Internationaler Sport:Raus aus Russland

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Das Rennen in Sotschi, geplant für den 25. September, soll nicht stattfinden. (Foto: Andrej Isakovic/AFP)

Von Formel 1 bis Champions League: Als Reaktion auf den Krieg gegen die Ukraine zieht sich der Weltsport aus Russland zurück. Das IOC ruft dazu auf, alle Wettbewerbe abzusagen, die Fifa wartet lieber erst mal ab.

Von Martin Schneider

Das IOC reagierte spät. Am Freitagnachmittag, nachdem viele Sportverbände schon in das Schweigen der Olympier hinein erste Konsequenzen aus dem russischen Angriff auf die Ukraine gezogen hatten, versandte das Internationale Olympische Komitee eine Mitteilung. Man fordere alle Sportverbände dazu auf, geplante Veranstaltungen in Russland und Belarus zu verlegen oder abzusagen, hieß es. Die Regierungen beider Länder hätten den Olympischen Frieden gebrochen, der in diesem Fall nicht nur ein symbolischer ist, sondern erst im Dezember 2021 durch eine Resolution der Vereinten Nationen gestützt wurde.

Deswegen seien nun auch russische und belarussische Flaggen und Hymnen verboten; die russischen Nationalsymbole sind bei internationalen Sportereignissen allerdings ohnehin noch wegen der Staatsdoping-Strafe verbannt. Belarus wird vom IOC offenkundig als mitschuldig am Krieg angesehen, russische Truppen drangen über belarussisches Staatsgebiet in die Ukraine ein. Nichtsdestotrotz können russische und belarussische Athleten - Stand jetzt - an den paralympischen Spielen teilnehmen, die am 4. März in Peking beginnen. Dem Internationalen Paralympische Komitee (IPC) sicherte man nur die "volle Unterstützung" zu.

Die europäische Fußball-Union Uefa hatte zuvor schon entschieden, das Champions-League-Finale von Sankt Petersburg nach Paris zu verlegen und verfügt, dass bis auf Weiteres keine internationalen Spiele in der Ukraine und in Russland ausgetragen werden. Zum dritten Mal nacheinander wird das Endspiels des wichtigsten Klubwettbewerbes damit nicht am ursprünglich geplanten Ort ausgetragen, zweimal wegen der Pandemie (Lissabon und Porto statt Istanbul), nun wegen des Krieges in der Ukraine.

Champions League
:Uefa entzieht Sankt Petersburg das Finale

Wegen der Invasion in der Ukraine soll das Finale nicht in der russischen Ostseemetropole stattfinden - sondern in Paris. Im Europapokal müssen russische und ukrainische Teams auf neutralem Boden antreten.

Die Entscheidung betrifft auch akut den deutschen Klub RB Leipzig, der als Achtelfinal-Gegner in der Europa League Spartak Moskau zugelost bekam, was in diesem Fall nicht nur bedeutet, dass Trainer Domenico Tedesco auf seinen früheren Arbeitgeber trifft. Am 17. März soll das Rückspiel stattfinden - wo, ist völlig offen. Auf SZ-Anfrage teilte der russische Verband mit, dass man zu einem Spiel auf neutralem Boden antreten werde, obwohl man die Entscheidung der Uefa nicht unterstütze. Ob Spartak als russischer Klub überhaupt spielen kann, steht aber wieder auf einem anderen Blatt. Es gibt Boykott- und Ausschlussforderungen an die Uefa, bislang aber keine Anzeichen für einen solchen Schritt.

Kein Wort verliert die Uefa bisher zum staatlichen russischen Energiekonzern Gazprom, einem ihrer größten Sponsoren. Wie da die Verbindungen und Abhängigkeiten sind, sieht man an der Person Alexander Djukow. Der verurteilte am Freitag in seiner Funktion als Präsident des russischen Fußballverbandes die Entscheidung, Sankt Petersburg das Finale zu entziehen, der 54-Jährige sitzt aber gleichzeitig im Uefa-Exekutivkomitee, dem wichtigsten Entscheidungsgremium des Verbandes - und ist Chef von Gazprom Neft, der Öl-Sparte des Energieriesens, die bereits auf der US-Sanktionsliste steht.

Mann mit vielen Ämtern: Der Russe Alexander Djukow. (Foto: Alexander Zemlianichenko/dpa)

Bis 2024 läuft der Vertrag der Uefa mit Gazprom, Mitglieder des Europäischen Parlaments forderten den Verband bereits auf, die Zusammenarbeit zu beenden, die auch während der Europameisterschaft in Deutschland gelten würde. Peter Peters, DFB-Präsidentschaftskandidat, sagte der Frankfurt Allgemeinen Zeitung, die Uefa müsse die Partnerschaft überdenken. "Wir können uns jetzt nicht hinter Vertragsverpflichtungen oder Schadenersatzansprüchen verstecken", sagte Peters. Ansonsten hielten sich Entscheidungsträger bei dem Thema zurück.

Zum Kontext von Peters Aussagen gehört aber auch, dass er Finanzchef beim FC Schalke 04 war, als der Klub seine Beziehung mit dem russischen Konzern 2007 begann. Aktuell hat der Verein den Schriftzug erst einmal nur vom Trikot verbannt, darüber hinaus wurden in Gelsenkirchen aber noch keine weiteren Schritte beschlossen. Manchester United verkündete dagegen, die staatliche russische Fluggesellschaft Aeroflot nicht mehr als Sponsor führen zu wollen.

Die Formel 1 teilte am Freitag mit, "unter den derzeitigen Umständen" in der kommenden Saison nicht im russischen Sotschi zu fahren. Das war insofern überraschend, als die Rennserie normalerweise nicht zimperlich mit ihren Austragungsorten ist, allein die beiden Auftaktrennen finden in den Autokratien Bahrain und Saudi-Arabien statt. Da das Rennen erst am 25. September stattfinden sollte, blieb zunächst offen, was "unter den derzeitigen Umständen" genau bedeutet. Der Sotschi-Veranstalter Rosgonki teilte jedenfalls direkt mit, die Eintrittskarten würden trotz der Entscheidung erstmal ihre Gültigkeit behalten. Man weiß ja nie.

Auf andere Art betroffen ist Mick Schumachers Formel 1-Rennstall Haas. Statt mit der weiß-blau-roten Lackierung des Sponsors Uralkali, eines russischen Düngemittelherstellers, fuhren die Autos bei Testfahrten am Freitag in weißer Farbe. Man prüfe die Trennung vom Sponsor hieß es, allerdings ist der Haas-Pilot Nikita Masepin der Sohn des Uralkali-Besitzers Dimitri Masepin.

So fährt der Haas normalerweise - mit russischen Farben unter der Nase. Hier Mick Schumacher. (Foto: imago)

Vom Weltfußballverband Fifa gibt es bisher gar keine konkreten Schritte oder Ankündigungen. Man verurteile die Gewalt durch Russland, man werde die Situation beobachten. Mehr sagt der Verband nicht. Dabei drängt hier die Zeit. Bereits am 24. März soll Polen im Rahmen der WM-Qualifikationsplayoffs in Moskau antreten, der polnische Verband hatte bereits mitgeteilt, nicht nach Russland zu fahren. Schweden und Tschechien, die in einer möglichen nächsten Runde gegen Russland spielen könnten, schlossen sich dem an. Statt hier eine Entscheidung zu treffen, suspendierte die Fifa am Donnerstag die Verbände aus Kenia und Simbabwe. Dort hätte sich die Regierung in Verbandsbelange eingemischt und das sei verboten.

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