Noch bevor irgendein Ergebnis feststand, war klar, dass es zumindest für eine Spielerin ein besonderer Tag werden würde. Alexandra Popp, Kapitänin der deutschen Fußballnationalmannschaft, stand wenig überraschend in der Startaufstellung. Und so feierte sie im Achtelfinale bei der Weltmeisterschaft in Frankreich ein besonderes Jubiläum: Es war ihr 100. Länderspiel. Popp bekam dazu eine besonders schöne Kulisse mit dem Stade des Alpes in Grenoble vor Alpenpanorama bei herrlichem Sommerwetter, 17988 Zuschauer waren gekommen - und dann sorgte sie auch noch selbst dafür, dass wirklich alles stimmte an diesem Tag.
Als 20 Minuten vergangen waren, flog der Ball nach einer Ecke von Lina Magull wie an einer Schnur aufgezogen direkt auf den Kopf von Popp zu. Sie stand frei im Strafraum, ging etwas in die Knie und dann, zack, ein Jubiläumstor, ihr 48. insgesamt. Es war der Auftakt zum ungefährdeten 3:0 (2:0)-Sieg, der Auftakt zum Einzug ins Viertelfinale. "Ich glaube, das war der perfekte Tag heute", sagte Popp und lachte: "Wir werden sicher das ein oder andere Lied in der Kabine singen, aber jetzt ist nicht viel mit Feiern, es geht ja weiter. Außerdem bin ich Captain, da muss ich Vorbild sein."
Weil die 28-Jährige auch zur besten Spielerin der Partie gewählt wurde, nahm sie nach einem Interview-Marathon in der sogenannten Mixed-Zone auch noch zu Beginn der Pressekonferenz Platz. In dem Raum war es deutlich kühler als draußen und so legte Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg ihrer Spielerin fürsorglich eine Trainingsjacke um die Schultern, während Popp weitere Fragen beantwortete: "Wir haben viel Druck gemacht, haben Gegner und Ball laufen lassen und waren bei den Standards immer sehr gefährlich. Mein Tor hat uns Sicherheit gegeben - auch wenn wir danach manchmal bei den ganzen Unterbrechungen etwas den Faden verloren haben."
Zweimal meldet sich der VAR
Das erste Mal passierte das direkt nach dem 1:0, als sich, passend zu dieser WM, noch der Videoassistent meldete. Es dauerte, bis die japanische Schiedsrichterin Yoshimi Yamashita den Anstoß frei gab, aber dann konnte die Bundestrainerin lächelnd doch noch die Faust ballen und sagte später auf der Pressekonferenz: "Es ist nicht selbstverständlich, dass wir das Viertelfinale erreicht haben. Das war eine tolle Leistung bei schweren Bedingungen. Aber wir müssen schauen, dass wir in bestimmten Phasen des Spiels eine größere Sicherheit bekommen und uns nicht aus dem Konzept bringen lassen." Voss-Tecklenburg berichtete noch von einer Glückwunsch-SMS, die sie von Kanzlerin Angela Merkel erhalten hat ("sie hat geschrieben, dass sie sich mit dem Team gefreut hat"). Im Viertelfinale - in dem, wie die Bundestrainerin sagte, die bisher mit einem Zehenbruch verletzt ausgefallene Spielmacherin Dzsenifer Marozsán wieder einsatzbereit sein wird - warten nun entweder die starken Schwedinnen oder Kanadierinnen.
Die Bundestrainerin war ihrer Linie treu geblieben und veränderte, wie auch in allen drei Gruppenspielen gegen China (1:0), Spanien (1:0) und Südafrika (4:0) ihre Aufstellung - dieses Mal aber nur auf einer Position. Statt Klara Bühl durfte Lea Schüller in der Offensive beginnen. Zur Pause wechselte Voss-Tecklenburg für Verena Schweers in der Viererkette Carolin Simon ein, für Melanie Leupolz kam Bühl; in der 69. Minute ging Lina Magull raus und Lena Oberdorf rein. Die Positionen wurden flexibel getauscht, wie schon in der Vorrunde.
Zum zweiten Treffer führte das nicht, da profitierte Deutschland vom Videoassistenten, der sich in der 24. Minute eine Szene genauer anschaute: Magull war im Strafraum dabei, sich den Ball vor einem Pass besser zurecht zu legen, als sie von der heraneilenden Evelyn Nwabuoko voll am Knie getroffen wurde. Den Elfmeter verwandelte Sara Däbritz stark ins rechte Eck (27.). Nigeria war zu Beginn des Spiels vors deutsche Tor gekommen, wirklich gefährlich aber wurde die Mannschaft des schwedischen Trainers Thomas Dennerby nicht. Was auch daran lag, dass Nigerias bekannteste Spielerin Asisat Oshoala (FC Barcelona) mit muskulären Problemen aussetzen musste.