Manipulationsgerüchte im spanischen Fußball:Seltsame Serie in Saragossa

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Lionel Messi macht gegen Espanyol die 50 Ligatore voll, Barça-Trainer Pep Guardiola wird im Stadion Camp Nou triumphal verabschiedet und die Saison geht langsam zu Ende. Eigentlich könnte der spanische Fußball zur Ruhe kommen - doch wieder einmal erschüttern schwere Betrugsvorwürfe den Abstiegskampf der Primera División.

Javier Cáceres, Madrid

Auf den ersten Blick ist da nichts, was die Sonne über Spanien nicht schon oft genug gesehen hätte. Es ist noch jedes Ende einer Fußballsaison um mehr oder weniger ausdrückliche Manipulationsgerüchte bereichert worden. Doch so offenherzig wie in diesem Mai sind die Schiebungsvorwürfe noch nie vorgetragen worden. Nachdem vergangene Woche bekannt wurde, dass Spaniens Ligaverband LFP die Generalstaatsanwaltschaft für die Problematik "sensibilisieren" wollte, setzte Enrique Pina, Präsident des Abstiegskandidaten Granada CF, am Samstag in den Medien verbal ein paar Mosaiksteinchen.

Umarmung zwischen zwei Großen: Pep Guardiola und Lionel Messi. (Foto: REUTERS)

Die fügten sich zu einem betrüblichen Bild: Die wundersame Auferstehung des neulich noch mausetoten und weiterhin abstiegsbedrohten Traditionsklubs Real Saragossa soll von dessen Eigner Agapito Iglesias erkauft worden sein.

"Wir alle wissen, dass es einen Klubführer gibt, der nicht sauber ist", sagte Pina in einem TV-Interview, und fügte hinzu, dass es "seltsam" sei, dass Saragossa in der Hinrunde nur vier Siege erzielt hatte, nun aber eine Champions-League-verdächtige Rückrunde hinlegt. Einem Trainer, mit dem er Ende letzten Jahres verhandelt hatte, habe Agapito gesagt, dass er sich um das Saisonende keine Sorgen machen solle: "Um die letzten sechs Spiele kümmere ich mich schon."

Am vorletzten Spieltag eskalierte die Gemengelage, weil Saragossa erstens mit 2:1 gegen Racing Santander siegte und dessen Abwehr sich in der zweiten Halbzeit - gelinde gesagt - aufreizend passiv zeigte.

Und Granada zweitens daheim gegen den neuen Meister Real Madrid mit dem gleichen Resultat verlor - derweil der FC Barcelona beim letzten Heimspiel von Trainer Josep Guardiola durch vier Tore von Lionel Messi (50 Ligatreffer!) mit 4:0 gegen RCD Espanyol siegte.

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Granada lag gegen Madrid zunächst in Führung, verlor dann aber durch einen von Ronaldo verwandelten Foulelfmeter sowie ein Eigentor in der Nachspielzeit. Schiedsrichter Carlos Clos Gómez benötigte noch auf dem Platz Polizeischutz, später sperrte er sich stundenlang in der Kabine ein.

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Vordergründig ging es um den ziemlich klaren Strafstoß, hintergründig aber darum, dass Sportskamerad Clos aus Saragossa stammt. "Ich weiß, dass dessen ganze Familie Mitglied bei Real Saragossa ist", schäumte Granada-Profi Mikel Ros. Andere Spieler waren nicht ganz so besonnen.

Moisés Hurtado nannte Clos nach Schlusspiff einen Dieb, Guilherme Siquiera rief ihn einen Schuft, weshalb sie noch die rote Karte sahen, derweil der ausgewechselte Dani Benítez mit einem halben Liter isotonischem Getränk nach ihm warf - das Problem war, dass das Getränk noch in der Flasche war.

Benítez sagte nachts im Fernsehen, dass er sich gern entschuldigt hätte, die Tür der Schiedsrichterkabine aber verschlossen und auch sonst ziemlich viel los gewesen sei. Das belegt auch der Spielbericht. Darin schrieb Clos, dass Granadas José Ignacio García Sendín so lange dagegen trat, bis das Schloss kaputt war.

Wie es weitergeht? Moisés, Hurtado, Benítez und Sendín dürften fürs letzte Spiel gesperrt werden, die Vorwürfe gegen Saragossa sich verflüchtigen, und die Justiz, mit der Agapito seinem Amtskollegen Pina droht, unbehelligt weiterruhen.

© SZ vom 07.05.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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