RB Leipzig:Max Eberl schraubt und hämmert

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Hat da etwa jemand schon Flügel? Lois Openda von RC Lens wird von Leipzig heftig umworben. (Foto: David Catry/Imago)

Beim Pokalsieger zeichnen sich die Konturen der künftigen Mannschaft ab. Nach den Verkäufen von Nkunku und Szoboszlai wird der Manager als ein Käufer mit Taschen voller Geld wahrgenommen - aber Eberl holt lieber U23-Profis.

Von Javier Cáceres, Berlin

Wer sich dieser Tage in Leipzig umhört und dabei auch der Frage nachgeht, wie sich der Geschäftsführer Sport Max Eberl und sein Team gerade schlagen, der bekommt Lobeshymnen zu hören. "Ihr könnt mir glauben, dass die Jungs richtig gute Arbeit machen", sagte etwa Trainer Marco Rose schon zu Wochenbeginn. Er verlieh den Schilderungen, die in Leipzig zuvor hinter vorgehaltener Hand zu hören waren, einen quasi offiziellen Charakter. Eberl, heißt es, schraube und hämmere am neuen Kader, als gäb's kein Morgen, und das bedeutet in diesem Fall: Als gäbe es nicht die Gerüchte um das Interesse des FC Bayern, den erst vor gut einem halben Jahr in Leipzig installierten Manager abzuwerben und so den geschassten Hasan Salihamidzic zu ersetzen - notfalls erst im Winter. Womöglich ist Eberls Arbeitseifer ein Indiz dafür, dass eine weitere derzeit kursierende Kolportage stimmen könnte. Sie lautet, dass er dem Werben standhalten werde.

Daran, dass er arbeitet, um die vielen Lücken im Kader zu schließen, die sich bei Leipzig aufgetan haben, besteht kein Zweifel. Seit Donnerstag steht fest, dass Eberl die nach der schwierigen Vertragsverlängerung von Mittelfeldspieler Dani Olmo wohl schwierigste Aufgabe des Sommers gelöst hat: den Weggang von Stürmer Christopher Nkunku zum FC Chelsea zu kompensieren. Leipzig einigte sich mit RC Lens über einen Transfer des 23-jährigen Belgiers Lois Openda - für eine Ablöse von mehr als 40 Millionen Euro.

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Die Einigung war im Grundsatz schon vor Tagen hergestellt worden. Doch in Lens kam es offenkundig nicht gut an, dass der Kicker bereits am Mittwochabend Vollzug gemeldet und angekündigt hatte, Openda werde am Freitag zum Medizincheck nach Leipzig reisen. Den Ärger darüber konnte man in der Zeitung L'Équipe vom Donnerstag famos zwischen den Zeilen lesen, Lens beharre auf 50 Millionen Euro Ablöse. Am Donnerstagabend berichtete L'Équipe in ihrer Online-Ausgabe, Leipzig habe eingewilligt, eine Sockelablöse von 43 Millionen Euro zu entrichten - und sechs Millionen an erfolgsabhängigen Prämien draufzulegen. Ein solches Volumen wurde von Leipzig bestritten. In jedem Fall darf als verbürgt gelten, dass Openda Leipzigs Rekordeinkauf ist und nach Sachsen wollte, was auch an der Überzeugungsarbeit von Max Eberl gelegen habe, wie im Umfeld von Openda zu hören ist.

So oder so: Das Beispiel Openda/Lens zeigt, dass sich RB Leipzig mit Geschäftspartnern auseinandersetzen muss, die Preise im Zweifel gerade höher schrauben - vor allem, weil RB mit hohen Einnahmen für Schlagzeilen sorgt. Der deutsche Pokalsieger konkurriert mit den Räumungsverkäufern vom FC Chelsea aus London um den fiktiven Titel des Sommertransferfenster-Einnahmen-Weltmeisters. Obwohl mit Konrad Laimer einer der Schlüsselspieler der vergangenen Jahre ablösefrei zum FC Bayern München wechselte.

