Lewis Hamilton in der Formel 1:Der Löwe brüllt wieder

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Aufbruch in Sonnengelb: Die zweite Saisonhälfte ist traditionell die stärkere von Rekordweltmeister Lewis Hamilton. (Foto: Paulo Maria/Panoramic/Imago)

Dreimal in Folge ist Rekordsieger Lewis Hamilton zuletzt auf Platz drei gerast, doch er will unbedingt mindestens einen Saisonsieg, um seine Serie zu wahren. Technisch macht Mercedes Fortschritte - und nimmt schon 2023 ins Visier.

Von Elmar Brümmer

Wer angesichts von Sommerhitze und Weltlage eine Aufmunterung braucht, der folgt am besten den Social-Media-Kanälen von Lewis Hamilton. Der Rekordweltmeister der Formel 1, der beim Großen Preis von Frankreich zum 300. Mal in der Königsklasse antritt, kann den Mentaltrainer ersetzen. In sein Jubiläumsrennen ging der Brite mit der Botschaft: "Eine neue Woche heißt neue Chancen, neue Herausforderungen - und einen neuen Drive."

Getrieben sind der 37-Jährige und sein Mercedes zu Beginn der zweiten Saisonhälfte vor allem von der Hoffnung auf den ersten Saisonsieg. Heimlich wurde mit dieser Premiere schon für Le Castellet an diesem Wochenende gerechnet, doch dazu müsste im Rennen am Sonntagnachmittag (ab 15 Uhr) noch einiges passieren. "Der Rückstand hier ist enorm, das darf es nach unserem jüngsten Update nicht geben", klagt Teamchef Toto Wolff, "unsere Erwartungshaltung war ein größerer Schritt nach vorn.

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Von Elmar Brümmer

Zum achten Mal in diesem Jahr steht der Monegasse Charles Leclerc mit dem Ferrari auf der Pole-Position, neben ihm Titelverteidiger Verstappen. Dahinter folgen der zweite Red-Bull-Honda mit Sergio Perez - und dann Lewis Hamilton. Sebastian Vettel belegte im Aston Martin nur den 14. Rang, Mick Schumacher wurde eine starke Qualifikationsrunde gestrichen, er landete auf Platz 17. Beide Deutsche dürften durch Rückstufungen anderer Fahrer aber noch etwas nach vorn rücken. Lewis Hamilton hat damit im internen Duell mit George Russell ausgeglichen, nach Qualifikationserfolgen steht es zwischen den beiden nun ausgeglichen 6:6. "Der Löwe ist wieder erwacht", lobt Wolff die Hamiltonschen Qualitäten, "auch wenn das Auto nicht konkurrenzfähig ist. Aber er fährt so schnell es geht." Manchmal sogar schneller, als es die Technik erlaubt.

In den ersten Monaten experimentierte Hamilton im Dienst der Mannschaft

Seit der Silberpfeil zu Saisonbeginn ins Hüpfen geraten war, hat sich die Perspektive von Hamilton stark verändert: Statt sofort Max Verstappen zur Revanche für den im Skandalfinale von Abu Dhabi verlorenen Titel herauszufordern, galt es zunächst nur, das Auto zu beruhigen. Das Ego des Champions fügte sich ins Teamplay. Der Routinier experimentierte im Dienst der Mannschaft mit immer neuen Fahrzeugabstimmungen und kassierte auch deshalb häufig Niederlagen im direkten Duell mit seinem neuen Teamkollegen George Russell. Schon wurden das Alter als Faktor angeführt, die mangelnde Leidenschaft - gleichwohl das Gegenteil der Fall war. Mit zuletzt drei dritten Plätzen in Serie machte Hamilton seine Kritiker mundtot, und fand - viel wichtiger noch - neuen Spaß und Mut am Rennfahrerdasein. Er sieht im 24 Jahre alten Russell sogar den Champion der Zukunft: "Er hat das nötige Potenzial und bringt alle Qualitäten mit. Es ist ein Vergnügen, mit ihm zu arbeiten. Und ich hoffe, ich kann dazu beitragen,. dass er sich weiterentwickelt."

Obwohl die zweite Saisonhälfte traditionell seine stärkere ist, dürfte er aufgrund des gewaltigen Punkte-Rückstandes - allein 99 Zähler auf WM-Spitzenreiter Verstappen - mit dem Titelgewinn nur noch indirekt etwas zu tun haben, in dem er zwischen die Rivalen von Red Bull Racing und Ferrari fahren kann. Seine persönliche Serie, in seinen bisherigen Formel-1-Jahren immer mindestens einen Sieg eingefahren zu haben, soll auf keinen Fall abreißen. Die verbleibenden elf Rennen sind aber vor allem Probefahrten für 2023, wenn Hamilton von Anfang an auf die Jagd nach seinem achten Titel und dem alleinigen Rekord gehen will. Mit seinem Teamchef Toto Wolff stimmt er überein, dass sich die Dinge "langsam aber sicher fügen". Seit Hamilton da ist, hatte auch Mercedes keine sieglose Saison mehr zu beklagen. Für den Fahrer wäre es der 104. Sieg seiner Karriere, das wären dann 13 mehr als Michael Schumacher, der Nummer zwei in der ewigen Bestenliste.

Wegen hüpfender Boliden fordert die Fia Änderung am Unterboden

Ein paar Mal schon hatte der deutsche Konzernrennstall im Prinzip das schnellste Auto im Feld, auch die Angststrecke Österreich hat jetzt ihren Schrecken verloren. Nach den heftigen Hüpfbewegungen vieler Rennwagen hat der Automobilweltverband Fia drastische Änderungen an den Unterböden angekündigt, die Mercedes in Zukunft in die Hände spielen könnten. Schon jetzt laufen Ferrari und Red Bull Racing Sturm gegen die vermeintliche Bevorzugung der Abonnements-Champions. Hamilton hat in diesem Jahr mehr denn je mit den Ingenieuren gearbeitet, er kann ganz neue Qualitäten zeigen, kniet sich in die Arbeit hinter den Kulissen. Der große Motivator ist er ohnehin: "Jetzt müssen wir uns weiter steigern, um wieder an die Spitze zu kommen."

Mit 300 Grand-Prix-Teilnahmen ist Lewis Hamilton die Nummer sechs der Ausdauer-Wertung der Formel 1, in dieser Saison dürfte er noch Jenson Button (306) und Michael Schumacher (307) überholen. Viel mehr aber bewegt ihn die persönliche Negativ-Serie, schon zwölf Rennen in Folge ohne ersten Platz geblieben zu sein: "Ich arbeite auf den Sieg hin und glaube, dass wir das wieder schaffen werden. Keiner von uns gibt auf, und jeder macht Druck." Für Toto Wolff ist das zurückgekehrte Selbstbewusstsein seines Paradefahrers ermutigend: "Ich freue mich über den Schwung, den wir aufnehmen. Jetzt müssen wir die Lücke schließen."

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