Elfmeter bei der Fußball-WM:Auf der Torlinie festnageln

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Die Schottin Lee Alexander hielt den ersten Strafstoß der Argentinierin Bonsegundo, doch er wurde wiederholt. (Foto: REUTERS)

Die Änderung der Fußball-Regel 14 sollte Torhüterinnen und Torhütern beim Elfmeter helfen. Bei der WM in Frankreich zeigt sich, wie fatal die Modifizierung ist.

Kommentar von Ulrich Hartmann

Die Änderung der Fußball-Regel 14 war angeblich dazu gedacht, Torhütern beim Elfmeter zu helfen. Wenn ein Keeper beim Strafstoß nur noch mit einem Fuß die Torlinie berühren muss statt wie zuvor mit zwei, sei er ja besser in der Lage, in Erwartung des Schusses bereits einen Schritt nach vorne zu machen, schrieb der Weltverband in der Regelerklärung generös. So weit die Theorie.

Bei der Frauen-WM zeigt sich für die Torhüterinnen gerade das fatale Ausmaß der Regel-Modifizierung. Hatte zuvor kaum ein Schiedsrichter oder Videoassistent penibel auf den Kontakt der Torwartfüße mit der Torlinie geachtet, so schauen nun alle akkurat hin. In bereits drei Fällen wurde bei der WM via Standbild geahndet, dass die Torhüterin den Bruchteil einer Sekunde zu früh losgesprungen war.

Die Härte ist absurd

Jamaikas Torfrau Schneider machte als erste böse Erfahrungen. Danach die Nigerianerin Nnadozie, die gegen Frankreich bei der Wiederholung des Elfmeters das entscheidende 0:1 kassierte, nachdem Wendie Renard im ersten Versuch verschossen hatte. Und nun der schlimmste Fall: Die Schottin Lee Alexander parierte in der Nachspielzeit den ersten Strafstoß der Argentinierin Bonsegundo. Aber weil der deutsche Videoreferee Dankert intervenierte, wurde auch hier wiederholt: Tor, 3:3 - dadurch schied Schottland aus dem Turnier aus, nach 3:0-Führung.

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Die frühere deutsche Torhüterin Nadine Angerer postete im Internet eine Karikatur, auf der eine Torhüterin auf der Torlinie festgenagelt wird. Viel zynischer und prägnanter kann man die Ungerechtigkeit der neuen Regel 14 nicht darstellen.

Die Härte, mit der solche Zentimeter- und Hundertstel-Vergehen geahndet werden, ist absurd, wenn man bedenkt, wie Elfmeterschützen ihren Anlauf verzögern dürfen, um Torhüter zu provozieren. Der Torwart steht mit maximal angespanntem Körper auf der Linie - und muss bis zum letzten Sekundenbruchteil verharren. Das ist nahezu unmöglich.

Die neue Regel erlaubt es Schiedsrichtern und Assistenten zudem nach Belieben, Elfmeter für ungültig zu erklären und die armen Torhüter auch noch mit gelben Karten zu malträtieren. Zwei verzögerte Elfer in einem Spiel bedeuten streng genommen einen Platzverweis, ganz zu schweigen vom Chaos, das in einem Elfmeterschießen ausbrechen könnte. Unter diesem Aspekt stehen der Frauen-WM womöglich noch rege Debatten bevor.

© SZ vom 21.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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