Sollte Gvardiol gehen, würde Leipzig mehr als 200 Millionen Euro in einer Saison durch Spielertransfers erlösen

Zurzeit schreibt der Branchendienst Transfermarkt den Leipzigern Einnahmen von mehr als 133,5 Millionen Euro gut, für die Offensivkräfte Christopher Nkunku (FC Chelsea) und Dominik Szoboszlai (FC Liverpool) flossen 60 beziehungsweise 70 Millionen Euro. Hinzu kommen 3,5 Millionen Euro für den Torwart Josep Martínez (FC Genua) sowie eine Leasing-Gebühr für den zuletzt an Hoffenheim verliehenen spanischen Linksverteidiger Angeliño (Galatasaray). Und es gilt zudem als wahrscheinlich, dass Innenverteidiger Josko Gvardiol den Verein Richtung Manchester City verlassen wird. Dem englischen Triple-Sieger dürfte tendenziell einerlei sein, ob er in diesem Sommer 100 Millionen Euro und ein paar Zerquetschte oder im kommenden Sommer die für 2024 festgeschriebene Ablösesumme von 110 Millionen entrichtet.

Sollte auch Gvardiol gehen, würde Leipzig zum zweiten deutschen Verein werden, der mehr als 200 Millionen Euro in einer Saison durch Spielertransfers erlöst - hinter Borussia Dortmund, das in der Spielzeit 2017/18 rund 270 Millionen Euro einnahm. Der BVB schaffte es damals, allein dem FC Barcelona 135 Millionen Euro für Ousmane Dembélé abzuknöpfen. Barcelona war damals in der verzwickten Lage, 222 Millionen Euro allein für Neymar (Paris Saint-Germain) kassiert zu haben und ihn namhaft ersetzen zu müssen, neben Dembélé kam damals noch der Mega-Flop Coutinho, für den der FC Liverpool ebenfalls einen Mondpreis aufrief, den Barcelona bediente. Um fortan zum Exempel zu werden, wie ruinös Geld verprasst werden kann.

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Dass Max Eberl als Manager mit Taschen voller Geld wahrgenommen wird, konnte man schon bei den Verhandlungen über die bislang offenen Transfers der Innenverteidiger Castello Lukeba (Olympique Lyon) und Lutsharel Gertruida (Feyenoord Rotterdam) beobachten. Die Frage, 0b ein Preisschild von rund 50 Millionen Euro für Openda über Marktwert liegt oder nicht, wird in der Branche eifrig diskutiert - allein deshalb, weil RC Lens vor einem Jahr "nur" elf Millionen Euro auf den Tisch legen musste, um Openda beim niederländischen Erstligisten Vitesse Arnheim loszueisen. Von seinem Alter her entspricht er allemal dem erprobten Akquise-Muster der Leipziger: Er gilt als jung und entwicklungsfähig.

Schon vor Wochen wurden die Zugänge des großgewachsenen Mittelstürmers Benjamin Sesko (25 Millionen Euro/20 Jahre) und Mittelfeldspieler Nicolas Seiwald (20 Millionen Euro/22) eingetütet, beide spielten bislang bei den RB-Verwandten in Salzburg. Sesko erzielte in Österreich 18 Tore in 41 Spielen und soll dabei helfen, Nkunku im Sturm vergessen zu machen. Seiwald gilt als designierter Laimer-Ersatz.

Daneben wurde Fábio Carvalho beim FC Liverpool ausgeliehen, der Verein von Jürgen Klopp ist vom kreativen Portugiesen so hinreichend überzeugt, dass er sich einem Verkauf verweigerte. Carvalho verzichtete auf die Teilnahme an der U21-Europameisterschaft, um sich einen Platz in Leipzig zu sichern. Die Chancen sind durch den eher unerwarteten Abschied von Dominik Szoboszlai eher gestiegen.

Christoph Baumgartner wechselt aus Hoffenheim ins Leipziger Mittelfeld (24 Millionen Euro/23 Jahre). Und auf der Zielgeraden befindet sich zudem die Verpflichtung von El Chadaille Bitshiabu. Der 18-jährige Innenverteidiger aus der Jugend von Paris Saint-Germain soll 15 Millionen Euro kosten. Auch bei einer anderen Personalie befindet sich Eberl auf einem guten Weg. Denn Trainer Marco Rose soll bald seinen Vertrag über 2024 hinaus verlängern - zu aufgebesserten Bezügen.

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