Gauck empfängt Olympioniken:"Präsident der Pechvögel und Verlierer"

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Die deutsche Olympiamannschaft kehrt aus Sotschi zurück - für Bundespräsident Gauck eine Gelegenheit, seine Sportbegeisterung zu zeigen. Beim Thema Sportförderung positioniert er sich eindeutig, für die weniger erfolgreichen Athleten hat er warme Worte übrig.

Von René Hofmann

Wenn Olympia im Fernsehen läuft, geht es auch im Schloss Bellevue zu wie in vielen deutschen Haushalten. Daniela Schadt hat das am Montag verraten, die Lebensgefährtin von Bundespräsident Joachim Gauck. Sie hat vom "Salatschnibbeln" erzählt, von "plötzlichen Schreien aus dem Wohnzimmer" und Sätzen wie: "Na, haben wir was gewonnen?". Auf die Reise zu den Winterspielen in Sotschi hatte Gauck sich bewusst nicht begeben. Dass dies nicht nur protokollarische Gründe hatte, ließ er am Montag noch einmal durchblicken. "Ich habe das nicht kommentiert und werde das auch jetzt nicht tun", sagte Gauck, legte aber Wert auf die Feststellung: "Ich liebe den Sport, mit den Sportlern hatte das gar nichts zu tun."

Zusammen mit Daniela Schadt, Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU), Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) und Lufthansa-Chef Christoph Franz hatte Gauck zuvor die deutsche Olympiamannschaft nach der Rückkehr aus Sotschi auf dem Rollfeld des Münchner Flughafens begrüßt. Eine ganz, ganz große Koalition stand da Spalier am Airbus A321-200 mit dem Namen "Recklinghausen", der die Aufschrift trug "Great Team. Great Spirit. Great Games." - allerdings mit 45 Minuten Verspätung eingetroffen war.

Schlussfeier von Olympia
:Ironische Russen

Bei der Schlussfeier bilden 700 Darsteller noch einmal die vier Ringe mit Stern und erinnern an das Missgeschick bei der Eröffnung. Es folgt eine Reise durch die Kulturgeschichte Russlands - und ein begeisterter IOC-Chef Thomas Bach.

Beim Abflug in Sotschi hatte die deutsche Olympiamannschaft zusammen mit nicht wenigen anderen Abreisewilligen noch einmal vorgeführt bekommen, wer der wirklich starke Mann in Russland ist: Weil Staatspräsident Wladimir Putin die Olympia-Stadt verlassen wollte, war der Flughafen unvermittelt für einige Zeit gesperrt worden. Der Herr gibt und der Herr nimmt, ganz wie es ihm gefällt.

"Wie im richtigen Leben"

Der Kontrast zu dem Präsidenten, der in München artig in seinem Flugzeug auf die Ankunft der Athleten wartete, hätte größer kaum sein können. "Ich zeige durch mein Hiersein und meine Freude beim Empfang mein Herz für den Sport", sagte Gauck, der allen Medaillengewinnern gratulierte, aber jene nicht vergaß, die enttäuscht heimkehrten. "Es ist nicht immer Feiertag, es ist nicht immer Gewinnertag", sagte Gauck, "es ist wie im richtigen Leben."

Außerdem sei er "nicht nur der Präsident der Goldmedaillengewinner, sondern auch ein Präsident der Pechvögel und Verlierer". Auch bemerkenswert: Wie eindeutig Gauck sich beim Thema Sportförderung positionierte. "Ich möchte, dass wir ja sagen zur Förderung des Spitzensports und den Sport so auch in der Breite in der Bevölkerung halten."

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Alfons Hörmann, der Chef des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), dürfte das gerne gehört haben. In den nächsten Wochen steht die Aufarbeitung der mit 19 Medaillen eher ernüchternden Olympia-Bilanz an, inklusive Budget-Geschacher. Viele Möglichkeiten, jenseits der Wettbewerbe in eigener Sache zu werben, bieten sich in den olympischen Sportarten nicht. Also wurde die kleine Bühne zwischen den Terminals, vor der sich ein paar hundert Schaulustige versammelt hatten und von der zumindest der Bayerische Rundfunk mehr als zwei Stunden lang live sendete, eifrig bespielt.

Hörmann formulierte erneut Zweifel, dass mit weniger Geld vom Bund bessere Ergebnisse möglich sein können und appellierte auch an Länder, Landkreise und Bürgermeister, den Sport weiter zu unterstützen. Bayerns Innenminister Herrmann zeigte sich nach einer Dreitages-Visite ans Schwarze Meer von der Begeisterung so angetan, dass er für mehr Sport-Großereignisse hierzulande warb: "Wir sollten wieder gerne Gastgeber solcher Wettbewerbe sein", so der CSU-Mann, "ich finde es gut, wenn so was bei uns stattfindet."

Münchens OB Christian Ude gab den ausgleichenden Mahner: "Wir müssen trennen zwischen den politischen Verhältnissen in einem Land und den Veranstaltungen, die offenbar perfekt waren." Prinzipiell hätte man sich aber schon "etwas mehr Nachhaltigkeit" wünschen können.

Wenn die Flamme langsam erlischt, kommt die Zeit der Schlussworte, auch beim IOC. Als Juan Antonio Samaranch noch IOC-Chef war, war das einfach. Der Spanier verkündete jedes Mal, "die Spiele seien "die besten je" gewesen. Sein Nachfolger Jacques Rogge beendete den Unsinn und wählte jeweils andere Adjektive bei seiner Abschlussrede. Die Spiele 2008 in Peking nannte Rogge "wirklich außergewöhnlich", die Winterspiele 2010 in Vancouver "exzellent und sehr freundlich", die Sommer-Ausgabe vor zwei Jahren in London "glücklich und glorreich".

Nachdem Thomas Bach angekündigt hatte, mit dieser Gepflogenheit brechen zu wollen, übernahmen die Organisatoren die Kommentierung selbst. "Für uns waren das die besten Spiele je", sagte Dmitri Tschernyschenko, der Chef des Organisationskomitees bei der Schlussfeier, bevor Bach seine Lust an der ausschweifenden Formulierung vorführte. "Es gibt kein größeres Kompliment als im Namen aller Teilnehmer zu sagen: Das waren die Spiele der Athleten", rief Bach in die Arena.

IOC-Chef Thomas Bach
:Politische Führung profitiere "hoffentlich" von Olympia

Wladimir Putin "war entscheidend beteiligt am großen Erfolg der Spiele": Thomas Bach, Chef des Internationalen Olympischen Komitees, lobt Russlands Staatschef für dessen Mitwirken an den Winterspielen. Und betont, dass vor allem die Athleten hoch zufrieden seien.

Anschließend dankte Bach direkt und namentlich Russlands Präsident Wladimir Putin für "seinen persönlichen Einsatz, der zu dem außergewöhnlichen Erfolg" der Sotschi-Spiele beigetragen habe. Ein derartiges Lob für ein Staatsoberhaupt, zumal ein nicht unumstrittenes, ist sehr außergewöhnlich, selbst für einen IOC-Granden. Bach hat offenbar wirklich keine Scheu vor Tabu-Brüchen.

© SZ vom 25.02.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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