zimmer. Die NBA-Talentbörse ist stets ein Blick in die Glaskugel. (Wagner wurde als Achter seines Jahrgangs gewählt, so früh wie zuvor nur ein Deutscher: Detlef Schrempf im Jahr 1985.)

Da kann einer am College so gut sein, wie er will, und Wagner kam mit Michigan ins Viertelfinale - er spielt nun mal auch gegen Leute, die danach Anwälte und Zahnärzte werden. Wie gut einer wirklich ist, das erkennt man erst, wenn er gegen die Besten antritt. "Die sind so unfassbar gut", sagte Wagner kürzlich zur SZ. "Das bemerkt man aber erst, wenn man direkt gegen sie spielt: wie athletisch die sind, wie schnell, wie talentiert."

Genau das sagen sie nun auch über Wagner: wie elegant er sich bewege, wie unfassbar hoch sein Spielverständnis sei trotz seiner erst 20 Jahre, wie er selbst ausgebuffte Profis in die Irre führe. Klar gibt es Videos von ihm mit flinken Dribblings, feinen Pässen, krachenden Dunkings. Seine Qualitäten sind aber dann am deutlichsten zu erkennen, wenn er den Ball nicht hat. Freilaufen in der NBA ist, als würde man im strömenden Regen versuchen, von einem Gebäude zum anderen zu rennen. Man muss diesen Moment abwarten, in dem es nicht ganz so schüttet, und dann auf kürzestem Weg, den man vorher erspäht haben muss, so schnell wie möglich rüber.

Wagner soll ein paar Muskelkilos draufpacken, um furchtloser den Körperkontakt mit Gegnern zu suchen

Wagner erkennt diese Situationen, erkennt die Wege, und er bekommt dann auch den Ball. Das ist der Vorteil für einen jungen Spieler, wenn sein Verein eine schlimme Bilanz hinlegt: Er darf sich entwickeln und diese Schritte machen; in Orlando wollten sie nur ja nicht, dass es zu schnell geht. "Wir wollen das perfekt machen und keine Schritte auslassen", sagte Trainer Jamahl Mosley am Ende der regulären Saison. Sie wollen etwas aufbauen, und sie hoffen, dass sie die Grundlagen dafür gelegt haben, vor allem bei Wagner, denn er ist noch ein wenig entfernt von diesem Beste-der-Welt-Raum.

Er soll nun möglichst ein paar Muskelkilos draufpacken, um furchtloser den Körperkontakt mit Gegnern zu suchen, sowohl beim Zug zum Korb als auch in der Defensive. Und sie wollen, dass er noch andere Wege zu punkten findet als jene, die in dieser Spielzeit gut funktioniert haben und die den Gegnern nun auch bekannt sind. Es heißt deshalb häufig, dass die zweite Saison schwieriger und wichtiger sei als die erste, und für Wagner beginnt die Sommerpausen-Arbeit: jetzt, während andere um den Titel kämpfen.

Maxi Kleber wird bei der WM nicht dabei sein. (Foto: Ron Jenkins/AFP)

Maxi Kleber von den Dallas Mavericks etwa, die in der ersten Runde auf Utah Jazz treffen. In Dallas sind sie sich einig, dass sie eine ernsthafte Chance auf den Titel haben - wenn dieser Kleber gesund und selbstbewusst ist. Natürlich kommt es auf die Stars an in den Playoffs, bei den Mavericks ist das Luka Doncic. Doch aufgrund seiner Vielseitigkeit in der Defensive und seiner Treffsicherheit ist Kleber das, was sind in den USA das "Titel-Puzzleteilchen" nennen. Allerdings wirkt Kleber schon seit Wochen so, als hätte ihm jemand das Zielwasser geklaut, seit Februar trifft er nur 24 Prozent der Würfe von jenseits der Drei-Punkte-Linie.

Die Celtics brauchen gegen das Offensiv-Spektakel der Nets den Korbbeschützer Theis

Es geht nicht nur um Punkte selbst, Kleber schaffte sieben pro Partie, sondern auch darum, dass ihn die Mavericks als Pick-and-Roll-Option für Doncic brauchen (der nach dem Block entscheidet, ob er selbst abschließt oder auf Kleber ablegt) und als Bedrohung von jenseits der Drei-Punkte-Linie, wenn Dwight Powell zum Korb zieht. Ein Weg, aus so einem tiefen Tal rauszukommen, sind Erfolgserlebnisse am Ende der regulären Saison, doch da war Kleber verletzt. Er muss sich nun also im Ernstfall aus der Krise befreien.

Mit den Boston Celtics favorisiert: Daniel Theis. (Foto: Morry Gash/AP)

Ein wenig besser sieht es für Daniel Theis aus, den die Boston Celtics im Februar zurückgeholt haben und über den Trainer Ime Udoka sagt, dass er ihn nun wegen der Verletzung von Robert Williams nicht nur als Stamm-Center sieht, sondern als einen im Titelkampf wichtigen Spieler. Die Celtics sind in der Eastern Conference an Platz zwei gesetzt. In der ersten Runde könnte es zum Duell mit den Brooklyn Nets kommen, die wegen der Verletzung von Kevin Durant und dem Querdenken von Kyrie Irving zwar keine gute Bilanz geschafft haben, jedoch als Favoriten gelten, sollten sie das Play-In-Spiel gegen Cleveland (in der Nacht zum Mittwoch) gewinnen. Die Celtics brauchen gegen das Offensiv-Spektakel der Nets den Korbbeschützer Theis.

Wagner soll nun also daran arbeiten, dass Orlando Magic möglichst bald zu den Playoff-Kandidaten gehört; Kleber und Theis daran, dass es schon heuer klappt mit dem Titel. Es geht schon auch darum, wie gut sie alle sein können in dieser Sportart, letztlich geht es jetzt aber nur noch ums: gewinnen.

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