Hamburger SV: Matthias Sammer:Eindeutig zweideutig

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Trotz Matthias Sammers Bekenntnis zum DFB mehren sich die Hinweise, dass er Sportchef beim HSV wird - eine Aufsichtsratssitzung der Hamburger am Dienstag könnte Klarheit bringen.

Philipp Selldorf

Dass Matthias Sammer und Armin Veh gemeinsam den Saal verließen, in dem zuvor die Trainer der Bundesliga mit ihrem DFB-Kollegen Joachim Löw getagt hatten, war Zufall. Der DFB-Sportdirektor und der Coach des Hamburger SV könnten zwar nach Lage der Dinge demnächst denselben Arbeitgeber haben, aber an diesem Montag im Hotel Kempinski in Gravenbruch hatte sie eine Plauderei mit Bayern Münchens Assistenztrainer Hermann Gerland zusammengeführt.

Nicht immer einer Meinung: Das Kompetenzgerangel zwischen Sammer (li.) und dem Team Bierhoff/Löw ist längst nicht zu Ende. (Foto: ag.rtr)

Es ging um heranwachsende Fußballer, "und der Armin hat dem Hermann gesagt: Wenn ein Spieler nicht spurt, dann schicke ich ihn in Zukunft zu dir", berichtete Sammer und fand, dieser Scherz sei doch "eine super Geschichte".

Für die Leute beim HSV ist es schon mal ein gutes Zeichen, dass Sammer und Veh miteinander lachen können. Das sollte ihre Zusammenarbeit erleichtern, denn die Hinweise darauf, dass die beiden Männer in absehbarer Zeit gemeinsame Ziele vertreten - Sammer als Sportdirektor des HSV, Veh als Trainer - mehren sich. Den entscheidenden Anstoß für diese Kombination könnte am Dienstag der Aufsichtsrat des Hamburger SV geben, der in seiner ersten Sitzung nach den Neuwahlen auch über das Engagement eines neuen, starken Sportchefs reden dürfte.

Diese Erwartung besteht in Hamburg, und sie kursiert auch am Sitz von Sammers aktuellem Arbeitgeber in Frankfurt, selbst wenn sich der DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach demonstrativ ahnungslos gibt. Der Stand der Dinge sei der gleiche wie Ende der vorigen Woche, sagte er am Montag: "Es ist niemand auf mich oder den DFB zugekommen." Außerdem, meinte Niersbach, sei Sammer "in seiner Rolle als Sportdirektor bei uns bestens aufgehoben".

Sammer hat dieser Äußerung nicht widersprochen, was nicht so sehr verwunderte, weil er gleich neben Niersbach stand, als der sein Urteil traf. Stattdessen hat er ein listiges Dementi zu den herrschenden Erwartungen und der möglichen Annäherung aus Hamburg vorgebracht. Dabei zeigte er sich gut unterrichtet über die Abläufe in der HSV-Führung. Er sagte: "Konkret kann, von der Logik her, nichts passiert sein, weil sich der Aufsichtsrat erst morgen trifft."

Sammer beansprucht in der Debatte "eine vollkommen ehrliche Konstellation und ein absolutes Vertrauensverhältnis zu meinem Arbeitgeber", und er hat auch zweifellos die reine Wahrheit gesagt, als er abschließend bekräftigte, dass er keineswegs bei Niersbach oder Präsident Zwanziger um die Freigabe aus dem bis 2013 laufenden Vertrag gebeten habe.

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Es blieb trotzdem ein zweideutiges Bekenntnis zum DFB, zumal Sammer beim ehrenwerten Versuch, nicht zu schwindeln, ein, zwei lustige Formulierungen unterliefen. "Keine Frage, dass man von der Sache was gehört hat", sagte er einmal. Außerdem setzte Sammer sein Bekenntnis zum DFB ausdrücklich unter zeitlichen Vorbehalt.

Der ewige Kandidat: Sucht ein Bundesligist kompetente neue Führungskräfte, kommt sofort DFB-Sportdirektor Matthias Sammer ins Gespräch. (Foto: dpa)

Er wählte die Formulierung "Stand heute", was - von der Logik her - ausdrücklich die Möglichkeit offenhält, dass der Stand am Dienstag, Mittwoch oder Donnerstag schon ein ganz anderer sein könnte. Was bedeutet: nach der Sitzung des Aufsichtsrates, die auch für Bernd Hoffmann der maßgebende Orientierungspunkt ist.

Der Vorstandschef verwies auf die Formalien, als er am Rande des Neujahrsempfangs der Deutschen Fußball-Liga am Montag auf die Angelegenheit angesprochen wurde. "Das ist ausschließlich Sache des Aufsichtsrates", sagte er. Aus jenem Aufsichtsrat war zuletzt Unzufriedenheit mit der Arbeit des Amtsinhabers Bastian Reinhardt laut geworden. Reinhardt, eher unversehens in die Verantwortung des Sportchefs gelangt, muss sich vorhalten lassen, dass ihm die Erfahrung fehlt.

Wie die weiteren Beteiligten, so hat es am Montag auch der Bundestrainer vorgezogen, in keiner Weise eingeweiht zu sein in die Personaldebatten bei seinem Arbeitgeber. "Von einem Weggang können wir sicher nicht sprechen", sagte Löw, Sammer habe ihm auch nichts über einen Wechsel zum HSV gesagt. Auch dies ein lustiges Dementi: Löw und Sammer pflegen ohnehin keinen Kontakt. Immerhin spielt Löw eine tragende Rolle in der komplexen Geschichte, denn die unfriedliche Koexistenz zwischen dem Sportdirektor Sammer und der Abteilung Nationalelf, namentlich den Akteuren Löw und Oliver Bierhoff, ist ja inzwischen Tradition beim DFB.

Der nächste Clash der Kulturen steht bevor, wenn die weitere Zusammenarbeit mit U21-Trainer Rainer Adrion zur Sprache kommt. Adrions Vertrag läuft im Sommer aus, Sammer hätte ihn wegen Erfolglosigkeit ausgetauscht, wenn es nach ihm gegangen wäre. Aber es geht ja nicht nach ihm. Die lange Zeit umkämpfte U 21 ist Löws Hoheitsgebiet, und Löw fordert eine Vertragsverlängerung mit Adrion.

Auch diese leidige Debatte könnte Sammers Abschied forcieren. Gerüchte, wonach er den DFB-Juniorentrainer Horst Hrubesch als Cheftrainer mit zum HSV nehmen könnte, wurden glaubhaft dementiert. Dass Hrubesch eine andere Rolle beim HSV bekommen könnte, wurde nicht dementiert.

© SZ vom 18.01.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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